Horst D. Deckert

Anton Bruckner-Fest ohne seine Musik verärgert auch deutsche Fans

Ob das gut geht? Auf dem heurigen Linzer Brucknerfest im Herbst wird erstmals kein einziger Ton aus der Feder des weltberühmten Komponisten Anton Bruckner zu hören sein. Dem schrulligen, aber hochbegabten Tonsetzer hätte dies möglicherweise sogar gefallen, seine Fans – darunter auch viele aus Deutschland – sind davon nicht begeistert.

Ich hatte mir vorgenommen, das Brucknerfest im heurigen Herbst zu besuchen“, erzählt mir ein pensionierter Beamter aus dem Landkreis Goslar in Niedersachsen, wo ich einmal für längere Zeit zu Hause war und wohin ich noch immer gute Kontakte pflege. „Doch wenn dort nichts von Bruckner gespielt wird, lohnt es sich auch nicht nach Linz zu fahren“, sagte mein Gesprächspartner enttäuscht und ähnlich äußerte sich auch ein anderer meiner Bekannten aus Linz am Rhein.

Unbekannte Komponistinnen statt Bruckner

Leider, sagte ich via Telefon zu beiden und erklärte ihnen: Es werden heuer nämlich nur unbekannte Werke von Frauen aufgeführt, deren Namen auch nicht gerade geläufig sein dürften: Amy Beach, Florence Price…

Daraufhin setzte eine Stille ein, die ziemlich schrill war. „Bist du noch dran?“ frage ich meinen Bekannten aus Goslar. Im Geiste sah ich ihn nicken und einige Sekunden später hörte ich ihn fragen: „Warum machen die das?“ 

Ich nehme an, mit „die“ meinte er die Organisatoren des Brucknerfestes und ich antwortete: Um Ausatmen zu können!

Um was?“

Um ausatmen zu können, wiederholte ich. So hatte ich es in der Zeitung gelesen. Denn nächstes Jahr jährt sich Anton Bruckners Geburtstag zum 200. Mal und da wird der Meister und sein Werk ganz groß gefeiert werden. Bis dahin will man sich etwas Erholung von ihm und seinen Werken gönnen. 

Aber irgendeine Komposition von Bruckner hätte man für das heurige Fest doch einplanen können, vernahm ich das Flehen meiner deutschen Bekannten, worauf ich den Linzer Brucknerhaus-Intendanten Dietmar Kerschbaum zitierte: Immer nur Mainstream ist nicht unser Ding.” Außerdem wolle man die Stadt für das Brucknerjahr 2024 noch weiter öffnen.

Bruckner und die Frauen

Um meine Gesprächspartner ein wenig zu trösten und auch aufzuheitern, behaupte ich: Dem Bruckner hätte die Frauenlösung – gemeint ist die Aufführung ihrer Kompositionen bei seinem heurigen Fest – vermutlich gefallen. 

Denn der schöpferische Tonsetzer aus Ansfelden bei Linz, der zwar körperlich groß aber kein Adonis war, war stets auf der Suche nach ihnen gewesen. „Anton Bruckner war ständig auf Freiersfüßen“, weiß Friedrich Buchmayr, der Autor des Buches „Mensch Bruckner“, das sich diesem delikaten Kapitel widmet.

Bruckner hätte gern eine Frau gehabt, hatte aber keine gefunden. Alle Versuche Bruckners, eine Ehe zu schließen, scheiterten, weshalb sein Kontakt zu weiblichen Wesen außerhalb der Familie auf den Umgang mit seinen Haushälterinnen und seinen Schülerinnen beschränkt blieb.

Tabubruch“: Brucknerfest ohne Bruckner

Für den Linzer Bürgermeister Klaus Luger ist ein Brucknerfest ohne Bruckner-Musik ein glatter „Tabubruch“ und so sehen es auch meine beiden Bruckner-Fans aus Deutschland und vermutlich noch einige andere Menschen mehr.

Du hast es gut“ sagt mein Bekannter aus Goslar mit leichter Wehmut in der Stimme, weil ich zufälligerweise im Geburtsort des Komponisten Anton Bruckners wohne und täglich die Luft atmen darf, in der sich der Meister einst bewegte, wie ich mir auch anhören musste.

Das Geburtshaus Anton Bruckners in Ansfelden (Foto: Guggenbichler).

Tatsächlich wohne ich in Sichtweite der Kirche, in der Anton Bruckner die Orgel spielte. „Du brauchst mich nächstes Jahr nur zu besuchen, dann bist du auch mittendrin“, sagte ich abschließend, während hinter mir die letzten Takte von Bruckners VII. Symphonie aus dem CD-Player verklangen. Ich hatte sie für das Gespräch extra als leiste Hintergrundmusik gewählt.

Zum Autor: Kurt Guggenbichler war Mitbegründer und Chefredakteur des „Wochenblick“. Sein journalistisches Handwerk hat er bei der „Goslarschen Zeitung“ in Norddeutschland erlernt, wo er acht Jahre lang als Redakteur, Reporter und Kolumnist tätig war. Wieder zurück in seiner Heimat, arbeitete Guggenbichler in der Funktion eines Ressortleiters dann 25 Jahre lang für die „Oberösterreichischen Nachrichten“. Zum „Wochenblick“ wechselte er einige Zeit nach seiner Tätigkeit als Chefredakteur der Tageszeitung „Oberösterreichs Neue“ und für AUF1-Info ist Guggenbichler nun als Nachrichten-Redakteur, Kommentator und Reporter im Einsatz.

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