Horst D. Deckert

Die Abschaffung der Grippe

Laut WHO und AG Influenza des RKI ist die Influenza-Grippe in Deutschland und der ganzen Welt im Prinzip ausgerottet.

Selbstverständlich gibt es die Grippe immer noch und an ihr sterben Menschen. Im Gegensatz zu Corona sterben an ihr beispielsweise auch Kinder. Grippe ist die Bezeichnung für die Erkrankung mit dem Influenza-Virus und nicht für einen grippalen Infekt, eine simple Erkältung. Jedes Jahr im Winterhalbjahr ist auch in Deutschland „Grippesaison“ und es sterben ein paar tausend Menschen an ihr. Doch 2020 ist laut WHO und Robert-Koch-Institut seit April 2020 angeblich fast niemand mehr an Grippe erkrankt oder hat sich mit ihr infiziert. Man hat offenbar einfach fast alle Grippe-Patienten dem Coronavirus zugeschrieben.

Bild: WHO-Grafiken zur weltweiten Influenza 2019 und 2020 (1).

Laut auf der Website der Weltgesundheitsorganisation WHO erhältlichen Daten und Charts gibt es seit Kalenderwoche 17 weltweit so gut wie keine Grippe mehr (2). Das kann natürlich nicht sein. Daten für Deutschland sind über diese Seite zur Zeit nur für 2020 erhältlich. Wählt man einen Zeitraum, der das Jahr 2019 umfasst, zeigt die Website einen unerwarteten Programmierfehler an. Wer glaubt, dass die WHO einfach seit April 2019 keine Influenza erfasst, der liegt falsch: Das Deutschland-Chart für 2020 zeigt beispielsweise in den Kalenderwochen 37/38 einen „Minipeak“ auf (4). Das heißt: Die Zeiträume wurden eingepflegt, es gibt nur angeblich laut WHO so gut wie keine Grippe-Infizierten mehr.

Es gibt auch Daten der Arbeitsgemeinschaft Influenza des Robert-Koch-Instituts für Deutschland und diese hat beispielsweise der MDR aufgearbeitet und veröffentlicht (3). Hier bietet sich das gleiche Bild wie bei der WHO: Angeblich keine Grippe mehr. Selbst schwache Grippejahre weisen eine x-fach höhere Zahl an Influenza-Kranken als – angeblich – 2020 auf. Das ist einfach nur noch „Bullshit“ und Wissenschaftsverweigerung. Und der MDR verbreitet das auch noch voller Überzeugung und Inbrunst:

„Während zum Jahresende 2019 die Kurve der Influenzafälle steil ansteigt, bleibt sie 2020 stabil niedrig. Auch in der 50. Meldewoche (5.-11.12.) bleibt die Zahl der von Laboren bestätigten Grippefälle in Deutschland unter 30.“

Bild: Ausschnitt aus der Website des MDR mit „keine Grippe 2020“ sowie entsprechendes Chart der WHO mit Minispitze in Woche 37 und 38, zwei rote Kreise hinzugefügt (3, 4).

Im Oktober 2019 schrieb die Apothekerzeitung DAZ anlässlich der bevorstehenden Grippesaison 2019/2020 in Deutschland (5):

„Die letzte Grippesaison 2018/19 verlief verglichen mit dem Grippewinter 2017/18 relativ mild – sie war kürzer, weniger Menschen erkrankten, mussten ins Krankenhaus oder verstarben. Das Robert Koch-Institut (RKI) schätzt für 2018/19 etwa 3,8 Millionen influenzabedingte Arztbesuche – in der außergewöhnlich starken Grippesaison zuvor geht das Institut von rund 9 Millionen Arztbesuchen aufgrund von Grippe aus. Auch Influenza-assoziierte Arbeitsunfähigkeiten wurden mit 2,3 Millionen im letzten Jahr deutlich seltener festgestellt als im Vorjahr (5,3 Millionen). Und auch primärversorgende Arztpraxen wiesen 2018/19 ’nur‘ etwa 18.000 Patienten influenzabedingt ins Krankenhaus ein, 2017/18 taten sie dies mehr als doppelt so häufig: 45.000

Insgesamt wurden in der vergangenen Saison rund 182.000 labordiagnostisch bestätigte Influenzafälle (gemäß Infektionsschutzgesetz) an das RKI übermittelt (2017/18: 334.000). 181.698 Mal bestätigte sich eine Infektion mit Influenza A (98,5 Prozent) und nur vereinzelt mit Influenza B (1.233 Fälle, 0,7 Prozent).“

Halten wir fest:

  • 2020: „Auch in der 50. Meldewoche (5.-11.12.) bleibt die Zahl der von Laboren bestätigten Grippefälle in Deutschland unter 30.“
  • 2017-2019: „Insgesamt wurden in der vergangenen Saison rund 182.000 labordiagnostisch bestätigte Influenzafälle (gemäß Infektionsschutzgesetz) an das RKI übermittelt (2017/18: 334.000).“

Auf der Statistik-Website de.statista.org heißt es zu Influenza-Grippewellen (6):

„Saisonale Grippe-Wellen begleiten die Menschheit bereits seit Jahrhunderten. Derzeit infizieren sich jedes Jahr weltweit rund 500 Millionen Menschen mit dem Grippevirus. Als Grippewelle wird dabei der Zeitraum erhöhter Influenza-Aktivität bezeichnet. In den vergangenen Jahren hat die jährliche Grippewelle in Deutschland meist im Januar begonnen und drei bis vier Monate gedauert. Der Beginn einer Grippewelle wird gemäß einer virologischen Definition der Arbeitsgemeinschaft Influenza im RKI bestimmt, wonach mehr als 20 Prozent der Patienten mit Grippesymptomen Influenza Viren aufweisen müssen.“

Während der vorliegende Artikel bereits in der Schlussredaktion war, kam noch die Meldung herein, dass der New Yorker Epidemiologe Knut Wittkowski darauf hinweist, dass viele Fälle mit Influenza-Virus sehr wahrscheinlich als Corona-Fälle gezählt werden (7):

„Der Top-Epidemiologe Knut Wittkowski sagt, dass der massive Rückgang der Influenza-Fälle darauf zurückzuführen ist, dass viele fälschlicherweise als COVID-19-Fälle gezählt werden.

Wittkowski, ehemaliger Leiter der Abteilung für Biostatistik, Epidemiologie und Forschungsdesign an der Rockefeller University, warnt: ‚Die Influenza wurde zu einem großen Teil in COVID-19 umbenannt.‘

Nach Angaben der CDC lag die kumulative positive Influenza-Testrate von Ende September bis in die Woche des 19. Dezember bei nur 0,2 %, verglichen mit 8,7 % im Jahr zuvor.

Laut Wittkowski liegt das daran, dass viele Grippeinfektionen fälschlicherweise als Coronavirus-Fälle etikettiert werden.

‚Es gibt möglicherweise eine ganze Reihe von Influenza-Fällen, die in die Kategorie ‚vermutetes COVID-19′ fallen, also Menschen, die COVID-19-Symptome haben (mit denen Influenza-Symptome verwechselt werden können), aber nicht auf SARS-RNA getestet werden‘, sagte Wittkowski gegenüber Just the News.

Diese Patienten können ‚auch etwas SARS-RNA in der Nase sitzen haben, während sie mit Influenza infiziert sind, in diesem Fall würde die Influenza als COVID-19 ‚bestätigt‘ werden‘, fügte er hinzu.“

Verweise

(1) https://apps.who.int/flumart/Default?ReportNo=10

(2) https://www.who.int/influenza/gisrs_laboratory/flunet/charts/en/

(3) https://www.mdr.de/wissen/grippewelle-influenza-winter-fieber-husten-arztbesuch-sachsen-anhalt-thueringen-100.html

(4) https://apps.who.int/flumart/Default?ReportNo=1

(5) https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2019/10/04-10-2019/mild-oder-schlimm-wie-war-die-letzte-grippesaison

(6) https://de.statista.com/statistik/daten/studie/405363/umfrage/influenza-assoziierte-uebersterblichkeit-exzess-mortalitaet-in-deutschland/

(7) https://summit.news/2021/01/05/epidemiologist-says-influenza-cases-are-being-counted-as-covid-19/

Zum Artikel

Dieser Beitrag ist die Rohfassung meines heute im Rubikon-Magazin erschienenen Artikels.

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