Die seit 2019 laufende Großübung „Defender Europe“ im Mai findet wieder in Osteuropa statt; merkwürdigerweise schon wieder an der europäischen Grenze zu Russland. „Hierzu werden von 7. Mai bis 21. Juni die Verlegungen der teilnehmenden US-Streitkräfte auf der Straße und per Eisenbahn, von Deutschland über Österreich nach Ungarn sowie nach Slowenien und retour, stattfinden.“ so das Österreichische Bundesheer in einer Presseaussendung.
Von Franziska Bernhard
„Defender“ ist ein Großmanöver mit internationaler Truppenbeteiligung, das wechselseitig sowohl in Osteuropa als auch im Pazifikraum stattfindet – beides sind Regionen von äußerst sensibler geostrategischer Bedeutung. Während im Pazifik wichtige Handelsrouten verlaufen und die chinesische Expansion immer mehr versucht die Kontrolle über die Gewässer zu erlangen, hört man an der russischen Grenze im Baltikum immer lauteres Säbelrasseln. Warum nämlich sollten Manöver in möglicherweise künftigen Krisenregionen stattfinden? Und warum ist der Zweck der „Defender“-Übungen die Probe von Verlagerungen großer Mengen von Truppen und Material?
Serbien nimmt nicht teil
Interessant ist übrigens der Aspekt, dass ausgerechnet Serbien an dem Säbelrasseln gegen Russland nicht teilnehmen wird. Dafür aber fünf von insgesamt sechs Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien, womit Serbien zumindest bezogen auf das Manöver faktisch eingekesselt ist und als einzige Nation auf dem gesamten Balkan seine Teilnahme verweigert. Das kann durchaus als subversive Drohung gegen Serbien interpretiert werden, das sich übrigens weiterhin auch weigert, der NATO beizutreten. Als besondere Provokation dürfte das Land jedoch empfinden, dass ausgerechnet der völkerrechtlich nicht überall anerkannte Kosovo am US-geführten Manöver teilnimmt.
Corona-Spektakel: Krieg spielen geht trotzdem
Trotz des weitreichenden Lockdowns findet die Übung übrigens trotzdem statt. Ob dabei Mindestabstände eingehalten und Masken getragen werden, mag bezweifelt werden, zumal gerade den Amerikanern das Corona-Spektakel herzlich egal ist. Österreich blockiert für die Durchfahrt der Truppen – auch mit schwerem Gerät wie Panzern – sogar eigene Fahrspuren und öffnet die Grenzübergänge.
Deutschland unterwürfig
Auch die Nachbarrepublik Deutschland hat scheinbar sämtliche Regeln für das Großmanöver ausgesetzt. Weder das Parlament wurde darüber informiert, dass sich fremde Truppen über deutschen Boden bewegen, noch ist hierbei überhaupt eine besondere Transparenz angestrebt. Ganz im Gegenteil gibt man sich unterwürfig und betont „die wichtige Rolle der USA an der Seite des transatlantischen Partners.“
Neutralität am Ende
Inwieweit sich diese weitreichenden Erlaubnisse für fremdländische Truppenbewegungen als auch die aktive Teilnahme an NATO-Manövern mit dem österreichischen Grundsatz der militärischen Neutralität vereinbaren lässt, ist mehr als fraglich.
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