Horst D. Deckert

Süddeutsche Zeitung: Die arme Frau Baerbock

Allerweil heißt es, die Beliebtheitswerte der grünen Kanzlerkandidatin, Frau Annalena Baerbock, seien bereits hinter die von Armin Laschet und sogar hinter die von Olaf Scholz zurückgefallen. Und bei der „Süddeutschen Zeitung“ weiß man auch, woran es liegt. Es ist der Hass auf Frauen.

von Max Erdinger

Schreibt man „Hochstapler:in“ oder „Hochstapelnde“? Ich weiß es nicht. Wenn es nach der „Süddeutschen Zeitung“ geht, ist das auch ziemlich egal, wenn es um Frau Annalena Baerbock geht, die grüne Kanzlerkandidatin. Verantwortlich für deren rapide sinkende Beliebtheitswerte sind nämlich nicht die Aufschneidereien in ihrem inzwischen elf Mal geänderten Lebenslauf, sondern der patriarchale Hass auf Frauen, die sich etwas zutrauen. Das hat auch eine Frau herausgefunden, die Kolumnistin Jagoda Marinić nämlich.

Sie schrieb vor zwei Tagen erst: „Seit Annalena Baerbock ihre Kandidatur für das Kanzleramt bekannt gegeben hat, zeigt sich jeden Tag, wie verbreitet Frauenhass noch ist – und wie eine ambitionierte Frau das Gefüge des Patriarchats allein dadurch stört, dass sie sich die Spitze zutraut.

Da erweitert sich das orthografische Mysterium um „Hochstapler:in“ oder „Hochstapelnde“ sogleich. Schreibt man „Sandfrauchen“ oder „Sandstreuende“, wenn es um die kolumnierende Frau Jagoda Marinić und die Augen ihrer Leser geht?

Das offene Messer der Realität

„Jemanden ins offene Messer laufen lassen“, ist eine deutsche Redewendung, die jenen Schrecken verdeutlicht, der immer dann Resultat einer Begebenheit wird, wenn der gütige Patriarch nicht darauf aufpaßt, daß eben niemand ins offene Messer rennt. Unter denen, auf denen der gütige Patriarch sein weises Auge ruhen läßt, könnnen sich auch Frauen befinden. Genauer: Meistens sind es Frauen, um deren Schutz vor offenen Messern sich der Patriarch besonders sorgt, weil er voraussetzt, daß die anderen Patriarchen Gefahren durch offene Messer selbst identifizieren können. Was die kolumnierende Frau Jagoda Marinić in der „Süddeutschen Zeitung“ angeht, sorgt sich der treue Patriarch ganz besonders – und plädiert dafür, ihr zur Sicherheit vor den Folgen ihrer Befreiung vom Patriarchat alles wegzunehmen, womit sie sich an die Öffentlichkeit wenden könnte. Das geht vom einfachen Bleistift und dem dazugehörigen Zettel bis hin zu jener Tastatur, auf welcher sie vermutlich ihre Kolumnen tippt. Auch Smartphones, Tablets und Mikrofone aller Art sind nichts anderes als „offene Messer“ für die deutsch-kroatische Schriftstellerin und Kolumnistin. Alle diese Gegenstände sind geeignet, zum Nachteil von Frau Jagoda Marinić eine Wirkung zu entfalten, bei der die Kolumnierende der „Süddeutschen Zeitung“ im günstigsten Fall „dumm dasteht“, im schlimmsten Fall aber als abgefeimte Lügenbold:in.

Ja-ja, es ist leider so: Mit der Befreiung vom Patriarchen haben viele Frauen jenen Schutzpatron verloren, der sie davor bewahrt hätte, in der Öffentlichkeit als lächerliche Figuren wahrgenommen zu werden, was zweifellos derartig von Nachteil für die befreiten Frauen ist, daß nicht einmal Anmut & Liebreiz noch dazu geeignet sind, die bedauerlichen Folgen ihres exhibitionistisch zur Schau gestellten Mangels an Urteilskraft kompensatorisch aufzufangen. Der gütige Patriarch kann sich noch nicht einmal mehr schöne Frauen schönreden, wenn sie erst einmal den Mund aufgemacht haben. Von mittelschönen Frauen gar nicht erst zu reden. Das ist doppelt tragisch, weil es hier um Frau Annalena Baerbock geht. Und daß „genereller Frauenhass“ Ursache für ihre abstürzende Beliebtheit sein soll. Womit es dann auch um jene Frau Jagoda Marinić geht, die solches behauptet, obwohl sie ganz gut aussähe, wenn sie nur das Schreiben bleiben lassen würde.

Einschub

Sollten Ihnen meine Zeilen bis hierhin als eine derartige Unverschämtheit vorgekommen sein, daß Sie mich mit negativer Konnotation als einen Chauvinisten und Sexisten bezeichnen wollen, kann ich nur empfehlen, daß Sie in sich gehen, um herauszufinden, wie weit Sie sich bereits ideologisch von einer realistischen Haltung entfernt -, resp. sich per medialem Dauerbombardement von Ihrem natürlich-intuitiven Urteilsvermögens entlang Ihrer eigenen Lebenserfahrung haben entfernen lassen. Darum geht es ja bei jeder Ideologie: Daß Sie verinnerlichen sollen, Ihre eigene Wahrnehmungskraft sei ungeeignet, sich ein realistisches Bild zu machen. Der Feminismus ist eine Ideologie. Genau genommen ist er in seinem ganzen parteilichen Subjektivismus der dümmste und daher auch gefährlichste Baustein innerhalb einer egalitaristischen Generalideologie. Halten Sie es bitte für möglich, daß sowohl Chauvinismus als auch Sexismus und Rassismus die Resultate einer aufrichtigen, von Ideologen unbeeinflussten Suche nach der Wahrheit sein könnten. Überlegen Sie: Die Behauptung z.B., daß Frauen generell das empathischere, sozialere und vernünftigere Geschlecht seien, wäre ja selbst nichts weiter als eine chauvinistische und sexistische Attitüde Männern gegenüber, die seltsamerweise dennoch als akzeptabel durchgeht.

Die Realität

Es ist nämlich so: In Deutschland haben „wir“ bereits spätestens seit 2005 Erfahrungen damit, was man realistischerweise erwarten darf, wenn man eine Frau nur deswegen „Spitze machen“ läßt, weil die sich das – und weil „man“ ihr das zutraut. Daß Frau Merkel zu einer Heimsuchung werden konnte, die erntetechnisch betrachtet schlimmer ist, als sieben Heuschreckenplagen und fünfzehn Dürrejahre zusammengenommen, liegt ja anerkanntermaßen daran, daß Kriterium für ihren Einstieg in die damals noch vom freiheitlich-demokratischen Grundgedanken getragene Politik das Folgende gewesen war: „Sie ist eine Frau und sie kommt aus dem Osten“. Nur deshalb wurde sie zum „Meinmädchenkohl“. Noch nicht einmal Merkel selbst bestreitet das.

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Wenn man dem Patriarchen, dem verstorbenen Altkanzler Helmut Kohl, unbedingt etwas ankreiden wollte, dann müsste es die Arroganz sein, mit der er unterstellte, daß „Frau“ und „aus dem Osten“ eine Kombi seien, die vor lauter devoter Dankbarkeit für ihre Befreiung von den Patriarchen der SED artig bleiben – und niemals gegen Demokratie und Freiheit putschen wird. Falsch gedacht, Herr Kohl. Es war seit Jahrzehnten die Annahme der Irrtum, angesichts der unzähligen männlichen Fehlleistungen in öffentlichen Angelegenheiten bestehe berechtigter Grund zur Hoffnung auf Besserung dadurch, daß man bei der Regelung öffentlicher Angelegenheiten zunehmend auf Frauen setzt. Die Redewendung „vom Regen in die Traufe kommen“ gibt es aber nicht wegen nichts.

Der Realist erwächst im Manne mit der Anzahl seiner Lebensjahre. Das ist eine exclusive Erfahrung des Patriarchen, die nur von anderen Patriarchen mit beifälligem Kopfnicken als realistisch bestätigt werden kann. Weil sie wissen: Es wäre die Ausnahme, welche die Regel bestätigt – und daß es Ausnahmen gibt bei den Frauen. Es gibt schon fähige Frauen. Man müsste sie nur nach anderen Kriterien ausfindig zu machen versuchen als bisher. Daß ein Mensch weiblichen Geschlechts ist, hat sich inzwischen als untaugliches Kriterium für Befähigung herausgestellt. Genauer: Geschlecht als Kriterium für Fähigkeit zu betrachten, führt zu absolut desaströsen Ergebnissen.

Um auf die grüne Canceler:innenkandidierende, Frau Annalena Baerbock zurückzukommen: Daß sie als Canceler:in sozusagen zum letzten Sargnagel für die einst freiheitliche und prosperierende Bundesrepublik werden würde, läge nicht daran, daß sie eine Frau ist, sondern an den wohlwollenden Unterstellungen, die man ihr vor der Wahl allein deswegen gemacht hätte, weil sie eine Frau ist. Sie ist Co-Bundesvorsitzende der Grünen. Eigentlich eine kapitalistisch-gesellschaftsmaoistisch Vorsozende. Daß irgendein grüner Politiker Bundeskanzlerierendes oder Bundeskanzler:in werden könnte, stellt jenen Eisberg dar, auf den die „Titanic Deutschland“ zuschippert. Es droht das maximale Desaster. Das wäre bei einem Herrn Robert Habeck als Canceler:in nicht anders.

Daß Frau Annalena Baerbocks Beliebtheitswerte allerweil in den Keller rauschen, obwohl sie als Hochstapelnde oder Hochstapler:in Frau ist, läßt darauf hoffen, daß der zum Automatismus gewordene Frauenbonus endlich vor seinem Ende stehen könnte. Die lebensläufliche Selbstoptimierung der Frau Annalena Baerbock zeigt, daß mit Frauen eben nicht „mehr Ehrlichkeit“ Einzug in die Politik hält. Daß es dazu erst noch einer Frau Baerbock bedurft haben könnte, ist nach den Erfahrungen mit Frau Angela Merkel, Frau Ursula v.d. Leyen, Frau Katrin Göring-Eckardt, Frau Saskia Esken, Frau Christine Lambrecht, Frau Dr. Franziska Giffey, Frau Claudia Roth, Frau Sawsan Chebli, Frau Annegret Kramp-Karrenbauer und dutzenden anderer Frauen betrüblich genug. Dennoch gilt: Besser zu spät, als nie.

Auch im Journalismus und in der Publizistik hätten es kluge und aufrichtige Frauen leichter, wenn man sie nicht erst unter einem feministischen Haufen von unfähigen, selbstgerechten und selbstgefälligen Kolleginnen ausfindig machen müsste, die wegen nichts anderem als ihrem Geschlecht überhaupt in die Positionen gekommen sind, aus denen heraus sie den Blick auf ihre klugen Kolleginnen verstellen. Eine, die den Blick auf die klugen Frauen verstellt, ist ganz eindeutig Frau Jagoda Marinić, wie die „Süddeutsche Zeitung“ eindrucksvoll bewiesen hat. Daß die Ursache für den Absturz der Beliebtheitswerte von Frau Baerbock einem patriarchalischen Frauenhass geschuldet sei, und nicht ihrer betrügerischen Hochstapelei im Lebenslauf, ist eine wahnsinnige Behauptung, die von ihrem Wahnsinn überhaupt nichts dadurch verliert, daß sie von einer Frau gemacht wird. Ganz im Gegenteil.

Die „Süddeutsche Zeitung“ wird doch wohl nicht auf eine subtile und daher besonders perfide Weise der Frauenfeindlichkeit frönen, etwa dadurch, daß sie Frauen Gelegenheit gibt, sich als urteilsunfähig zu outen? Für den entmachteten, in die Jahre gekommenen, aber gütig gebliebenen Patriarchen wäre solches bei all seiner Kenntnis der Verteilung von geschlechtsbezogenen, tendenziell vorhandenen Inferioritäten und Superioritäten in den verschiedenen Lebensbereichen Grund zur Betrübnis. Schließlich liebt er die Frauen für das, was sie seiner Lebenserfahrung nach sind. Aus demselben Grund hasst er das feministische Gewäsch wie die Pest – samt aller Punzenfiffis und Beischlafbettler, die willfährig darauf hereinfallen, eben weil sie Punzenfiffis und Beischlafbettler sind, die ihre Chancen nicht dadurch minimieren wollen, daß sie sich in Widerspruch üben. Bisher gab es das tatsächlich, was der Autor Georg Friedenberger in seinem bereits 1999 erschienen Buch behauptete: Die „Narrenfreiheit für das weibliche Geschlecht„. Wikimannia: „Georg Friedenberger (* 1941) war zeitweise Mitarbeiter im Bundes­ministerium der Justiz und konnte dort nach eigenen Angaben „aus der Nähe“ mitverfolgen, wie es zu wichtigen einschlägigen „Reformen“ im deutschen Familienrecht kam.“

Nein, es sind tatsächlich Frauen wie Jagoda Marinić, Margarethe Stokowski, Sibylle Berg – um nur drei zu nennen – die mit Penetranz daran arbeiten, alle diejenigen „Vorurteile“ zu bestätigen, die sie eigentlich aus der Welt haben wollen. Sich derartig von solchen urteilsunfähigen Xanthippen in den Rücken fallen zu lassen, haben die klugen Frauen wirklich nicht verdient, weswegen sie der entmachtete Patriarch auch weiterhin verteidigt. Doris Lessing, Esther Vilar, Ayn Rand und etliche andere kluge Frauen haben es nicht verdient, daß man erst einmal den ganzen feministischen Müll beseitigen muß, um sie zu finden. Und die Qualifikation von Annalena Baerbock für das Canceler:innenamt sieht so aus: Verheiratet, zwei Kinder. Verglichen mit „kinderlos geschieden“ ist das nicht einmal schlecht, weil es einigermaßen garantiert, daß wenigstens ein intimer Zugang zum Verstand vorhanden ist. Es reicht halt trotzdem nicht.

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