Horst D. Deckert

Risikofreie Forschung am Limit? Russland tritt dubioser WEF-Initiative bei

Vor zwei Wochen teilte die russische Regierung auf ihrer Webseite offiziell mit, sie werde mit Wirkung zum 15. Oktober dem vom Davoser Weltwirtschaftsforum (WEF, Gründer Klaus Schwab) 2018 ins Leben gerufenen Centre for the Fourth Industrial Revolution beitreten. Russland ist damit das 15. Land, das sich dieser Initiative anschließt. Deren Ziel ist – eigenen Angaben zufolge – die „Maximierung der Vorteile neuer Technologien“ bei gleichzeitiger „Vermeidung aller potentiellen Risiken.“

Es klingt wie eine vereinfachte Zusammenfassung des Businessplans der Impfhersteller: Forschen und Experimentieren ohne ethische Skrupel – bei politischer Haftungsfreistellung. Diese Zielsetzung entspricht zunächst einmal dem heutzutage unvermeidlichen utopischen Getöse, wie es sich auch in anderen Vorhaben der EU oder UNO findet. Tatsächliche oder angebliche Herausforderungen der Zukunft sollen in enger Zusammenarbeit von Regierungen, ausgewählten Konzernen und Experten aus verschiedenen Bereichen erkannt und gemeistert werden. Das WEF hat wie so oft ein aufwändiges Präsentationsvideo für dieses Projekt herausgegeben, wo Klaus Schwab und andere Multimillionäre ihre Visionen beschreiben.

Entsprechend stellt WEF-Präsident Børge Brende in der oben erwähnte Quelle dann auch fest, dass schnelle technologische Entwicklungen unsere Gesellschaften und Sozialsysteme erschüttern würden. Um diesen Wandel zu managen, sei „koordiniertes, impact-orientiertes Handeln“ nötig. Da ist Moskau mit seiner gelenkten Demokratie natürlich die ebenso passende wie verlockende Adresse.

Die Leitung des Centers in Moskau geht an die Non-Profit-Organisation ANO Digital Economy. Vize-Premierminister Dmitry Chernyshenko, der den russischen Beitritt unterzeichnete, definierte als dessen Hauptzweck ein gesteigertes internationales Bewusstsein über Russlands Platz in der „global expert community“  und den Austausch von Erfahrungen und Wissen mit dem WEF und dessen weltweiten Partnern. Bereits im nächsten Jahr wolle man Projekte unter anderem im Bereich künstliche Intelligenz und dem Internet der Dinge vorantreiben. Hier haben sich wohl zwei gesucht und gefunden.

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