Horst D. Deckert

Mehr zu Zahlensendern

Zu meinem Text über die End-zu-End Verschlüsselung habe ich mehrere Zuschriften bekommen. Dazu habe ich mir noch selbst ein paar weitere Gedanken gemacht, auf die ich im folgenden kurz eingehen möchte.

 

Wer hats erfunden?

 

Ein gelernter DDR-Insasse schrieb mir, dass ich mit meiner Idee gar nicht so weit daneben lag. Als Funker bei der NVA lernte er ein ähnliches Verschlüsselungssystem kennen. Dabei waren vorgefertigte Befehle in einer Sprechtafel genannten Tabelle verzeichnet, deren Spalten und Zeilen jeweils wie beim Schachbrett durchnummeriert waren. Die Übertragungsmethode wurde für taktische Feldbefehle verwendet, wobei die Verschlüsselung über eine Verschiebung der Nummerierung der jeweiligen Spalten und Zeilen erfolgte.

Erfunden wurde das System nicht von der DDR, die es bis 1989 verwendete, sondern in Großbritannien. Die Funktionsweise bei den Briten war die selbe, wobei diese im Zweiten Weltkrieg mit der Verwendung der Methode begannen und irgendwann im Kalten Krieg auf etwas anderes, vermutlich elektronisches, umgestiegen sind.

Relativ zur Bedeutung der verschickten Befehle und den Möglichkeiten des Feindes für deren Abhören scheinen die Sprechtafeln recht sicher gewesen zu sein. Negativ ist die geringe Anzahl von 100 Befehlen auf der Tafel, so dass theoretisch (also mit Beobachtungsmöglichkeit der Feindbewegungen) in kurzer Zeit herausgefunden werden konnte, welche Nummerierung gerade aktuell ist.

 

Einzelne Buchstaben oder Wörter chiffrieren

 

Eine weitere Zuschrift beschäftigte sich mit der Frage, ob es nicht ausreichen würde, die Buchstaben und Ziffern beliebig zu vertauschen. Meine Laienbewertung wäre, dass man es durchaus so machen kann, zumal die von Julius Cäsar verwendete Chiffriermethode in etwa so funktioniert hat.

Der Nachteil bei einer solchen Beschränkung besteht in der geringen Anzahl an möglichen Variationen. Ähnlich wie bei Anagrammgeneratoren müsste man lediglich alle Möglichkeiten auflisten und dann jene heraussuchen, die am meisten Sinn ergibt. Im Zeitalter von Computern ist das keine große Aufgabe mehr.

Wesentlich sicherer, aber immer noch knackbar wäre die Chiffrierung von einzelnen Wörtern. Allerdings gäbe es auch bei dieser Variation zu wenige Möglichkeiten, da de deutsche Sprache nicht mehr als 30.000 Wörter umfasst, von denen nur ein kleiner Prozentsatz alltäglich verwendet wird.

Eventuell würde die Komplexität groß genug, wenn sämtliche grammatischen Variationen berücksichtigt würden. Zumindest auf Deutsch wäre dann wahrscheinlich eine ausreichende Anzahl an Möglichkeiten gegeben. In anderen Sprachen wie etwa Englisch mit wesentlich weniger grammatikalischen Variationen wäre es aber vermutlich dennoch zu wenig für eine umfassend sichere Kommunikation.

 

Wären Satzteile das geeignetste?

 

Möglicherweise liegt das Optimum zwischen einzelnen Wörtern und ganzen Sätzen. Satzteile, einzelne Versatzstücke oder beliebige Wortfolgen aus drei oder vier Wörtern gibt es genügend, um die Wahrscheinlichkeit auf quasi Null zu drücken, dass jemand dahinter kommt, was die einzelnen Zahlen bedeuten. Des weiteren bieten sie eine sehr große Vielfalt für Formulierungen und sind vermutlich auch wesentlich schneller durchforstet.

Das Problem bleibt aber auch hier bestehen, dass die Sicherheit letztlich an der Sprachvariabilität des Senders gemessen wird. Werden bestimmte Formulierungen zu oft benutzt, dann ergibt sich eine zu hohe Regelmäßigkeit bei der chiffrierten Zahlenfolge. Beim Abhören würde das zwangsläufig zu einer korrekten Annahme über den Sender führen.

Alles in allem bieten vermutlich nur ganze vorgefertigten Sätze eine ausreichende Sicherheit. Einzelne Buchstaben müssten dennoch Teil des Katalogs werden, weil, wie noch ein Leser einwandte, man sonst keine URLs und natürlich auch nicht irgendwelche unübliche Eigennamen oder Akronyme verschicken kann.

So, damit wäre dann alles geklärt. Jetzt brauchen wir nur noch jemanden, der das in die Praxis umsetzen kann. 🙂

Quelle Titelbild

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