Horst D. Deckert

Nach der Impfung mit dem Biontech/Pfizer-Impfstoff: Neun Tote in Luzerner Altersheim

Für die Bewohner des Alterswohnheims Bodenmatt in Entlebuch hätte das neue Jahr kaum schlechter beginnen können. Zwischen dem 12. Januar und dem 8. Februar 2021 starben insgesamt neun Bewohner des Altersheims.

„Mehrere Bewohner hatten sich anfangs Januar mit Covid-19 infiziert. Einige starben am Virus“, sagt Heimarzt Adam Krol auf telefonische Anfrage von Corona-Transition. Am 3. Januar 2021 machte das Heim dicht. Besuche waren fortan für drei Wochen nicht mehr möglich. Die letzten Lebenstage mussten die Bewohner alleine verbringen.

Die Todesfälle werfen Fragen auf: In den Monaten vor Weihnachten blieben die Heimbewohner vom Coronavirus verschont. Besuche waren erlaubt. Dies änderte sich nach Impfbeginn Ende Dezember.

Mehrheit wurde geimpft

Plötzlich ging alles sehr schnell. Am 11. Januar verstarben die ersten zwei Bewohner. Weitere folgten am 12., 14., 19., 22., 27. Januar sowie auch am 3. und 8. Februar. Die Verstorbenen waren zwischen 70 und Mitte 90 Jahre alt.

Mehrere Angehörige der Verstorbenen bestätigten gegenüber Corona-Transition, dass zumindest ein Teil der Verstorbenen in den Tagen zuvor geimpft wurde. Über die Todesfälle zeigten sie sich schockiert. Dies auch, weil es den Verstorbenen bis vor kurzem noch den Umständen entsprechend gut gegangen sei.

„Rund 80 Prozent der Bewohner des Altersheims erhielten Ende Jahr die erste Dosis des Pfizer/Biontech-Impfstoffs“, sagt eine Angehörige einer Verstorbenen, die anonym bleiben möchte. Laut ihrer Aussage sei davon auszugehen, dass mindestens die Hälfte der verstorbenen Bewohner geimpft wurde. „Ich weiss von mindestens drei verstorbenen Personen, denen das Vakzin verabreicht wurde“, sagt sie weiter.

Widersprüchliche Aussagen

Etwas anderes sagt Heimarzt Krol. Auf die Frage, wie viele der Verstorbenen zuvor die Biontech/Pfizer-Impfung erhalten hatten, entgegnet Heimarzt Krol zunächst: „Bei den verstorbenen Personen handelte es sich um nicht geimpfte Bewohner.“

Daraufhin hakten wir erneut nach und konfrontierten den Heimarzt mit den Aussage der Angehörigen. Auf die Frage, ob er mit 100-prozentiger Sicherheit sagen könne, dass keiner der Verstorbenen zuvor geimpft worden sei, relativiert er.

„Möglich ist es, dass es unter den Verstorbenen tatsächlich auch Geimpfte hat.“ Wer geimpft wurde und wer nicht, das könne er nicht mehr genau sagen. Verantwortlich für die Impfungen sei ein mobiles Impfteam des Luzerner Gesundheitsdepartements gewesen. Welche Bewohner geimpft wurden und welche nicht, darüber wisse letztlich das Heim Bescheid.

Altersheim schweigt

Das Altersheim selbst übt sich im Schweigen. Geschäftsführer Pius Setz nahm weder auf telefonische noch auf schriftliche Anfrage von Corona-Transition Stellung. Wir wollten vom Altersheim unter anderem wissen, wie viele verstorbene Bewohner zuvor geimpft wurden und ob das Heim wegen den Todesfällen die Impfpraxis änderte. Zudem wollten wir wissen, ob das Altersheim die Todesfälle an die zuständigen Behörden gemeldet hat – darunter auch an die Swissmedic, die Zulassungs- und Kontrollbehörde für Heilmittel in der Schweiz.

Letzteres ist gemäss Heimarzt Krol geschehen. Die Swissmedic selbst gibt dazu keine Auskunft, ob sie über die Vorfälle in Entlebuch informiert wurde. „Wir können Ihnen leider keine Auskunft über gemeldete Todesfälle aus dem Kanton Luzern geben, da die Meldungen anonym bei uns gespeichert werden“, sagt Danila Feldmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin von Swissmedic.

Nicht nur das Altersheim selbst verzichtet auf jegliche Kommunikation. Auch sonst herrscht grosse Angst vor, ein falsches Wort zu sagen. Personen aus der Region, die über die Vorfälle Bescheid wissen, wollten sich auch nach mehrfacher Anfrage nicht äussern.

Staatsanwaltschaft nicht informiert

Die Staatsanwaltschaft Luzern wurde nicht über die Todesfälle informiert. „Die Staatsanwaltschaft hat keine Untersuchungen diesbezüglich im Altersheim Bodenmatt in Entlebuch geführt. Wir hatten keine Meldungen von einem aussergewöhnlichen Todesfall (AGT)“, sagt Simon Kopp, Mediensprecher der Luzerner Staatsanwaltschaft, auf Anfrage.

Unter einem AGT versteht man einen nicht natürlichen Tod, der beispielsweise auf Gewalt zurückzuführen ist. Oder auch einen unklaren Tod, der plötzlich und unerwartet auftritt und bei dem äusserlich nichts auf Gewalt hindeutet, ein gewaltsamer Tod aber nicht auszuschliessen ist.

Obduktionen sind angebracht

AGTs sind der Staatsanwaltschaft mitzuteilen. Das bestätigt das Luzerner Gesundheitsdepartement. „Ob es sich um einen AGT handelt, entscheidet der Arzt. Die Dienststelle Gesundheit und Sport (DIGE) wird nicht informiert.“ Laut Ulrich Zollinger, emeritierter Professor und Facharzt für Rechtsmedizin, liegt im vorliegenden Fall gemäss der Definition der Strafprozessordnung kein AGT vor. Dies, weil eine Impfung keine strafbare Handlung sei. Zollinger hält aber auch fest:

„Aber ich fände es in einer solchen Situation angebracht, wenn seitens der Gesundheitsbehörde und des Kantonsarzts Obduktionen zur Klärung der Todesursache und damit zum allfälligen Zusammenhang zwischen Impfung und Tod angeordnet würden.“

Meldepflichtig

Ärzte sind laut der Arzneimittelverordnung verpflichtet, schwerwiegende und unerwünschte sowie auch bisher nicht bekannte Arzneimittelwirkungen an Swissmedic zu melden. Todesfälle nach Impfungen sind der Swissmedic rasch zu berichten. „Solche müssen bis spätestens 15 Tage nach Ereignis an Swissmedic gemeldet werden“, schreibt Alex Josty, Mediensprecher der Swissmedic.

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