Horst D. Deckert

Trotz „Corona-Pandemie“: Statistik zeigt wenige Bestattungen in Wien

Eine Statistik, die zurzeit in sozialen Medien kursiert, erweckte das Interesse der Info-DIREKT Redaktion: Angeblich fänden in der Millionenstadt Wien trotz der laut Regierungsmitgliedern „schrecklichsten Pandemie seit 100 Jahren“ nur sehr wenige Beerdigungen statt. Wir haben dies bei der Originalquelle, der Homepage der Bestattung Wien GmbH überprüft. Es stimmt. 

Es ist ein simples Excel-Dokument, welches seit gestern auf Twitter, Facebook und anderen sozialen Medien die Runde macht. Der Titel: „Begräbnisse Wien 1.-21. Dezember“. Als Quelle werden die Wiener Beerdigungsbetriebe „bestattungwien.at“ angeführt. Bestattungsrekord der letzten Jahre wäre demnach 2012 mit etwas über 800 Beerdigungen gewesen, danach fielen die Zahlen ab. Das laufende Jahr wäre nicht besonders herausragend, eher immer noch im allgemein fallenden Trend.

Wo bleibt die Übersterblichkeit?

Ist das denn möglich? Nach all der öffentlichen Panik und den angeordneten Lockdowns und Ausgangssperren muss in Wien ja eigentlich ein schreckliches Sterben vor sich gehen. Bundeskanzler Kurz orakelte ja schon früh im Jahr, dass bald jeder jemanden kennen werde, der an Corona gestorben ist. Hunderttausende Tote wären zu erwarten.

Zahlen weit unter der Erwartung – und hinter vielen Vorjahren

Tatsächlich wurden in Wien im laufenden Jahr vom 1. bis 21. Dezember 638 Personen beerdigt. Wenn man davon ausgeht, dass es auch andere Gründe gibt, in der 1.9 Millionen-Menschen-Stadt Wien zu versterben als Corona, eine recht geringe Zahl. Laut eigenen Angaben bestattet die Bestattung Wien GmbH 55 Menschen pro Tag. Da wären in demselben Zeitraum – ohne Pandemie – also 1.155 Tote zu erwarten gewesen. Berücksichtigt man, dass an Sonn- und Feiertagen nicht beerdigt wird, an Samstagen nur in Ausnahmefällen, hätten es in dem Zeitraum immer noch 825 Personen sein müssen. Diese erwartete Zahl wurde – trotz Pandemie – bei weitem nicht erreicht.

Auch unter Berücksichtigung des Bevölkerungswachstums wenig Beerdigungen

Im Vergleich mit den Vorjahren ist die Zahl der Beerdigungen in Wien recht moderat – speziell wenn man das Bevölkerungswachstum mit einrechnet. Im Jahr 2012 hatte Wien erst 1.717 Millionen Einwohner. Damals beerdigten die Stadtbetriebe 806 Personen im Zeitraum vom 1. bis 21. Dezember. Im Jahr 2016, bei 1.84 Millionen waren 719 Personen zu beerdigen. Es besteht also der begründete Verdacht, dass die „schlimmste Pandemie“ deutlich weniger Menschen dahinrafft als vergangene starke Influenza-Saisonen.  Nur das Vorjahr, 2019, war ein Ausreißer. Da wurden in den ersten 21 Tagen des Dezembers nur 516 Menschen beerdigt.

Statistiken nach Belieben

Je nachdem, welche Zeitung ein Statistiker mit seinen Erkenntnissen beschickt, könnte er nun folgende Schlagzeilen vermelden: „Wien: Todeszahlen im Dezember um 23 Prozent angestiegen“. Das wäre korrekt, wenn man das Jahr 2020 mit dem Jahr 2019 vergleicht. Betrachtet man 2012 könnte man aber auch schreiben: „Wien: Todeszahlen im Dezember um 21 Prozent gesunken“. Wie heißt es so schön: Traue nie einer Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast. Zumindest aber keiner, die du nicht selbst überprüft und nachgerechnet hast.

Ein Stolperstein bei der Interpretation, der der Vollständigkeit halber erwähnt werden sollte: Nicht alle Menschen, die in Wien sterben, werden auch in Wien beerdigt. Allerdings lässt sich aus den Zahlenreihen über die Jahre durchaus ein Trend ableiten. Aktuelle Zahlen gibt es auch hier. Seit August gilt in Österreich übrigens: „Jeder, der im Monat vor dem Tod einen positiven PCR-Test hatte, muss zu den Corona-Toten hinzugezählt werden.“

 

 

 

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