Horst D. Deckert

#2 Strafanzeige gegen die Taskforce

Im ersten Teil zur Strafanzeige gegen die Covid-19 Taskforce befassten wir uns mit den formellen Feststellungen. Im zweiten Teil geht es nun um falsche und irreführende Vorhersagen zu den Intensivbetten. Doch erst etwas Wichtiges vorab:

Die Taskforce erreicht mit ihren Analysen und Empfehlungen eine sehr grosse Öffentlichkeit. Die propagierte Wissenschaftlichkeit und Objektivität dieses Gremiums zusammen mit dem offiziellen Mandat (durch Mandatgeber BAG und EDI) verleiht dieser Taskforce einen sehr grossen Vertrauensvorschuss in der Bevölkerung. Leider wurde die Taskforce unter Präsident Martin Ackermann dieser verantwortungsvollen Rolle in mehrerlei Hinsicht nicht gerecht.

Die riesigen Kollateralschäden, welche durch die von der Taskforce geschürte Stimmung und der von ihr propagierten Massnahmen entstehen, werden immer grösser und offensichtlicher. Die seit Monaten andauernde Panikmache, zusammen mit teils absurden bis existenzvernichtenden Massnahmen, hat nicht zuletzt auch Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Menschen. Auch auf globaler Ebene sind die Kollateralschäden der Corona-Massnahmen verheerend. Details dazu werden auf den Seiten elf und zwölf in der 94 Seiten umfassenden Strafanzeige erläutert.

Im Februar 2021 haben die unabhängigen Journalistinnen Catherine Riva und Serena Tinari einen umfangreichen Artikel zum Wirken der Taskforce veröffentlicht. Bezüglich der wissenschaftlichen Qualität der Taskforce kommt dieser Artikel zu ganz ähnlichen Schlussfolgerungen, wie wir in unseren eigenen Recherchen. Darüber hinaus kritisieren die beiden Journalistinnen noch weitere fragwürdige Aspekte dieser Taskforce:

  • Diese Taskforce habe sich selbst konstituiert. Sie sei weder gewählt noch repräsentativ und weder dem Parlament noch dem Volk gegenüber rechenschaftspflichtig.
  • Ihre Organisation sei undurchsichtig (bezüglich Aufnahmekriterien, Wahlverfahren …)
  • Die Sitzungen der Taskforce würden nicht protokolliert, was auch die Entscheidungsfindung undurchsichtig mache.
  • Einzelne Mitglieder würden sich nicht nur zu ihrem eigenen Forschungsgebiet äussern, sondern machten als Mitglieder der Taskforce auch Aussagen zu anderen Themen.

Die beiden Journalistinnen schreiben: «Das Verhalten der Taskforce mit ihren öffentlichen Interventionen gleicht eher dem einer Lobbygruppe, deren Ziel es zu sein scheint, eine bestimmte Strategie zu fördern, selbst wenn sie dies durch selektive ‹Wissenschaft› erreicht, und sie hat offenbar nicht die Absicht, ihre vergangenen Fehleinschätzungen einzugestehen oder aus ihnen zu lernen.» Diese beiden Aussagen aus dem Artikel von Riva und Tinari fassen auch unsere Erkenntnisse und Schlussfolgerungen zusammen.

Falsche Vorhersagen zur Intensivbettenauslastung

In den sogenannten Policy Briefs veröffentlichte die Taskforce Prognosen zur erwarteten Auslastung der Intensivbetten:

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Abbildung 1: Prognose Intensivbettenauslastung vom 23. Oktober

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Abbildung 2: Prognose Intensivbettenauslastung vom 30. Oktober

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Abbildung 3: Prognose Intensivbettenauslastung vom 6. November

In der ersten Grafik vom 23. Oktober stimmt nicht einmal die vergangene Intensivbettenauslastung (womöglich wurden die ∼30% nicht notfallmässigen Eingriffe versehentlich zur Auslastung hinzuaddiert). Dieser Fehler wurde in den neueren Prognosen korrigiert.

Was jedoch alle diese Prognosen gemeinsam haben, ist eine vorhergesagte explodierende Zunahme der Auslastung mit einer Verdoppelungszeit von (je nach Szenario) 5, 7, 8, oder 10 Tagen. Taskforce-Präsident Martin Ackermann zeichnete auch anlässlich der Pressekonferenz des Bundesrates vom 27. Oktober das Horrorszenario einer explodierenden Intensivbettenauslastung: «Wenn wir dadurch die Anzahl Pflegeplätze in der Schweiz auf den Intensivstationen um 200 erhöhen könnten, würden wir, bei der aktuellen Ausbreitungsgeschwindigkeit, nur rund 32 Stunden gewinnen. Nach diesen 32 Stunden wäre die Situation wieder gleich prekär.»

Mit einer konstanten Verdoppelungszeit zu rechnen, bedeutet exponentielles Wachstum – und unbegrenztes exponentielles Wachstum kann es schon prinzipiell nicht geben, nirgends. Ausgehend von ca. 800 belegten Intensivbetten am 6. November und mit einer Verdoppelungszeit von 5 Tagen, müssten wir nur 9,5 Wochen später mit einem Ansturm von 8,5 Millionen Menschen auf unseren Intensivstationen rechnen.

Falsche Aussagen bezüglich freien Intensivbetten

Am 14. November 2020 meldete die Gratiszeitung 20 Minuten, dass gemäss Taskforce die Spitalkapazität auf den Intensivstationen «nahezu ausgelastet und möglicherweise bereits überschritten» ist, da 868 von 885 Intensivbetten bereits belegt seien. Die Aussage stammt aus dem Lagebericht der Taskforce vom 13. November.

In den Wochenberichten des BAG ist aber ersichtlich, dass über 1000 Betten verfügbar sind (und bei Bedarf offenbar sogar noch mehr, wie im Frühling 2020). Und auch in ihren eigenen oben erwähnten Policy Briefs geht die Taskforce von einer maximalen Kapazität von 972 bzw. sogar 1400 aus.

Die Diskrepanz kommt wie folgt zustande: Die im Lagebericht und im Artikel von 20 Minuten veröffentliche Zahl kommt von der Schweizerischen Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI). Dies sind die «von der SGI zertifizierten und anerkannten Intensivbetten, die in der Schweiz normalerweise zur Behandlung Erwachsener zur Verfügung stehen». Der Policy Brief vom 23. Oktober erklärt, woher die weit höhere Zahl von 1400 kommt. Laut Experten sei eine Aufstockung der Kapazität auf bis zu 1400 Betten auf der Intensivstation möglich, für die eine optimale Qualität der intensivmedizinischen Versorgung garantiert werden könne.

Selbstverständlich ist die Anzahl der «normalerweise verfügbaren» Betten mitten in einer aktuellen Pandemie irrelevant. Relevant ist, wie viele Menschen man aktuell optimal versorgen könnte, falls dies nötig wäre. Diese wichtige Unterscheidung wird aber weder im Artikel von 20 Minuten noch im zugrundeliegenden Lagebericht kommuniziert. Es wird nicht erwähnt, dass es sich bei den 885 «nur» um zertifizierte Betten handelt, tatsächlich aber viel mehr Betten zur Verfügung gestellt werden können. Im Gegenteil, es wird suggeriert, dass wir sehr bald an einem Punkt seien, wo Menschen von den Spitälern abgewiesen werden müssten.

Auf eine Anfrage per E-Mail an Martin Ackermann bezüglich der tatsächlich verfügbaren Kapazitäten antwortete dieser zu konkreten Zahlen nur ausweichend. Schliesslich wurde er gefragt, ob die Taskforce von 20 Minuten falsch zitiert worden sei und ob er eine Richtigstellung verlangt habe. Auf diese letzte Frage antwortete Ackermann nicht mehr. Also musste Ackermann spätestens nach diesem Mail wissen, dass die Taskforce von 20 Minuten falsch bzw. irreführend zitiert wurde. Aufgrund der gewaltigen Sprengkraft dieser falschen Panikmeldung hätte sie durch die Taskforce mindestens ebenso prominent richtiggestellt werden müssen. Dies haben Ackermann bzw. die Taskforce unterlassen. Es besteht daher die begründete Vermutung, dass Herrn Ackermann bzw. der Taskforce nichts daran liegt, die Öffentlichkeit sachlich, korrekt und seriös zu informieren.

Zu keinem Zeitpunkt gab es einen gesamtschweizerischen Engpass bei Intensivbetten

Eine im April 2021 erschienene Analyse von Beat Süess zeigt, wie die auf der Webseite von SRF veröffentlichten Daten zur Intensivbettenbelegung und -kapazität mehrmals nachträglich manipuliert wurden. Die Daten der auf srf.ch dargestellten Grafiken stammen von der Webseite der Plattform Icumonitoring.ch. Diese Plattform wird von mehreren aktuellen und ehemaligen Taskforce-Mitgliedern und ihren Teams betreut.

Abbildung 6 zeigt die Intensivbetten-Grafik von srf.ch vom 10.11.2020 in heller Schattierung und darüber die Grafik vom 24.03.2021.

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Abbildung 6: Grafiken vom SRF zur Auslastung der Intensivbetten, Vergleich 10.11.20 vs 24.3.21

Man sieht, wie zwischen November 2020 und März 2021 die Daten bis zurück in den April 2020 nachträglich und zum Teil massiv nach unten korrigiert wurden; und zwar in allen Kategorien (verfügbare Betten, Covid-19-Auslastung, NonCovid-19-Auslastung). Diese Manipulation habe zwischen November 2020 und März 2021 in mehreren Schritten stattgefunden – mutmasslich um die einzelnen Manipulationen nicht allzu offensichtlich werden zu lassen. Das nachträgliche «Herunterkorrigieren» der Zahlen der ersten Welle bewirkt beim unbedarften Betrachter der aktuellen Grafik einen völlig falschen Eindruck:

  • Die zweite Welle erscheint im Vergleich zur ersten Welle imposanter; passend zum Narrativ, dass wir auch im Winter 20/21 (wieder) unmittelbar am Abgrund stehen.
  • Der (während einer angeblich so schlimmen Pandemie schwer nachvollziehbare) Abbau an Intensivbettenkapazität erscheint weniger dramatisch.
  • Erst im Herbst 2020 wurde die (eigentlich ziemlich irrelevante) Zahl der zertifizierten Intensivbetten ins öffentliche Bewusstsein gerückt, um zu suggerieren, dass unser Gesundheitssystem unmittelbar vor dem Kollaps stehe.

Im nächsten Teil dieser Serie befassen wir uns mit untauglichen Indikatoren und dem untauglichen R-Wert.

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