Horst D. Deckert

Christopher Kolumbus und das Verschwinden der grönländischen Wikinger Teil I

Von LUDWIG KLEIN | Den im Mittelalter auf Grönland und Island siedelnden Wikingern und ihren überlieferten Erzählungen galt die ganze Aufmerksamkeit Helge Ingstads: der Norweger war einer der ersten, der die nautischen Angaben aus den alten Vinland Sagas ernst nahm und so 1961 L’Anse aux Meadows (Die Bucht bei den Wiesen) an der Nordspitze der Insel Neufundland entdeckte. Grönland diente ihnen dabei als Ausgangsbasis für weitere Erkundungen im nahen Nordamerika. Anhand von Bodenfunden konnte er eine Siedlung im nordöstlichen Kanada aus dem frühen 11. Jahrhundert zweifelsfrei nachweisen, damit war die Entdeckung Amerikas Jahrhunderte vor Kolumbus erstmalig belegt [Link]! Unerklärt ist das endgültige Verschwinden der grönländischen Wikinger im 15. Jahrhundert. Es gab jedoch schon im 14. Jahrhundert Auswanderungswellen, von denen mittelalterliche Chronisten berichteten.

 

Anmerkung: Ingstads Abenteuer bei rentierjagenden Stämmen im arktischen Norden (The Land of Feast and Famine), seine Suche nach freien Apachen in der Sierra Madre in Mexiko (Die letzten Apachen) in den 1930er Jahren und natürlich sein Buch über die Entdeckung der Wikingersiedlung in Kanada (The Viking Discovery of America) sind ein besonderes Lesevergnügen.

wikimedia: I._E._C._Rasmussen_-_Sommernat_under_den_Gronlandske_Kyst_circa_Aar_1000

Im Jahr 986 kamen laut der Saga von Erik dem Roten Wikinger aus Island und Norwegen mit 14 Schiffen nach Grönland. Besiedelt wurde der relativ milde Südwesten der Insel, dessen Fjorde der vertrauten skandinavischen Heimat glichen. Dort gab es fette Weiden für das Vieh, Bäume und bis zum 70. Breitengrad konnte sogar Gerste angebaut werden. Daraus wurde entweder Grütze, die typische mittelalterliche Alltagsspeise, oder Mehl für Brot hergestellt. Im 14. und 15. Jahrhundert verschlechterte sich das Klima in Nordatlantik und auf Island wurden bei winterlichen Hungersnöten „die Alten und Schwachen von den Klippen gestoßen“ [Link, Link]. Die Besiedlungsdichte blieb gering, es lebten um die 3000 Wikinger auf der Insel.

Warum haben Sie sich überhaupt auf Grönland angesiedelt, ging es dabei nur um Anbauflächen und Weideland fürs Vieh? Was für begehrenswertes Handelsgut gab es dort?

screenshot: science.org

Die Schatzkammern des Nordpolarmeeres

Walrösser leben im Nordpolarmeer und unter anderem an den Küsten Grönlands bis zur Hudson Bucht. Auf Island wurden sie von den Wikingern wegen ihres begehrten Elfenbeins früh ausgerottet: im Jahr 1327 hatte ein Paket von 802 kg Walrosszähnen einen Wert von 780 Kühen oder 60 Tonnen getrocknetem Fisch wie ein norwegischer Forscher anhand von alten Kirchenaufzeichnungen errechnete [Link]. Daraus wurden Luxusgüter für die Fürsten- und Königshöfe geschnitzt wie die Schachspielfiguren, die auf der schottischen Insel Lewis gefunden wurden.

Wikimedia: Lewis Chess

Geradezu unermeßlichen Wert hatte das Horn des mystischen Einhorns, zeitweilig wurde es mit dem zehnfachen Gewicht an Gold aufgewogen. Die Könige fürchteten sich ständig vor Giftanschlägen durch Rivalen um die Macht. Das Einhorn als Verkörperung der Unschuld und Reinheit sollte durch seine Abscheu vor Gift durch Schwitzen reagieren, daher wurden die Speisen des Königs vor dem Servieren mit seinem Horn berührt. Dazu kommt eine sakrale Bedeutung, die Kirchenväter setzten die Einhornjagd durch eine Jungfrau mit der Menschwerdung Christi durch Maria gleich. Wir lächeln über solche vergleichsweise unschuldigen Ideen unserer Vorväter, zugleich werden heute wirklich obskure Vorstellungen von Teilen der Bevölkerung geglaubt. Der Narwal kommt nur in polaren Gewässern und besonders häufig um Grönland vor und wurde von Wikingern bejagt oder sie tauschten die begehrten Stoßzähne von Inuit ein.

Wikimedia: White_Whale_Narwhal

Anhand der Verschiebung der Stickstoff und Kohlenstoffisotope in der Knochen verstorbener Wikinger konnten Forscher nachweisen, daß sie sich der Verschlechterung des Klimas anpaßten und sich vor allem vom Fleisch von Meerestieren ernährten. Der Wegfall des Getreideanbaus im 14. und 15. Jahrhundert muß also keine existenzbedrohende Situation dargestellt haben. Es gab außerdem auch weiterhin durchgehend geschützte und klimatisch besonders begünstigte Fjorde wie das Quinngua Tal im südlichen Grönland beweist in dem es nach wie vor einen kleinen Wald gibt [Link]. Der Verfall des Marktpreises von Elfenbein durch Einfuhren aus Rußland (Mammut) und Afrika ab dem 14. Jahrhundert gefährdete schließlich die Grundlage grönländischen Wirtschaftssystems [Link].

Der letzte Grönländer

Im Jahr 1540 wurde ein deutsches Handelsschiff von seinem Kurs abgetrieben und an die Westküste Grönlands in einen Fjord verdriftet. Auf einer Insel vor der Küste sahen die Seeleute halb verfallene Häuser und Schuppen wie auf Island. Vor ihnen lag ein Mann mit einer wollenen Mütze mit dem Gesicht auf dem Boden. Seine Kleidung bestand aus Robbenleder und Wolle, neben ihm lag ein abgewetztes Messer. Er war der letzte Siedler von dem wir Nachricht haben, über sein Schicksal wissen wir nichts [Link].

Haben sich die Gröndländer mit der Verschlechterung ihrer Lage durch den Verfall des Marktpreises von Elfenbein und die veränderten klimatischen Bedingungen einfach wieder nach Norwegen und Island zurückgezogen? Helge Ingstad vermutete eine Auswanderung nach Nordamerika. Doch ist diese Annahme plausibel? Gab es weitere Siedlungen von Europäern in Nordamerika und existieren Nachweise für Artefakte von Wikingern? Oder hatte ihr Verschwinden völlig andere Ursachen?

In Teil II von Christopher Kolumbus und das Verschwinden der grönländischen Wikinger geht den Hinweisen auf eine Auswanderung (eines Teils) der Grönländer nach Nordamerika nach.

 

 

 




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