Horst D. Deckert

Demokratie in Gefahr: Sanofi-Lobbyist arbeitet in Staatskanzlei von Nordrhein-Westfalen

Seit vergangener Woche ist der Chef-Lobbyist des französischen Pharmakonzerns Stefan Kentrup in der nordrhein-westfĂ€lischen Staatskanzlei beschĂ€ftigt, berichtet die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) auf ihrer Internetseite. Kentrup sei bis Juni befristet fĂŒr den «Krisenkoordinationsrat Corona» tĂ€tig.

Eine Sprecherin der Staatskanzlei teilte auf Nachfrage der WAZ mit, dass der BeschĂ€ftigte «selbstverstĂ€ndlich auch gegenĂŒber seinem bisherigen Arbeitgeber zur Verschwiegenheit im Hinblick auf die Inhalte seiner TĂ€tigkeit in der Staatskanzlei verpflichtet» sei. Zudem sei «eine spezielle Verschwiegenheitsvereinbarung verbunden mit einem Verhaltenskodex» getroffen worden.

Kentrup bringe «zu den Themenbereichen Impfstoffe, Impfwesen, Impfmanagement und Impfprogramme ein vertieftes Wissen mit, welches in den kommenden Monaten bei der ErfĂŒllung der Aufgaben der GeschĂ€ftsstelle Krisenkoordinationsrat Corona in besonderem Maße gebraucht» werde, heisst es weiter.

Die WAZ schreibt:

«In Teilen der Ministerialverwaltung soll die Personalentscheidung fĂŒr KopfschĂŒtteln gesorgt haben. Sanofi stehe schließlich seit Wochen im Zentrum der Debatte ĂŒber den schleppenden Start der Corona-Impfkampagne in Europa. Der EU wird vorgeworfen, beim einflussreichen französischen Pharmariesen im vergangenen Herbst vorschnell bis zu 300 Millionen Impfdosen bestellt zu haben. Dessen Impfstoff kommt jedoch voraussichtlich erst Ende 2021 auf den Markt.»

Die Nichtregierungsorganisation Lobbycontrol fordert seit Jahren mehr Transparenz ĂŒber den engen Schulterschluss zwischen Konzernen und Politik und kritisiert auch diese neuerliche Verquickung heftig. Erst 2019 hatte Lobbycontrol einen entsprechenden EU-Report vorgelegt. Ihr Fazit: Die Konzerne haben zu viel Macht, und die Politik blockiert TransparenzbemĂŒhungen.

«Teilweise können Konzerne Gesetze und politische Prozesse regelrecht kapern», sagte damals die politische GeschĂ€ftsfĂŒhrerin von Lobbycontrol, Imke Dierßen, bei der Übergabe des Berichts an die EU-Kommission.

Außerdem lasse Europa zu, dass Unternehmen massiv Steuern sparen, wodurch den EU-LĂ€ndern Jahr fĂŒr Jahr zwischen 50 und 70 Milliarden Euro an Steuerannahmen entgingen, «das ist das fĂŒnf- bis sechsfache dessen, was die EU insgesamt pro Jahr fĂŒr Forschung und Bildung ausgibt».

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