Horst D. Deckert

Was aus meinen acht Prognosen für die Entwicklung der Coronapandemie wurde

Am 24. Februar letzten Jahres, als Gesundheitsminister Jens Spahn noch schwankte zwischen „alles unter Kontrolle“ und „Genzschließungen unangemessen“, habe ich auf Basis der damals verfügbaren Informationen acht Prognosen darüber aufgestellt, wie sich die Situation mit dem Coronavirus meines Erachtens entwickeln wird. In dem Beitrag ganz unten habe ich geschrieben, dass wir „in einem halben Jahr mehr wissen“ würden. Inzwischen sind dreizehn Monate ins Land gegangen und ich denke, wir wissen jetzt mehr. Zeit also, damaligen Blick in die Glaskugel einer kleinen Beurteilung zu unterziehen.

 

Viereinhalb Volltreffer bei nur einer ganzen Fehleinschätzung

 

1. Das Virus lässt sich nicht aufhalten, sondern frisst sich einmal komplett durch die entwickelte Welt.

Das wäre gleich der erste Volltreffer. Unter relativem Abzug von Schweden, wurde tatsächlich die gesamte entwickelte Welt heimgesucht. Jenseits der vom Virus dahingerafften Menschen lässt sich heute auch sagen, dass sich die Pandemie auch durch die Köpfe und Geldbeutel der entwickelten Länder gefressen hat. Kaum eine Gesellschaft ist nicht zutiefst gespalten und keine Volkswirtschaft wird nicht massiv unter den Folgen der Pandemie leiden.

2. Die Mortalität ist nicht an die Genetik angepasst, sondern es bestätigt sich die Selektion nach Alter.

Mit dieser Prognose lag ich ebenso richtig. Die statistische Übersicht zeigt zwar, dass die entwickelten Länder Ostasiens mit circa 50 Toten pro einer Million deutlich niedrigere Todesraten aufweisen als die entwickelten Länder Eurpas und Nordamerikas (jew. ~1.400). Auch Australien liegt mit dem Wert ungefähr 1.000 liegt näher an Europa als an Ostasien, während das teils asiatische Russland lediglich auf 500 Tote pro Million kommt.

Dies deutet zwar auf genetische wie auch kulturelle Unterschiede hin, jedoch zeigt sich in der näheren Betrachtung, dass in allen Ländern vor allem die Alten sterben. In Japan etwa starben laut Statista bislang 6.802 Personen an Corona, von diesen waren aber nur 251 jünger als 60 Jahre mit einem Anteil von 3,7%. In Deutschland wurden bis Anfang Dezember 2020 insgesamt 19.314 Coronatote gemeldet, so dass relativ zur Bevölkerung ungefähr vier Mal so viele Menschen starben. Allerdings waren auch in Deutschland nur 828 der Toten jünger als 60 Jahre. Dies entspricht 4,3% und unterscheidet sich damit nur marginal von deren Anteil im genetisch deutlich anders geprägten Japan.

3. In jenen Ländern mit vielen Alten sterben absolut und relativ die meisten.

Auch die dritte meiner Vorhersagen ist eingetroffen. Die zehn bis heute relativ am stärksten betroffenen Länder sind: Tschechien (40,3), Belgien (41,6), Slowenien (42,4), das Vereinigte Königreich (40,2), Ungarn (40,6), Italien (44,3), Bosnien-Herzegovina (39,6), die USA (37,4), Portugal (42,2) und Bulgarien (43). In Klammern steht jeweils deren Medianalter, wobei vier dieser Länder zu den zehn ältesten der Welt gehören und sieben zu den zwanzig ältesten. Großer Ausreißer ist lediglich das vom Coronavirus kaum betroffene Greisenland Japan mit einem Median von 45,9 Lebensjahren.

Auf der anderen Seite der Skala bei den jüngsten Länder der Welt finden sich vor allem Länder, deren Gesundheits- und Berichtssystemen kaum getraut werden kann. Die median-jüngsten Länder mit dem Wohlstand für ein vertraunswürdiges System wären: Saudi-Arabien (27,5 Jahre; 187 Tote pro Million), Kasachstan (29,4; 150), Costa Rica (29,7; 558), die Vereinigten Arabischen Emirate (30;139), Israel (30,1; 650). Der ungewichtete Median dieser Länder liegt bei 29,3 Jahren und sie kommen auf 337 Tote pro Million. Das ist weniger als ein Fünftel der Toten pro Million als in den ältesten Ländern.

4. Das Coronavirus wird bleiben und entweder nach einigen Jahren in zyklischer Manier wieder auftauchen oder konstant den Überschuss an alten Menschen mitnehmen.

Diese Prognose kann noch nicht beurteilt werden.

5. Die Rentenbeiträge bleiben konstant, die Finanzierungslücke des Systems schließt sich bis auf einen residualen Rest, der über die Einsparungen bei den Pensionsleistungen gedeckt werden kann.

Diese Prognose ist aller Wahrscheinlichkeit falsch. Die Alten wurden gerettet zum Preis des völligen Ruins.

6. In entwickelten Ländern mit konstanter Bevölkerungszahl stagniert die allgemeine Lebenserwartung.

Auch für diese Prognose ist es noch etwas zu früh.

7. In Afrika und generell Ländern mit extrem junger Bevölkerung wird kaum einer am Coronavirus sterben.

Diese Prognose ist korrekt. Glaubt man der Übersicht, dann starben in Afrika bislang 107.469 Personen am Coronavirus. Das wäre circa einer von zehntausend Afrikanern, während weltweit inklusive Afrika einer von 340 starb. Mit Ausnahme Asiens, das ähnlich wenige Tote zu beklagen hat, liegen alle übrigen Weltregionen über dem Schnitt.

8. Am Ende wird die Pandemie weltweit circa 56 Mio. Menschen töten mit einem Rentneranteil von 85-90%.

Mit dieser letzten Vermutung lag ich zur Hälfe in der Tendenz größtenteils richtig, da tatsächlich vor allem Personen jenseits der 60 Jahre am Virus sterben. Für die andere Hälfte ist es noch etwas zu früh – man weiß nicht, wie sich die Impfkampange auswirken wird – momentan aber zeichnet sich mit 2,65 Mio offiziell registrierten Toten ab, dass ich da wohl übertriebene Befürchtungen hatte.

Damit steht fest, dass ich bei viereinhalb Prognosen richtig lag, es für zweieinviertel der Prognosen noch zu früh für eine finale Beurteilung ist und eine einzige Prognose voll in den Sand gesetzt habe. Leider ist das mit dem finanziellen Aspekt ausgerechnet jene, von der ich am meisten gehofft habe, dass sie eintreten wird.

Quelle Titelbild

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