Horst D. Deckert

Der Testzwang weitet sich aus und Apartheid droht

Als Lockerung getarnt hat die deutsche Bundesregierung am 3. März in Absprache mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer eine Ausweitung des Testzwangs in Aussicht gestellt.

Schon für den sogenannten 2. Öffnungsschritt (ab 8. März) können körpernahe Dienstleistungen zum Teil nur „mit tagesaktuellem Test“ vollzogen werden. Im Klartext: Ohne Test keine Lockerungsmassage. Das ist genau das, was die Regierung beabsichtigt: Die Bevölkerung soll sich locker machen zum totalen Testen – wenn nötig täglich.

Der 4. Öffnungsschritt (ab 22. März) wird einerseits vom Inzidenzwert und andererseits von der Durchführung „mit tagesaktuellem Schnell- oder Selbsttest“ abhängig gemacht: Liegt der Wert nicht mehr unter 50, aber noch unter 100, so sind Schnelltests verpflichtend für Besuch von Aussengastronomie und Teilhabe an Kultur und Sport.

Es wird also weiterhin das betrügerische Konzept „Inzidenzwert“ genutzt, ein Zahlenwert, der mit jedem positiven Schnelltestergebnis nach PCR-Bestätigung ein klein wenig stärker nach oben frisiert wird. Denn das RKI verlangt nur bei positiven Ausgang einen nachfolgenden PCR-Test, der mit seinem Positivergebnis direkt in den Inzidenzwert eingeht. Dann kommt man offiziell mit 0,8 bis 1,6 Millionen PCR-Tests allemal locker hin, hat aber dafür fast alle potentiell PCR-Positiven aus einem wöchentlich wachsenden Pool von mehr als 20 Millionen Schnelltestungen abgegriffen.

Unverhältnismässigkeit des Testens

Die naive Sicht auf das Testen ist weitverbreitet: verhinderte man doch Infektionen mit SARS-CoV-2 angeblich durch exzessives Testen, gerade bei den schützenswerten vulnerablen Gruppen. Aber:

  • Erstens hat das Testen bisher noch kein Virus aufgehalten.
  • Zweitens soll jeder mündige Bürger selber entscheiden können, ob und wie er vor was geschützt werden will; denn so manch mutmasslicher Schutz hat einen Pferdefuss und entpuppt sich als Danaergeschenk.
  • Drittens gibt es Myriaden von RNA- und DNA-Viren, Eubakterien und Protisten, die dem Menschen Schaden zufügen könnten – soll nun etwa gegen alle getestet werden? Warum ist SARS-CoV-2 vor allen anderen, zum Teil viel gefährlicheren Keimen privilegiert – weil jetzt Impfstoffe weltweit milliardenfach ihren Absatz finden sollen?

Niemals sollten Gesunde gegen ihren Willen getestet werden. Das „Er könnte ja krank sein, ohne dass er es bis dato gemerkt hätte“ gilt nicht. Denn das stellte das Prinzip Gesundheit auf den Kopf: Jeder wäre da eigentlich ein Kranker und würde erst in einem administrativen Gnadenakt durch einen Test für einen Tag lang momentan für gesund erklärt. „Die WHO empfiehlt positive Tests bei Gesunden nicht ohne klinische Überprüfung als positiv zu werten. Umgekehrt heisst das, dass Gesunde zu testen nur sehr mässig bis gar nicht sinnvoll ist“.

Tests kosten – auch die schnellen für zuhause oder unterwegs, und sie fallen fast immer (derzeit zu 99,8 Prozent bis 99,9 Prozent) negativ aus. Trotzdem sollen gerade Menschen ohne Symptome nunmehr animiert oder gezwungen werden, sich selber testen zu können mit einem Test vom Discounter oder – inklusive Bescheinigung über das Testergebnis – auf Kosten des Bundes.



In der Übergangszeit von erhöhtem zu kaum messbarem Infektionsgeschehen
mit SARS-CoV-2 kann man wohl annehmen, dass die Massentestung Symptomloser nur in ca. 1,2 bis 2,4 Promille der Fälle positive Ergebnisse beim Antigentest liefert ( – also eine Grössenordnung niedriger als letztes Jahr beim beliebten Clustertesten). Nur in ca. Dreiviertel der Positivfälle sind vermutlich die viralen Proteinreste noch so frisch, dass mit dem nachfolgendem PCR-Test auch Sequenzschnipsel aus dem Virusgenom nachgewiesen werden können. Da sind wir bei 0,9 bis 1,8 Promille.

Die angenommenen 1,2 bis 2,4 Promille positiver Schnelltestergebnisse sind eher noch überschätzt. So wurden beispielsweise in Niedersachsen vom 15. bis 19. Februar zwölf Prozent der Beschäftigten an Schulen schnell getestet – ganz freiwillig. Es waren nur 0,8 Promille dieser Tests positiv ausgefallen (Nordwest-Zeitung Nr. 54, Seite 5).

Natürlich mussten die betroffenen Positivkandidaten sich im Anschluss einem PCR-Test unterziehen. Der Zeitpunkt der Ansteckung bzw. des Kontaktes mit SARS-CoV-2 lag zwar im allgemeinen Abgang der Herbst-Winter-Doppelwelle gemittelt zwischen dem 4. und 8. Februar. Tatsächlich hatten sich die Positivfälle für zwei Wochen um schliesslich rund 60 Prozent erhöht, wobei inzwischen die Fallzahlen wieder im freien Fall sind: Auf die Saisonalität der Coronaviren ist also Verlass. Das sagt nur kein Lauterbach oder Drosten – im Gegenteil: Die furchtbare „Dritte Welle“ drohe, in der wir laut Kanzlerin sogar längst drin sind.

Von jenen 0,9 bis 1,8 Promille in obiger Überlegung waren und bleiben (angesichts der „Dunkelziffer“) rund 90 Prozent der Betroffenen asymptomatisch: Von denen ging und geht keinerlei Ansteckungsgefahr aus. Also hatte höchstens jeder Zehnte entweder vor wenigen Wochen bereits Symptome für gewisse Zeit gehabt oder wird erst in den nächsten Tagen Symptome zeigen.

Da sind wir bei 9 bis 18 pro hundertausend. Wenn man pessimistisch ist, könnte man veranschlagen, dass im Schnitt einer von dreien noch die Symptome und die Infektiösität vor sich hat.

Einen solchen Präsymptomatischen als potentiellen Spreader hat man so in 3 bis 6 von hunderttausend Probenentnahmen vor sich. Und diese drei bis sechs vom Hunderttausend Getesteten kann man dann erfolgreich isolieren, auf dass sie niemand anderen anstecken könnten. Aber neben diesen werden noch gemittelt fast 97 bis 194 von jenen unglücklich PCR-positiv Bestätigten ebenso in meist zweiwöchige Isolation geschickt. Anders gesagt:

Mit jedem berechtigt in Selbstisolation geschickten Bürger, werden mehr als 32 andere unnötigerweise in die Isolation verbannt. Deren Kontaktpersonen, auf jeden Fall die betroffene Familie, müssen dann in die Quarantäne – für nichts und wieder nichts. Das ist ohne Verhältnismässigkeit und eigentlich skandalös. Aber welcher Richter an einem Verwaltungsgericht nutzt wissenschaftliche Evidenz und rechnet selber nach?

Um ein Gefühl für jene Grössenordnung des anteiligen Testgeschehens zu kriegen, nehmen wir mal die Tuberkulose. Laut RKI lag die Inzidenz für Neuerkrankung an Tuberkulose in Deutschland im Jahre 2019 bei 0,58 von zehntausend – nur zum Vergleich genannt zu obigen 0,3 bis 0,6 von zehntausend.

Laut WHO ist die Tuberkulose die Infektionskrankheit mit den meisten Todesopfern. In ärmeren Ländern kostet eine vorbeugende Behandlung von Patienten zwischen 5 und 15 Dollar, also etwas mehr als 4 bis 12 Euro pro Patient. Es fehlen weltweit für Diagnose, Behandlung und Forschung jährlich mehr als dreieinhalb Milliarden Euro.

Wenn ein Jahr lang in Deutschland künftig wöchentlich nur gemittelt 14 Millionen Schnelltests pro Woche über den Tresen gehen, dann sind dafür mehr als dreieinhalb Milliarden Euro auszugeben (zur Freude der Testhersteller).

Unzählige Studien haben demonstriert, dass die Vermeidung von Vitamin-D-Mangel die Überlebenschancen gerade bei Älteren und Morbiden nach einer Infizierung mit SARS-CoV-2 (oder Influenzaviren) deutlich erhöht. Eine Supplementierung durch Verabreichung von täglich 1000 I.E. Vitamin D würde das Immunsystem nachhaltig stärken.

Das kostete pro Person weniger als 20 Euro pro Jahr – viel zu wenig für die Pharmaindustrie, um eine Kampagne ins Leben zu rufen. Denn mit Remdesivir ist immer noch schwer Geld bei schwer an CoViD-19 Erkrankten zu machen.

Für dreieinhalb Milliarden Euro könnte man hingegen für mehr als zwei Jahre den chronischen Vitamin-D-Mangel in Deutschland sicher beseitigen und damit Tausende von Leben für Monate oder gar Jahre retten. Welche der drei genannten Strategien des Geldausgebens rettet wohl die wenigsten Menschenleben (und Lebensjahre)?

Das M-I-T des Hygienismus

Im April 2020 schrieb der Philosoph Markus Gabriel:

„Der Hygienismus kann in eine Gesundheitsdiktatur umschlagen. […] Er besteht darin, dass wir Menschen als Virusträger betrachten, als potenziell Infizierte, deren Verhalten wir durch strikte Hygienemassnahme steuern und überwachen müssen, um die Infektionsketten zu unterbrechen.“

Inzwischen geht es Schlag auf Schlag.

Die drei Grundpfeiler des inzwischen fast weltweit herrschenden Hygienismus, dem wir ausgeliefert zu sein scheinen, lauten: M-I-T. Dabei steht M für Maskentragen, I für Impfen und T für Testen.

  • Das Maskentragen soll mit dem feuchten und verkeimten Lappen vor Mund und Nase dem Träger die scheinbare Seuchengefahr drohend bewusst und fühlbar machen und ihn letztlich demütigen.
  • Das Impfen gilt als scheinbares Erlösungsversprechen, was zwar kollateral einigen Geschwächten den Tod bringt und manchen nicht einmal vor einer Infektion mit dem Virus schützt. Und der von der EU geplante Impfpass soll Zugangsberechtigungen regeln.
  • Das Testen soll den Bürger disziplinieren und gefügig machen und ihn schliesslich vorbereiten auf die ständige Kontrolle über sein Tun und seine Kontakte. Die erzeugten Daten sind in Zukunft vielfältig nutzbar für den Staat und die grossen Internetunternehmen.

    Es könnte zu einer neuen Begrüssungsformel kommen: „Mach(t)’ M-I-T“. Die mit unverhohlener Drohung ausgesprochene Abschiedsformel „Bleib(t) gesund“ kennen wir ja bereits.

Apartheid und Internierung

Wer sich dem M-I-T nicht bedingungslos unterwirft, gilt der Obrigkeit als suspekt. Folglich wird das widerständige Subjekt durch Politik und Medien ausgegrenzt und dämonisiert: erst moralisch, dann gesellschaftlich und schliesslich wirtschaftlich wie beruflich vernichtet. Einzelne Künstler, Ärzte und Lehrer hat es bereits in Deutschland, Österreich und der Schweiz hart getroffen: „Bestrafe einen, erziehe hundert“ (Máo Zédōng).

Die Widerständigen gelten als unsolidarisch und gefährlich. Quarantäne-Verweigerern droht künftig ein Aufenthalt in der Jugendarrestanstalt Mortsfelde in Neumünster“. Dort sollen Verweigerer auch aus anderen Bundesländern konzentriert und interniert werden. Es werden mehr solche Anstalten und Lager werden.

So wird es künftig zwei Sorten Bürger geben: die einen, die alles von der Regierung Verordnete mitmachen, und die anderen, denen zum Leben nahezu alles vorenthalten bleibt: kein Reisen, keine Kultur, kein gemeinsamer Sport, kein Miteinander. Das ist Apartheid. Eigentlich galt sie als längst überwunden, aber sie hat punktuell weiter existiert. Und nun wird sie weltweit im Rahmen des Hygienismus mit Gewalt etabliert und langfristig digital umgesetzt. Österreich im Sauseschritt und Deutschland Schritt um Schritt laufen diesen Weg mit.

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Prof. Dr. rer. nat. Hans-Jürgen Bandelt war 1990-2017 Professor für Mathematik an der Universität Hamburg

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