Es geht um die Frage, ob der Bundesrat mit den notrechtlichen Kompetenzen aus der ausserordentlichen Lage weiterregieren darf.
Das dringliche «Covid-19-Gesetz» ist zwar nur noch bis Ende Jahr in Kraft, aber bis 2031 «gültig». «Die Behörden verheimlichen damit einen unangenehmen Fakt», sagte Michael Bubendorf, Mediensprecher der Freunde der Verfassung an der heutigen Medienkonferenz in Bern. «Das Grundgerüst des Gesetzes bleibt bestehen. So können Regierung und Parlament das Gesetz als Baukasten nutzen, um mit jeder Session neue Verschärfungen und Änderungen einzubringen. Für die nächsten 10 Jahre!»
Falls das Gesetz am 13. Juni angenommen wird, ist eine Verlängerung wahrscheinlich. Zum Einen wollte der Bundesrat zuerst eine Gültigkeit bis Ende 2022, musste angesichts der Opposition aber zurückkrebsen. Zum Andern hat er sich nie öffentlich verpflichtet, die vorgesehene Geltungsdauer auch zu respektieren. Zudem ist das Gesetz seit seinem Inkrafttreten im September 2020 bereits zweimal erheblich umgebaut und ergänzt worden. Eine Verlängerung erfordert die Zustimmung von National- und Ständerat, die dem Bundesrat in Pandemiefragen immer gefolgt sind.
Was uns da alles ins Haus stehen könnte, zeigte Nicolas Rimoldi mit einer eindrücklichen Auflistung all der Verfassungsartikel, die im bisherigen Verlauf der Pandemie «verletzt oder gebrochen» worden seien:
Art. 3 Die Kantone sind souverän
Art. 5. Abs. 2 Verhältnismässigkeit staatlichen Handelns
Art. 7 Menschenwürde
Art. 8 Abs. 1 Rechtsgleichheit
Art. 9 Schutz vor Willkür
Art. 10 Bewegungsfreiheit und Recht auf persönliche Freiheit
Art. 11 Schutz der Kinder und Jugendlichen
Art. 13 Schutz der Privatsphäre
Art. 14 Recht auf Familie
Art. 15 Ausübung der Glaubensfreiheit
Art. 16 Meinungs- und Informationsfreiheit
Art. 17 Medienfreiheit
Art. 19 Anspruch aufGrundschulunterricht
Art. 21 Kunstfreiheit
Art. 22 Versammlungsfreiheit
Art. 23 Vereinigungsfreiheit
Art. 24 Niederlassungsfreiheit
Art. 26 Eigentumsgarantie
Art. 27 Wirtschaftsfreiheit
Art. 31 Freiheitsentzug
Art. 34 Politische Rechte.
«Erpresserisch» finden die Verfassungsfreunde die Verknüpfung von Pandemiemassnahmen mit Fördergeldern zur Linderung deren Folgen. Sie betonen, dass sich ihr Referendum nicht gegen die Unterstützung der Pandemiegeschädigten richte, die mit einem eigenen Gesetz oder mit Bundesbeschlüssen sichergestellt werden solle. Eine Motion dazu wurde bereits im Nationalrat eingereicht.
Mit diesem Sujet gehen die Verfassungsfreunde in den Abstimmungskampf.
Weitere Informationen:
- https://covidgesetz-nein.ch/de
- https://verfassungsfreunde.ch/de
- Live-Stream der Medienkonferenz der Verfassungsfreunde vom 15.4.2021 (Beginn ab 8:50) https://www.youtube.com/watch?v=sTYhi_syt4s