Die vielen kritischen Stimmen zu den Corona-Massnahmen sind dem Bundesrat offenbar ein Dorn im Auge. Als Gegenmassname für «digitale Desinformation» soll nun Anfang 2022 innerhalb der Bundeskanzlei ein schlagkräftiges Team geschaffen werden. So verkündet es eine neue Pressemitteilung der Bundeskanzlei zur «Strategie soziale Medien». Zehn neu geschaffene Stellen, darunter vier aus dem Bundesamt für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), sollen die Kommunikationsabteilungen aller Bundesämter unterstützen. Denn die Bundesverwaltung mache bis heute keinen systematischen Gebrauch von sozialen Medien, habe die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates in einem Bericht festgestellt.
Der Plan sieht vor, in sozialen Netzwerken über «wichtige Entscheide, Geschäfte oder Tätigkeiten» des Bundesrates zu informieren: mit hübschen Bildchen auf Instagram zum Beispiel, wo der Bundesrat noch nicht präsent sei. Neben den bestehenden Kanälen auf YouTube und Twitter möchte der Bundesrat neue Zielgruppen erreichen. Der aktuelle sicherheitspolitische Bericht des Bundesrates zeige, dass die «Bedrohung» durch «Beeinflussung» und «Desinformation» zunehme. Wenn der Bundesrat in den sozialen Medien direkt informieren könne, trage dies zu einer «sachlichen Debatte» und zur «Eindämmung von Desinformation» bei.
Der neueste Digital-Streich des Bundes sei gleich mehrfach irritierend, schreibt die Onlineausgabe der NZZ. Denn er offenbare im Kern ein gestörtes Verhältnis zur Rolle der Medien und zur eigenen Aufgabe im Digitalzeitalter. In einer Demokratie könne es nicht Aufgabe der Exekutive sein, «Desinformation» zu identifizieren. Und erst recht nicht, diese angebliche Desinformation «einzudämmen». Das höre sich erstens nach Zensur an, und zweitens nach Propaganda. Und es sei reichlich naiv zu glauben, mit zehn Leuten, die ein Instagram-Konto bedienen, irgendetwas ändern zu können.
Kommentar der Redaktion:
Statt sich mit der eigenen «Desinformation» zu beschäftigen, setzt der Bundesrat lieber auf einseitige Propaganda. Das angestrebte Ziel einer «sachlichen Debatte» kann mit hübschen Bildchen auf Instagram auch nicht erreicht werden. Gerade diese sachliche Debatte scheut der Bundesrat seit Beginn der Corona-Krise ja wie der Teufel das Weihwasser. Und kritische Meinungen sind aus Sicht des Bundesrates nicht gewünscht, sie sind vielmehr bedrohlich beeinflussend.