Horst D. Deckert

«Covid- und Anti-Terror-Gesetz geben Errungenschaften der Aufklärung auf»

Der langjährige Nationalrat Pirmin Schwander hat sich mit den «Freunden der Verfassung» über das Covid-Gesetz und das Anti-Terror-Gesetz unterhalten. Über beide Vorlagen wird am 13. Juni abgestimmt. Schwander ist der einzige Parlamentarier, der am 25. September 2020 im Parlament zu beiden Gesetzen «Nein» gestimmt hat.

(5:30):

«Wir müssen aufpassen, dass wir Freiheit nicht zur Diskussion stellen. Es ist für mich ein Begriff, der nicht zur Diskussion stehen darf. Aus philosophischer Sicht der Menschheit. Denn dies musste über Jahrhunderte und Jahrtausende erkämpft werden.»

Dies gelte auch im Fall einer Pandemie, so Schwander. Es sei auch sehr stossend, dass viele Hilfsbetroffene nach wie vor kein Geld erhalten hätten. Der Bund müsse diese Menschen finanziell unterstützen.

Schwander hat deswegen eine Motion im Parlament eingereicht. Er will sicherstellen, dass der Bund weiterhin die Haftung für die aufgrund der Corona-Massnahmen entstandenen finanziellen Ausfälle übernimmt.

Covid-Gesetz: ein Flickwerk

Schwander bezeichnet das Covid-Gesetz als Flickwerk und als Ermächtigung für den Bundesrat, zu tun, was er wolle. Das Parlament habe sich aus der Verantwortung genommen und die Entscheide dem Bundesrat überlassen. Nun sei alles in einem Gesetz zusammengewürfelt: Notmassnahmen, Schliessungen, Geldzahlungen, Androhungen von Geldstrafen usw. Das dürfe es nicht geben, so Schwander.

(19:53):

«Wir als Parlamentarier haben meiner Meinung nach die Verantwortung nicht übernommen, die wir tragen in diesem Land. Zu sagen: Nein, wir schätzen diese gesundheitlichen Risiken selbst ein und treffen dann entsprechend gemeinsam im Dialog die Massnahmen.»

Jetzt beschliesse der Bundesrat Massnahmen aufgrund gesundheitlicher Kriterien, obwohl er die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Gründe auch berücksichtigen müsste, was er aber nicht mache. Schwander betrachtet die wachsende Spaltung der Gesellschaft und der Familien mit Sorge.

(23:03):

«Wir haben uns einfach engstirnig darauf eingeschossen, was dieser Virus direkt anrichten kann, aber nicht, was er indirekt durch die Massnahmen anrichten kann.»

Wenn ältere Menschen isoliert in Pflegeheimen sind und ihre Enkel nicht sehen dürfen, sei das auch ein Schaden, so Schwander. Das gehöre zur Lebensqualität dazu.

Anti-Terror-Gesetz: Unscharfe Definitionen

Ähnlich wie der Rechtswissenschaftler Nils Melzer (Corona-Transition berichtete) kritisiert Schwander die unscharfen Definitionen, was ein Terrorist oder Terrorismus sei. Der bisher notwendige und konkrete Verdachtsmoment, um jemanden festzuhalten, falle weg. Dies widerspreche dem Rechtsstaat.

(30:58):

«Freiheit kann nur durch einen Rechtsstaat garantiert werden.»

Nach neuer Gesetzesformulierung könne jemand schon als Terrorist gelten, der Angst und Schrecken verbreite. Aber der Bundesrat gehöre zu denjenigen, die genau das jetzt täten, so Schwander. Man sollte Behörden auch dazuzählen. Doch sofern konkrete Verdachtsmomente vorlägen, reiche das bestehende Gesetz zur Terrorismus-Bekämpfung aus.

(37:55):

«Ich kann diesen Covid- und Anti-Terror-Gesetzen aus Überzeugung nicht zustimmen. Es widerspricht allen Entwicklungen seit der Aufklärung in Europa. Es widerspricht den Grundsätzen, die Europa stark gemacht haben.»

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Passend dazu bei Corona-Transition:

«Schon politischer Dissens kann als Terrorismus eingestuft werden»: Gespräch mit Rechtswissenschaftler Nils Melzer über das Anti-Terror-Gesetz, 8. Mai 2021.

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