Horst D. Deckert

Die USA fördern nun das Narrativ, das der Virus aus einem chinesischen Labor stammen könnte und aktivieren den Geheimdienst anstelle der Wissenschaft

Einer der kuriosesten Punkte der COVID-19-Pandemie ist, dass das Thema biologische Waffen zum ersten Mal die Sphäre der „Verschwörungstheorien“ verließ und in die öffentliche Debatte gebracht wurde, indem Vertreter von Regierungen und staatlichen Institutionen behaupteten, an die Möglichkeit zu glauben, dass das neue Coronavirus das Ergebnis biologischer Experimente zu militärischen Zwecken gewesen sei. Dies geschah im vergangenen Jahr, während der ersten Welle der Pandemie und in einer Zeit sensibler internationaler Spannungen und Unsicherheit über die nahe Zukunft. Danach wurde das Thema für viele Monate nicht mehr diskutiert, und die internationale Gesellschaft erreichte fast einen Konsens über den natürlichen Ursprung des Virus. In jüngster Zeit ist das Thema jedoch wieder in den westlichen Medien aufgetaucht, wobei Autoren auf einen möglichen [chinesischen] künstlichen Ursprung des Virus hinwiesen, was die amerikanische Regierung dazu veranlasste, Ermittlungsmaßnahmen in diesem Fall zu ergreifen, was eine weitere diplomatische Krise mit China auslöste.

Vor einigen Wochen begann die Diskussion über einen möglichen künstlichen Ursprung des neuen Coronavirus in der westlichen Welt zuzunehmen. Plötzlich begannen Experten zu behaupten, dass „Beweise“ auftauchen, dass das Virus, das COVID-19 verursacht, in chinesischen Labors entstanden ist. Mehrere Medien begannen, Artikel zu veröffentlichen, die die Möglichkeit eines künstlichen Ursprungs des Virus betonten. Einige dieser Analysen stammten von führenden Experten zu diesem Thema, wie z.B. dem ehemaligen Leiter der Food and Drug Administration (FDA), Scott Gottlieb, der feststellte, dass es „immer mehr Indizien“ dafür gibt, dass COVID-19 in einem Labor und nicht in der Natur entstanden sein könnte. Im gleichen Sinne erklärte Anthony Fauci, der medizinische Chefberater von Präsident Biden, dass er nicht davon überzeugt sei, dass das Virus natürlichen Ursprungs sei und dass „es etwas anderes gewesen sein könnte“.

Auch die Daily Mail veröffentlichte einen Artikel, in dem sie eine Studie des britischen Professors Angus Dalgleish und des norwegischen Wissenschaftlers Dr. Birger Sørensen vorstellten, in der sie angeblich Beweise dafür lieferten, dass das Virus von chinesischen Wissenschaftlern künstlich erzeugt wurde, „die dann versuchten, ihre Spuren mit ‚Retro-Engineering‘ zu verwischen, um den Anschein zu erwecken, dass es auf natürliche Weise aus Fledermäusen entstanden ist“.

Diese Faktoren motivierten die US-Regierung, einen detaillierteren Bericht über den Ursprung des Virus zu verlangen, was eine tiefere Untersuchung des Falles erforderlich machte. Das Problem ist jedoch, dass das Biden-Team einen solchen Bericht nicht von Ärzten oder Biologen forderte, sondern von Geheimdienstlern. Es ist merkwürdig, dass eine Untersuchung streng wissenschaftlicher Natur von Geheimdiensten durchgeführt wird. Und das wirft die Frage auf, mit welchen Methoden die Daten beschafft und ausgewertet werden. Der Bericht ist derzeit in Arbeit und muss innerhalb von 90 Tagen an Biden übergeben werden. In gleicher Weise veröffentlichte die Zeitung The Sunday Times am 30. Mai einen Artikel, in dem es hieß, dass „britische Geheimdienste nun glauben, es sei „möglich“, dass die globale Pandemie mit einem Coronavirus-Leck in einem chinesischen Forschungslabor begann“.

Peking kommentierte die amerikanische Entscheidung, das Virus durch seine Geheimdienste untersuchen zu lassen, als eine „Politisierung“ des Ursprungs des Virus. Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Zhao Lijian, sagte: „Das zeigt voll und ganz, dass sich die US-Seite nicht um Fakten und Wahrheit kümmert und auch nicht an einer seriösen wissenschaftlichen Herkunftsermittlung interessiert ist, sondern die Epidemie nutzen will, um Stigmatisierung und politische Manipulation zu betreiben und sich vor der Verantwortung zu drücken.“

Auch Wang Wenbin, ein weiterer Sprecher des chinesischen Kanzleramtes, erklärte: „Ich möchte noch einmal betonen, dass die Untersuchung der Ursprünge von COVID-19 eine Angelegenheit der Wissenschaft ist, nicht ein politisches Werkzeug. Sie sollte von Wissenschaftlern auf der ganzen Welt in Zusammenarbeit durchgeführt werden, nicht von den Geheimdiensten oder ein paar mit dem Finger auf andere zeigenden Politikern“.

In der Tat ist die amerikanische Entscheidung, den Ursprung des Virus durch Geheimdienste zu finden, äußerst gefährlich, denn ohne die empirischen Methoden der Wissenschaft können die Geheimdienstler aus ihren Untersuchungen alles Mögliche schließen, und mit Sicherheit wird das Forschungsergebnis von politischen Vorstellungen und bereits bestehenden Rivalitäten mit China beeinflusst werden. Geheimdienste dienen den Interessen des Landes, nicht der Wissenschaft – und das Narrativ, dass China den Virus geschaffen hat, dient den amerikanischen Interessen.

Interessant ist jedoch, wie sich der Diskurs der westlichen Medien verändert, je nachdem, welche Länder das gleiche Narrativ unterstützen. Zu Beginn der Pandemie diskutierten chinesische, russische und iranische Experten die Möglichkeit, dass das Virus in einem Labor geschaffen wurde, was der Westen als Pseudowissenschaft und Verschwörungstheorie betrachtete. Das Fehlen von Beweisen bei den Untersuchungen stoppte dieses Narrativ in diesen Ländern, aber Monate später nimmt Washington das gleiche Narrativ wieder auf, beschuldigt aber China – was von den westlichen Medien als vollkommen wissenschaftlich und empirisch gültig angesehen wird.

Die Beweise weisen auf eine klare Schlussfolgerung hin: Washington will das Narrativ unterstützen, dass das Virus von China künstlich erzeugt wurde – und dann wird es behaupten, dass Peking biologische Waffen produziert. Das wird die angespannten Beziehungen zwischen Chinesen und Amerikanern weiter verschärfen, aber es dient den Plänen Bidens, der zu einer aggressiveren US-Politik gegenüber China neigt.

Es besteht jedoch noch Hoffnung, dass sich die WHO nicht dem amerikanischen Diskurs anschließt und die Wissenschaft und nicht politische Interessen unterstützt.

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