Horst D. Deckert

„Political Correctness“-Wahn zieht in Entenhausen ein – Comic-Klassiker rückwirkend durchforstet

Dass die Sprache eine ständige Wandlungen durchläuft war wohl immer so. Und auch Ausdrücke die früher als normal und nicht anstößig empfunden wurden, verschwinden aus dem heutigen Sprachgebrauch. So wurde etwa aus dem „Zigeuner“ ein „Roma“ und nachdem der auch nicht mehr sonderlich gut beleumundet ist, empfiehlt es sich für den politisch korrekten Zeitgenossen, sich der aktuellen und amtsdeutschen Bezeichnung „Rotationseuropäer“ für Angehörige dieser Volksgruppe zu befleißigen, wie es etwa die FAZ in vorbildlicher Weise praktiziert.

 

So weit so gut und fortschrittlich. Bedenklich wird die Sache nur, wenn unser wunderbarer offener, toleranter und bunter Zeitgeist rückwirkend angewendet wird, oder anders gesagt, angewendet werden muss. Das erinnert an das orwellsche „Wahrheitsministerium“, wo auch die Vergangenheit dementsprechend „korrigiert“ wurde. Und genau das findet aktuell in Entenhausen statt.

Die seinerzeit entstandenen Geschichten um Donald Duck, seinen drei Neffen, Tick, Trick und Track und dem reichen Onkel Dagobert, wurden von Erika Fuchs (1906–2005) in einer einzigartigen Form ins Deutsche übertragen. Fuchs wurde dafür mit einem Comic-Museum von deren Wohnort geehrt, eine Gesamtausgabe der Comics lag in insgesamt 30 Leinenbänden vor.

Seit zwei Jahren wird nun diese Ausgabe des derzeitigen Rechtsinhaber Egmont Ehapa in Form der Serie „Lustige Taschenbuch Classic Edition“ vermarktet. Und damit das nicht gar zu lustig ausfällt, enthält die Edition (ab Band 9) den Warnhinweis:

„Die hier abgedruckten Geschichten sind reine originalgetreue Nachdrucke in ihrer ursprünglichen Übersetzung, die zum Teil nicht den heutigen Zeitgeist widerspiegeln.“

Wer hätte sich das gedacht! Die Familie Duck spiegelte in den 40er, 50er, und 60er Jahren nicht den heutigen Zeitgeist wider – waren die womöglich „Nazis“?

Und ab Band 10 der Edition geht es dann los: Aus den „originaltreuen Nachdrucken“ werden adaptierte Versionen, aus dem Schwein „Fridolin Freudenfett“ wird etwa ein „Friedolin Freundlich“ (Original aus „Walt Disney’s Comics and Stories“ Nr. 179 von 1954: „Porcmuscle“), berichtet die FAZ. Offensichtliche will man Fettleibige nicht „beleidigen“, wenn von einem fetten Schwein die Rede ist.

Erika Fuchs einst geniale freie Übersetzungen der geliebten geliebten Klassiker werden von Band zu Band immer mehr verändert, „um keinen Anstoß zu erregen“, so die STUTTGARTER ZEITUNG.

Je „fortschrittlicher“ der Zeitgeist desto mehr sind die Zensoren nicht mehr zu bremsen. So werden zuletzt in Band 12 (April 2021) 109 (!) Sprechblasen „nachgebessert“ und für den toleranten und sensiblen Leser von heute entschärft. Beispiel:

Aus den Original

„Willkommen sind die Bleichgesichter am großen Ratsfeuer der Zwergindianer! Laßt uns die Friedenspeife mit ihnen rauchen“

wird dann

„Willkommen sind die Femdlinge am großen Ratsfeuer unseres Volkes! Lasst uns die Friedenspfeife mit ihnen rauchen“.

Besteht nicht da erneut Nachbesserungsbedarf? Darf man denn „Fremdling“ oder „Volk“ noch sagen? Gut möglich, dass es in ein paar Jahren, wenn diese grundgesetzwidrige Entwicklung so weitergeht, aus volkpädagogischen Gründen heißen könnte „Willkommen sind die Schutzsuchenden bei denen, die schön länger hier leben! Lasst uns in den multikulturellen Dialog treten“. Oder wird man in letzter Konsequenz solche und andere Klassiker gleich „dem Feuer übergeben“, wie vor bald 90 Jahren bereits von den Brüdern im Geiste der heutigen Zensoren praktiziert.


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