Horst D. Deckert

BAG begründet Rechtsungleichheit zwischen Geimpften und Ungeimpften mit Studien, die wissenschaftlichen Standards nicht genügen

Michael Gerber, Leiter des Rechtsdienstes des Bundesamtes für Gesundheit a.i. kündigte am 12. April in der Medienkonferenz des Bundesrates an, dass Geimpfte nicht mehr in Quarantäne müssen, weil sie das Virus nicht übertragen (siehe SRF Tagesschau vom 12.4.21)

Der Berner Journalist und Filmemacher Mike Wyniger fragte beim BAG nach den wissenschaftlichen Grundlagen für die Rechtsungleichheit zwischen Geimpften und Ungeimpften, die nun gemäss Art. 3a des Covid-19-Gesetzes erstmals aktiviert werden soll.

Die Aussage von Michael Gerber stütze sich «auf die Grundlage der bis heute verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse», erklärte Nani Moras, Sprecherin des BAG in einer e-mail an Mike Wyniger. Es lägen «nach aktueller Einschätzung ausreichende Hinweise vor, dass SARS-CoV-2-Übertragungen deutlich reduziert werden». Diese stützten sich auf Wirksamkeitsstudien zu den mRNA-Impfprogrammen aus Israel und England.

Moras räumte aber auch ein:

«Der direkte Nachweis im Rahmen von Studien steht noch aus und die maximale Schutzdauer nach Impfung ist nicht bekannt.»

Trotzdem sieht das BAG die Bedingungen für Art. 3a des Covid-19-Gesetzes erfüllt, der «Personen, die mit einem Covid-19-Impfstoff geimpft sind, der zugelassen ist und erwiesenermassen gegen die Übertragung schützt», von der Quarantäne befreit.

Trotz des angeblich «erwiesenen» Schutzes vor Übertragung, «gelten die Regelungen zur Reisequarantäne weiterhin», auch für Geimpfte, wie Nani Moras festhält. Das BAG führt damit bei den Ursachen für Quarantäneverfügungen eine weitere Rechtsungleichheit ohne wissenschaftliche Grundlage ein.

Die vom BAG als Begründung für die selektiven Lockerungen zugunsten von Geimpften herangeführten Studien im Einzelnen:

Die Studie «BNT162b2 mRNA Covid-19 Vaccine in a Nationwide Mass Vaccination Setting» stammt von zehn Autoren, von denen acht vom Impfstoffhersteller Pfizer bezahlt werden. Zudem bezieht sie sich auf Daten, die nicht öffentlich zugänglich sind und daher nicht verifiziert werden können. Aus den im Anhang zur Studie veröffentlichten Tabellen gehen nach Berechnung von Seligman und Yativ jedoch derart grosse Unterschiede zwischen den Vergleichsgruppen der Geimpften und der Ungeimpften hervor, dass sie nicht zufällig sein können.

Die vom BAG zitierte Studie «Nationwide Vaccination Campaign with BNT162b2 in Israel Demonstrates High Vaccine Effectiveness» ist in Zusammenarbeit zwischen dem israelischen Gesundheitsministerium und Pfizer entstanden. Die Veröffentlichung unterliegt einem Vertrag zwischen Israel und Pfizer, der dem Konzern die Kontrolle über die Veröffentlichung der Daten ermöglicht. Die Studie entspricht demzufolge nicht den für wissenschaftliche Arbeiten geltenden Standards der Unabhängigkeit.

Die Studie «Single-dose BNT162b2 vaccine protects against asymptomatic SARS-CoV-2 infection» ist ein ungeprüfter Vorabdruck und befasst sich nur mit dem Rückgang der asymptomatischen «Infektionen», die bekanntlich kaum zur Verbreitung des Virus beitragen (Asymptomatic spread of coronavirus is ‘very rare,’ WHO say, University of Florida researchers find no asymptomatic or presymptomatic spread, Household Transmission of SARS-CoV-2 A Systematic Review and Meta-analysis)

Die vierte vom BAG ins Feld geführte Studie «Decreased SARS-CoV-2 viral load following vaccination» bezieht sich ausschliesslich auf einen Vergleich der Virenlast von Geimpften und Ungeimpften anhand der für einen positiven PCR-Test erforderlichen Vermehrungszyklen und geht weder auf die Symptomatik noch die tatsächliche Ausbreitung ein. Zudem ist die Studie ein ungeprüfter Vorabdruck und vermerkt ausdrücklich, dass sie nur «auf eine niedrigere Infektiosität hinweist» («hint to lower infectiousness»).

Kommentar:

Der Versuch der Gesundheitsbehörden, Rechtsungleichheiten einzuführen, offenbart ein mehrfaches Versagen:

  • Das BAG tritt durch die Verwendung von ungeprüften, mangelhaften oder von Pfizer beeinflussten oder bezahlten Studien in eine Komplizenschaft mit einem Impfstoffkonzern.
  • Wenn Michael Gerber, als Leiter der Rechtsabteilung des BAG a.i. über die Medien gravierende Änderungen in unserer Rechtsordnung verbreiten kann, haben die verwaltungsinternen und parlamentarischen Kontrollen ganz offensichtlich versagt.
  • Medien wie SRF verletzen die im Bundesgesetz über Radio und Fernsehen festgeschriebenen «Mindestanforderungen an den Programminhalt», nach denen «redaktionelle Sendungen mit Informationsgehalt … Tatsachen und Ereignisse sachgerecht darstellen» müssen, weil sie wissenschaftliche Vorbehalte unterschlagen.

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