Horst D. Deckert

Homosexuelle & Transmenschen: Lachen Sie nicht!

Dave Chapelle, Comedian (Foto:Imago)

Kontroverse bei Netflix: Der Comedian Dave Chappelle soll Homosexuelle und Transmenschen diskriminiert haben. Ist es karriereschädlicher, einen Witz über Schwule zu machen oder einen Afroamerikaner zu erschiessen? Diese Frage wirft der amerikanische Comedian Dave Chappelle in seiner Netflix-Sendung ‚The Closer‘ auf.“ – so steht es in der „Neuen Züricher Zeitung“ (NZZ).

Das ist eine interessante Frage – weil Dave Chapelle nämlich ein Schwarzer ist. Was ist also „karriereschädlicher“? Einen Witz über das abgefackelte Auto eines AfD-Politikers zu machen oder einem lustigen und diskriminierten Neger verbieten zu wollen, Witze über wen auch immer zu machen? Man könnte auch anders fragen: Was ist „karriereförderlicher“? – Klar: Wer Witze über das abgefackelte Auto macht, wird Bundeswitzpräsidierender, hätte also seine Karriere gefördert, wohingegen… doch Spaß beiseite.

Das Leben ist nicht lustig, besonders dann nicht, wenn es traurig ist. Wer trotzdem lacht, hat keinen Respekt vor der Ernsthaftigkeit der Anderen. Man lacht einfach nicht, wenn es sich nicht gehört. Wir leben in der Demokratie. Wenn die Mehrheit nicht lacht, dann lacht gefälligst auch sonst niemand. Das kann nicht so schwer zu verstehen sein. Es gibt keinen Minderheitenschutz für ein paar wenige Respektlose. Wenn zum Beispiel ein Mensch gestorben ist, lacht man nicht, noch nicht einmal dann, wenn es sich um einen Grünen handelt, der von einem einstürzenden Windrad erschlagen wurde. Es gehört sich einfach nicht. Auch ein Christian Lindner, der auf einer gelben Bananenschale – hahaha, Bananenschalen sind immer gelb! – ausrutscht, ist nicht lustig. Noch nicht einmal dann.

Die Grenzen des Gelächters

Warum ist das so? Weil wir alle nur „die Menschen“ sind. Alle miteinander müssen wir davon ausgehen, daß jedes lustige Malheur, das einem anderen passiert, auch uns selbst passieren könnte. Da verbietet sich jedes Gelächter. Auch ein Nichtschwimmer, der beim Versuch, Menschenleben zu retten, von der „Sea Watch“ herunter ins Wasser fällt, ist nicht lustig. Das könnten nämlich auch wir selbst sein, wenn wir Nichtschwimmer wären. Und auf der „Sea Watch„. Was lustig ist und was nicht, wird ganz klar durch das „Wir“ geregelt. Im Schicksal des jeweils anderen Menschen müssen wir unser eigenes erkennen. Doch, müssen wir. Das gehört sich einfach so.

Wussten Sie übrigens, daß ein richtiger Nürnberger lieber Fünfter wäre, als Fürther? Was heißt das? – Klar, daß er empathisch ist. Er bedauert den Fürther so sehr, daß er in aller Demut vor dessen Schicksal lieber Fünfter werden würde, anstatt schamlos über den Fürther zu lachen. Das zeigt auch, daß man nicht unbedingt gebildet sein muß, um zu wissen, wann sich Gelächter verbietet. Schließlich heißt die Hochschule Universität Erlangen-Nürnberg und nicht Universität Nürnberg-Erlangen. Obwohl es ungefähr sechs Mal mehr Nürnberger gibt, die lieber Fünfter als Fürther wären, als es Erlanger gibt, die sich sowieso immer für die Ersten halten – und lieber Sechsundzwanzigster werden würden, als Forchheimer.

Was hat es also mit diesem „Wir“ auf sich, von dem man bei der „NZZ“ davon auszugehen scheint, daß es sich dafür interessiere, welche Witze karriereschädlicher sind als andere? – Es gibt dieses „Wir“ nicht. Wer sich mit einem „Wir müssen“ oder einem „Wir dürfen nicht“ an mich wendet, etwa in Form eines Zeitungsartikels, mit dem will ich nichts zu tun haben. Ich verbitte es mir, mitgemeint zu sein. So jemand hätte sich selbst auf meine Party eingeladen. In welcher Weise ich „Wir“ zu sein habe, ist gesetzlich geregelt. Es reicht, daß ich das hinzunehmen habe. Es gibt kein Gesetz, das es mir verbietet, über gewisse Witze zu lachen. Jeder weitere Gedanke dazu ist überflüssig.

Ich verbitte mir, mitgemeint zu sein

Viel nachdenken sollte man aber vermutlich über Leute, die sich Gedanken darüber machen, welche Witze „karrierschädlicher“ sind als andere. Daß es solche Witze inzwischen überhaupt gibt, ist das Problem, nicht die Frage, welche das genau sind. Neulich betrat ein Blinder den Fahrstuhl, wähnte sich dort allein, räusperte sich und spuckte seinen Auswurf einem Contergangeschädigten auf die Füße, der sich darüber empörte und ankündigte, er werde dem Blinden eine reinhauen, wenn er sich so etwas nur noch einmal erlauben sollte. Worauf der Blinde antwortete, das wolle er sehen.

Blind zu sein stellt sich derjenige schrecklich vor, der sein ganzes Leben lang sehen konnte. Stevie Wonder likes white girls. Keine Arme zu haben muß ebenfalls schrecklich sein. Es ist aber nicht zu ändern. Es gibt Blinde und es gibt Contergangeschädigte. Es gibt Glatzköpfige und Frauen mit Bart. Und es gibt Heiko Mass, immer gut für einen kleinen Witz. Im Grunde genommen ist jeder für sich genommen eine kleine Minderheit. Irgendetwas lächerliches hat jeder an sich. Natürlich ist es witzig, wenn einer Zeitung insofern ein „Lapsus“ passiert, als daß sie – wie geschehen – titelt: „Jens Spahn nahm den Hintereingang„. Warum lacht man, wenn man so etwas liest? Vor Mitgefühl mit Jens Spahn! Der arme Mann war bei einer Menge von Leuten vor dem Vordereingang so unbeliebt, daß es sicherer für ihn gewesen ist, den Hintereingang zu nehmen. Da möchte man – pardon – „nicht in Spahns Haut stecken“. Und weil die Vorstellung schrecklich ist, befreit man sich vom eigenen Entsetzen mit einem Lacher. „Jens Spahn nahm den Hintereingang“ ist ein verdammt guter Witz, der das Leben erleichtert. Man hat es nämlich nicht leicht mit Jens Spahn. Leichter hätte man es vielleicht, wenn er den Hinterausgang nähme. Das ganze Leben ist nur zu ertragen, wenn man die komischen Seiten zu entdecken versucht. Das ist ganz einfach in der Realität. Realität ist z.B., daß es nicht die Speisekarte gewesen ist, die Angela Merkel im Plenarsaal gelesen hat, bevor sie in der Nase popelte.

Die politisch-korrekten Witzwächter entlarven sich ja außerdem selbst. Ihren Haß zöge sich zu, wer einen Witz über einen schwulen Fußballer machen würde, ihr Gelächter würde er ernten für die Formulierung „Hitler, die schwule Sau“. Dann würden sie milde den fast zärtlichen Einwand bringen, daß Hitler gar nicht schwul gewesen sei. Ich wäre mir da nicht so sicher. Eine Rolle würde es sowieso nicht spielen.

Es gibt keine überflüssigen Witze

Es gibt ein Foto, das ich nie wieder vergessen werde, so geht es mir seit Jahren nach. Ein ausgemergeltes Kleinkind kauert auf dem staubigen Boden in der Dürre der afrikanischen Savanne, in einiger Entfernung sitzt geduldig ein Geier. Du weißt, daß das nur eines von vielen Kindern ist, die keine Chance auf ein Überleben haben. Du möchtest nur noch schreien und die ganze Welt verfluchen. Ändern kannst du es nicht. „Warum haben diese Kinder so dicke Bäuche und so dünne Ärmchen? – Viel fressen, wenig arbeiten.“ Und dann diese kleingeistigen Klugscheißer, die sich empören über dich und behaupten, du seist ein Zyniker, der kein Herz hat. Dabei hättest du nur ein großes Herz in deiner Machtlosigkeit und kannst es nicht ertragen. Viel fressen, wenig arbeiten: Es ist so zum Heulen, daß es zum Lachen ist. Oder umgekehrt.

Sie sind überlebensnotwendig in einer Welt, die absolut nicht zum Lachen ist. Die Kleingeister, die einem erklären wollen, worüber man lachen darf und worüber gefälligst nicht, sind deswegen welche, weil sie sich nie von außen als in der Welt stehend betrachten, sondern immer nur die Welt aus ihrem eigenen Inneren heraus, wie durch Schießscharten. Absolut alles beziehen sie auf sich. Es gehört ihnen auch alles. Mein gmx, mein Möbelhaus, meine Apotheke, meine Zeitung, mein Sender – und „gefällt mir“ als Info für alle anderen.

Man muß absoluter Anthropozentriker sein, um überhaupt auf die Idee zu kommen, daß es Witze geben könnte, die verboten gehören. Anthropozentrismus ist nebenbei bemerkt auch der Grund dafür, daß es jemand für möglich hält, der Klimawandel könnte menschengemacht sein und daß der Mensch „die Viren“ besiegen kann. Diese ganze politisch-korrekte Mischpoke, inzwischen gar noch „woke“ geworden, ist nichts anderes als der Beweis dafür, daß dieses „Wir“, von dem sie ständig schwafelt, allenfalls noch als kollektive Degenerationserscheinung der akulturellen Art zu verstehen sein kann. Ein grenzenloser Hochmut ist das, was aus ihnen spricht. Und ich hasse dieses verblasene Pack. Mir geht es nicht gut dabei. Kein Witz.

Einen karriereförderlichen Witz habe ich aber noch: Wie sind die Idealmaße des Ehemannes? – 80 – 40 -60: 80 Jahre alt, 40 Grad Fieber, 60 Millionen auf dem Konto. Und wenn man ihn in ein Faß mit Salzsäure steckt, dann ist er ein gelöstes Problem. Schenkelkopfer auf die Zellulitis! Der Vorteil dieser Art von Witzen ist, daß keine der Frauen, die sie erzählen, sich angesichts ihrer Fragen zur Karriereschädlichkeit von Neger- oder Transsexuellen-Witzen den Kopf zerbrechen muß darüber, ob sie vielleicht die mickrigste und denkbehindertste Kleingeistin unter der Sonne ist. Blond, wahrscheinlich. Gut, daß es Männer wie mich gibt. Die wissen, daß es so ist. Ich weiß übrigens auch, warum ich keine Zellulitis bekomme: Weil es beschissen aussieht.

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