Horst D. Deckert

War Q-Anon eine PsyOps der Gegenseite?

Mit Joe Biden als offiziell eingeschworenem Präsidenten der USA ist es nicht nur vorbei für Trump und der von ihm angeführten populistischen Revolte. Auch die Strukturen, die ihn trugen bekamen einen herben Schlag ab, so dass es zweifelhaft ist, ob das globalistische (und von Rotchina gesteuerte?) Establishment noch einmal von der Macht verdrängt werden kann.

Ein wichtiger Pfeiler hinter der Revolte war das Netzwerk der Q-Anon Verschwörungstheoretiker. Eine mysteriöse Quelle aus der Nähe des Präsidenten veröffentlichte regelmäßig kryptische Botschaften, die suggerieren sollte, dass Trump nur die sichtbare Oberfläche einer weit größeren Operation darstellt, um den Tiefen Staat weltweit in die Knie zu zwingen.

Die Machart von Q-Anon zog zahllose Menschen an und war zu reizvoll, als dass Zweifler der Verschwörungstheorie aller Verschwörungstheorien allzu großen Raum bekamen. Von der Hindenburg über Außerirdische bis zu Lady Diana bekamen alle etwas geboten, die an unserer gelebten Realität zweifeln – nur Elvis fehlte in dem Sammelsurium.

Das alles ist jetzt obsolet, nachdem sich bis heute keine der entscheidenden Elemente im Plan materialisieren konnten. Auch Q selbst ist still geworden, seit dem 8. Dezember 2020 hat er nichts mehr verlauten lassen. Ist die Operation damit gescheitert? Oder ist der Film, der uns angeblich präsentiert wird, noch lange nicht vorüber und es sollen lediglich die letzten Zweifler am großen Plan vom 4D-Schachbrett geworfen werden?

 

„Vertrauen“ eine kommunistische Desinformationskampagne

 

Bei Information Liberation wurde vor einigen Tagen ein Auszug aus einem Buch des KGB-Überläufers Anatoli Goletsin veröffentlicht, das betitelt ist mit „New Lies for Old“ („Neue Lügen für alte“). Darin geht es um eine PsyOps im Russland der 1920er Jahren, als die Kommunistische Revolution gerade über das Land zu fegen begann und mit der heimliche Regimefeinde systematisch ausgehoben und neutralisiert oder als Agenten für die Kommunisten gewonnen werden. Die Parallelen zu Q-Anon sind erstaunlich.

„Charakteristisch, wenngleich nicht einmalig, war beispielsweise Operation ‚Vertrauen‘. Im Jahr 1921 beispielsweise, während die neue Wirtschaftsprogramm NEP implementiert wurde, schuf die politische Staatsverwaltung OGPU in der Sowejtunion die falsche antisowjetische Organisation namens Monarchistische Allianz für Zentralrussland.”

„Dabei handelte es sich ehemals um eine legitime und von zaristischen Generälen in Leningrad und Moskau gegründete Organisation, deren Führungsspitze jedoch in der Zeit von 1919-1920 von der sowjetischen Sicherheit liquidiert wurde. Andere Mitglieder der Organisation, darunter auch zaristische Generäle und alte Aristokraten, welche die Seite gewechselt hatten, übernahmen dann die Führung der Organsiation. Ihre Loyalität gegenüber dem neuen Sowjetstaat wurde nicht in Frage gestellt, da sie ihre eigenen Freunde im antikommunistischen Untergrund verraten hatten.“

„Agenten von ‚Vertrauen‘ reisten ins Ausland und bauten dort geheime Kontakte zu echten antikommunistischen Anführern auf, mit denen sie vorgeblich gegen das Sowjetregime kämpfen wollten.“

„Diese Agenten versicherten ihren Kontakten im Ausland, dass die von ihnen vertretene monarchistische und antisowjetische Bewegung in der Sowjetunion fest etabliert sei, und die höheren Ränge in Militär, Geheimdienst und sogar der Regierung infiltriert hätte, so dass die Monarchie in Kürze wieder hergestellt werden könnte.“

„Sie überzeugten die Exilführer des Widerstandes sogar davon, dass sich die Führungsspitze des Regimes dramatisch verändert habe. Der Kommunismus habe umfassend versagt; die gegenwärtige Führung habe nichts mehr mit den fanatischen Revolutionären der Vergangenheit gemein. Sie seien im Herzen nationalistisch gesinnt, weswegen das Regime zunehmend moderater und nationalistischer würde und eventuell bald zusammenbrechen könnte.“

„Die NEP in dem Zusammenhang als ein erstes bedeutendes Zugeständnis zu sehen auf dem Weg hin zu einer Wiederkehr des Kapitalismus im Land. Bald würden auch politische Veränderungen kommen. Daher, so die Agenten von ‚Vertrauen‘, sei eine aggressive Haltung der Europäischen Mächte oder Maßnahmen des Emigrantenwiderstands nicht nur fehl am Platze, sondern kontraproduktiv, da sich das russische Volk dadurch im Interesse des eigenen Überlebens nur hinter das neue Regime stellen würde.“

„Die europäischen Mächte und der Emigrantenwiderstand sollten überdies auch jegliche antisowjetische Sabotageakte unterlassen und ihre aggressive Ablehnung des Sowjetregimes ablegen zugunsten einer passiven Akzeptanz.“

„Selbstverständlich gab es unter den Emigranten eine Menge Zweifler, jedoch schafften es einige prästigeträchtige Anführer im Exil (vor allem General Brussilov), die Mehrheit von der neuen Haltung zu überzeugen. Sie vertrauten den Agenten von ‚Vertrauen‘ umfassend und gaben deren Desinformation weiter an die Geheimdienste der europäischen Mächte.“

 

Was Zweifler an Q-Anon meinten

 

Schon früh gab es abeits des Mainstreams einige prominente Zweifler von Q-Anon. Insbesondere der Verschwörungstheoretiker Alex Jones sprang mit seinem Umfeld schnell ab vom Zug. Ihnen wurde nachfolgend von vielen Q-Anon Anhängern mit Skepsis begegnet, da man sie für kontrollierte Opposition hielt, die den großen Plan sabotieren sollten.

Weitere Zweifler fanden sich bei WikiLeaks, das Q-Anon eine „Pazifizierungslüge für Trump Anhänger“ sei. „Einerseits behaupten sie (also Q-Anon), gegen den ‚Tiefen Staat‘ zu kämpfen (als dem permanenten Sicherheitskomplex), dann aber fordern sie auch die Auslieferung von Edward Snowden und verlangen nach einem CIA Regime Change im Iran“, so WikiLeaks bei Twitter.

Die Zuschreibung der Pazifizierung bezog sich auf die vielen Aufrufe, verschienenen vermeintlichen Schlüsselspielern der Q-Anon Verschwörung zu glauben: „Trust Sessions“ etwa, dem ehemaligen Generalstaatsanwalt oder „Trust the Plan“ als allgemeinem Aufruf, an einen großen Plan hinter den Kulissen zu glauben, mit dem der Tiefe Staat abgewickelt würde. Tenor hinter all dem: Verbreitet die Botschaft, aber bleibt passiv dabei.

Information Liberation wirft dabei die Frage auf, ob General Flynn bei der aktuellen Q-Anon PsyOps die Rolle von General Brussilov übernommen hat. Flynn machte keinen Hehl aus seiner Nähe zu Q, wie viele seiner Verhaltensweisen oder auch Äußerungen zeigen. Neben ihm auf der Liste tragischer Figuren wären demnach auch die ehemalige Staatsanwältin Sidney Powell und Lin Wood, der sich von allen wohl am meisten aus dem Fenster lehnte und davon sprach, über unzweifelhafte Beweise für eine „pädosexuelle Erpressungsmasche bei den Eliten“ zu verfügen. Und könnte Trump selbst am Ende auch ein Opfer von Q-Anon gewesen sein?

 

Echt oder nicht?

 

Bei Wikipedia heißt es über Operation Vertrauen, sie sei so unglaublich verworren und vielschichtig gewesen, dass Historiker heute große Schwierigkeiten dabei haben, Fakt von Fiktion zu unterscheiden. Bei Q-Anon sieht es nicht anders aus, zumal außer Frage steht, dass es sich dabei um eine umfassende PsyOps handelt. Das ist (oder war) sie und sollte sie auch sein. Niemand hat sich darüber etwas vorgemacht, selbst den hargesottensten unter den Anhängern war klar, dass es sich um eine Illusion handelt.

Die entscheidende Frage ist vielmehr, woraus der Kern von Q-Anon besteht. Sind es mächtige Loyalisten der Republik, die mit allerlei Finten versuchten, die Öffentlichkeit zum aufwachen zu bringen und die Weichen zu stellen, dass der aus Satanisten bestehende globale Tiefe Staat fällt? Oder besteht der Kern vielmehr aus einer so ausgeklügelten Lüge, dass sie selbst die besten unter den besten in ihren Bann und schließlich in den Abgrund ziehen konnte.

Nicht anders als die „Beweise“ der Echtheit von Q haben wir es mit einer Frage der Wahrscheinlichkeit zu tun. Bei Q-Anon wurden absichtlich gestreute Hinweise über die Nähe des echten Q zu Trump und dem Weißen Haus hoch gehandelt. Mit jedem neuen davon wurde es für sie etwas wahrscheinlicher, dass die Q-Verschwörung genuin ist.

So wird es dann auch anders herum laufen: Mit jedem Tag, an dem keine Schreckensvideos mit pädosexuellen Handlungen ans Tageslicht gelangen, und mit jedem weiteren globalistischen Tagesordnungspunkt, der in die Umsetzungsphase geht, und mit jedem neuerlichen Dammbruch für klassisch liberal-konservative Werte, wird Q-Anon ein kleines bisschen weniger wahrscheinlich.

Sollte nichts mehr dramatisches kommen, dann wird Q-Anon wohl bis in einem halben Jahr endgültig tot sein. Den größten Schlag allerdings erhielt die PsyOps bereits jetzt: Es war die Weigerung Trumps, Julian Assange zu begnadigen. Das hat viele erstaunt, die Q-Anon bislang zwar nicht ideell gefolgt sind, dem Komplex aber wohlwollend-kritisch gegenüber standen.

Die Personalie Assange aus der Perspektive von Q-Anon zeigt letztlich nur eines: Egal, ob Q echt ist, oder ob es sich dabei nur um eine weitere Eiterbeule aus dem kommunistischen Lügenkabinett handelt, letztlich dient jeder Sicherheitsapparat nur sich selbst. Das gilt auch und vor allem für jene, die Desinformation für ein legitimes Mittel der öffentlichen Aufklärung halten.

PS: Der Autor dieser Zeilen hat den ersten großen Zweifel an der Autorität von Q bekommen, als dieser (ausgerechnet!) in Botschaft Nummer 666 den Black Forest in Österreich verortete.

Quelle Titelbild

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