Im grün-schwarze regierten Baden-Württemberg ist das eingetreten, wovor Kritiker immer gewarnt haben: Liberale Hochschullehrer werden von zweifelhaften islamischen Akteuren angegriffen, das grün-geführte Kultusministerium schweigt, und den islamistischen Interventionen wird Tür und Tor geöffnet. Die Stiftung „Sunnitischer Schulrat“, die den islamischen Religionsunterricht an staatlichen Schulen verantwortet, hat den Antrag des bekannten Reformtheologen und liberalen Muslim, Abdel-Hakim Ourghi, abgelehnt. Ourghi ist sich sicher: „Weil ich für einen liberalen Islam eintrete, will man mich loswerden“.
Nachdem auch in Baden-Württemberg der sunnitische und der schiitische Islam keine anerkannten Religionsgemeinschaften sind, hat die grün-schwarze Landesregierung 2019 kurzer Hand die Stiftung Sunnitischer Schulrat ins Leben gerufen. Sie soll für die immer größer werdende Schar von muslimischen Schulkindern den islamischen Religionsunterricht verantworten und organisieren, die Bildungspläne beschließen, Religionsbücher zulassen und über die Lehrbefugnis für Lehrer und Hochschullehrer entscheiden.
Ende 2020 hatte sich die Stiftung Sunnitischer Schulrat an deutsch-algerische Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Oughi gewandt: Er soll einen Antrag auf eine islamische Lehrerlaubnis, eine Idschaza, stellen. Oughi leitet seit 2011 den Fachbereich für Islamische Theologie und Religionspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Freiburg und bildet dort Lehrer für den islamischen Religionsunterricht an Grund- und Werkrealschulen aus. Ourghi gehört zudem zu den Erstunterzeichnern der Freiburger Deklaration säkularer Muslime aus Deutschland, Österreich und der Schweiz und ist Mitbegründer der Ibn-Ruschd-Goethe-Moschee in Berlin, die für einen säkularen liberalen Islam steht, der weltliche und religiöse Macht voneinander trennt und sich um eine zeitgemäße und geschlechtergerechte Auslegung des Koran und der Hadithen bemüht.
Und genau dieses Einstellung scheint der Stiftung „Sunnitischer Schulrat“ nicht zu passen. Nachdem Oughi die geforderten Dokumente bei der Stiftung einreichte, schickte diese ihm einen Ablehnungsbescheid, die Studienleistungen seien „keine Anerkennung im Sinne der Idschaza-Ordnung. Viele andere Hochschullehrer in der Ausbildung von islamischen Religionslehrern hätten wie er auch kein abgeschlossenes Lehramtsstudium, da es damals schlicht in Deutschland noch keine islamische Religionspädagogik gegeben habe, so sagt Ourghi. Deshalb stelle sich für ihn die Frage, ob fehlende Qualifikationen bei ihm der tatsächlicher Grund einer Idschaza-Ablehnung seien. Denn: Der Freiburger Dozent und Buchautor, der wegen seinem liberalen Islamverständnis und seiner regelmäßigen Kritik an den Islamverbänden bundesweit bekannt ist, ist nicht der einzige Betroffene.
Oughi schreibt zu dem Vorfall auf Facebook:
Das von den Grünen geführte baden-württembergische Kultusministerium hält sich laut dem Evangelischen Pressedienst aus dem Konflikt heraus und betont seine „Neutralitätspflicht“.
Susanne Schröter, Professorin und Leiterin des Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam wird noch deutlicher: „Seit Jahren warnen Experten davor, dass Akteure des politischen Islam ihre Kooperationen mit staatlichen Einrichtungen nutzen könnten, um Muslime kaltzustellen, die einen mit der Demokratie kompatiblen Islam vertreten“. In Baden-Württemberg sei jetzt der schlimmste anzunehmende Fall eingetreten. „Liberale Hochschullehrer werden von zweifelhaften islamischen Akteuren angegriffen, das Kultusministerium schweigt, und den islamistischen Interventionen wird Tür und Tor geöffnet.“ Für die Zukunft der Gesellschaft sei es bedeutsam, welcher Islam sich hierzulande entwickle und an die nächste Generation weitergegeben werde. „Wenn das Zusammenleben friedlich bleiben soll, brauchen wir die liberalen muslimischen Professoren“, so die mutmaßlich unbeachtete Warnung der Islamexpertin.
Abdel-Hakim Ourghi, der auch für seine Bücher „Ihr müsst kein Kopftuch tragen“ und „Reform des Islam: 40 Thesen“ bekannt ist, erhält Unterstützung aus dem Bundestag. „Hier versuchen offensichtlich reaktionäre Kräfte, einen anerkannten Islamwissenschaftler aus dem Weg zu räumen“, so der CDU-Innenpolitiker Christoph de Vries gegenüber der Welt. „Ich hoffe, dass die grün-schwarze Landesregierung diesem unseligen Treiben Einhalt gebietet, die Freiheit der Wissenschaft verteidigt und sich schützend vor Ourghi stellt.“
Nachdem eine islamische Seite behauptet hatte, dem „Islamhasser Abdelhakim Ourghi“ sei die Lehrerlaubnis entzogen worden, äußerte sich Ourghi auf Facebook wie folgt: