Die Stadtregierung Peking kündigte letzten Mittwoch die Impfpflicht ab 11. Juli in der Hauptstadt an. Am Donnerstag wurde sie nach massiven Protesten – und laut Insidern auf Druck der Zentralregierung – widerrufen. Peking habe deren Strategie zur Epidemiebekämpfung konterkariert. Auch Korruption soll im Spiel sein, mehrere Beamte wurden entlassen. Eltern protestierten kürzlich, weil ihre Kinder nach der Impfung Diabetes bekamen und täglich eine Insulinspritze brauchen. In Peking sind 99 Prozent der Bewohner geimpft. In China sind keine mRNA-Impfstoffe im Einsatz.
Einheitserlässe verboten
Die von Peking geplante Impfpflicht konterkarierte ganz offensichtlich die „Neun Verbote“, die von der chinesischen Zentralregierung im Juni herausgegeben wurden. Sie ist gegen „einen Einheitsansatz“ (one size fits all) bei der Epidemie-Bekämpfung. Unter die „Neun Verbote“ fällt u.a. das Verbot der „willkürlichen Schließung von Orten und Regionen mit geringem Risiko“, um eine normale Produktion und ein normales Leben zu gewährleisten. Ebenso ein Verbot der willkürlichen Verlängerung der Kontrollzeit in Gebieten mit mittlerem und hohem Risiko. Aus dem nationalen Büro für die Kontrolle und Prävention von Krankheiten heißt es u.a.: Die „Neun Verbote“ dienen zur Vermeidung einer exzessiven, vereinheitlichten Epidemie-Vermeidungs-Praxis. Es dürfe kein Überstülpen einer Regel für alle geben, die spezifische Lage sei ausschlaggebend.
Freiwilligkeit versus Pflicht
Wu Liangyou, stellvertretender Direktor des Büros für die Kontrolle und Prävention von Krankheiten der Nationalen Gesundheitskommission kritisierte schon letztes Jahr, dass in bestimmten Regionen Personen ohne Covid-19-Impfung öffentliche Plätze nicht betreten dürfen. Das verstoße gegen die Regel einer „informierten freiwilligen Zustimmung”. Regierungsbeamte betonten zwar einerseits immer wieder das Prinzip der „Freiwilligkeit“ gleichzeitig betrachten sie die Impfung aber als „Pflicht“. Medien weisen wiederholt auf diesen Widerspruch hin.
Impfpflicht wird Testpflicht
Ein Menschenrechtsanwalt aus Ghuanzhou sagte gegenüber Medien, die von Peking geplante Impfpflicht verstoße eindeutig gegen die Rechtsstaatlichkeit. Sie komme einer Zwangsimpfung gleich und sei eine „Konfrontation mit den Vorschriften des Staatsrates von China“. Die Pekinger sind der Meinung, auch die allgemeine Impfpflicht falle unter die „Neun Verbote“, obwohl diese darin nicht ausdrücklich erwähnt wird. Medien fragen bereits: Fordert die Pekinger Kommunalverwaltung die Zentralregierung heraus? Die Impfpflicht in der Hauptstadt hätte Ungeimpfte auf unbestimmte Zeit vom öffentlichen Leben ausgeschlossen. Kein Theater, Kino, Kaffeehaus, Fitnessstudio, etc. Bestimmte Berufsgruppen hätten sich sogar für einen Booster verpflichten müssen. Peking will nun eine „Testpflicht“ (Test darf maximal 72 Stunden alt sein) und Temperatur-Checks einführen.
99 Prozent der Pekinger bereits geimpft
Angekündigt wurde das Impfregime für Peking bei einer Pressekonferenz, letzten Mittwoch, von Li Ang, stellvertretender Direktor der Gesundheitskommission der Stadt Peking. Demnach sollte es ab 11. Juli eine Reihe von Maßnahmen zur Epidemieprävention geben, auch die Impfpflicht für Personen, die Kinos, Museen, Fitness- und Unterhaltungsstätten betreten wollen. Außer jenen, die nicht für eine Impfung geeignet sind. In Peking haben aktuell alle 22 Millionen Einwohner eine Corona-Impfung. Ren Ruihong, frühere Leiterin des Hilfsprogramms für gefährliche Krankheiten der Chinesischen Rotkreuz-Stiftung hinterfragte deshalb die Impfpflicht: Warum brauche man diese bei einer ohnehin flächendeckenden Durchimpfung? Wenn jeder einen Stempel auf seiner Hand habe, mache es keinen Sinn, diesen Stempel zu überprüfen. Etwas stimme da nicht. Wollen die Behörden einfach abtesten, wie viele Leute nicht zur Impfung gehen? Sie wisse, einige Leute, darunter auch Mitarbeiter in zivilen Bereichen, seien bisher noch nicht geimpft.
Korruptionsverdacht
Cheng Liming, ein chinesischer Investigativ-Journalist, berichtete kürzlich in einem Artikel von der Entlassung einiger hochrangiger Beamter der Gesundheitsbehörde. Er sieht einen Zusammenhang mit der Korruption im örtlichen Krankheitskontrollsystem, wo bereits Untersuchungen liefen. Vor der Veröffentlichung der Ermittlungsergebnisse, sei der Vize-Direktor der städtischen Gesundheitsbehörde noch „frontal gegen die Zentralregierung vorgegangen“, was eine ziemliche Überraschung sei. Genau dieser Mann habe danach von der Pekinger Gesundheitsbehörde die sofortige Aufhebung des Erlasses zur Zwangsimpfung und die Entlassung von Li Ang, der sie ankündigte, sowie eine Untersuchung gegen ihn gefordert.
Wut-Eltern: Diabetes nach Kinderimpfung
Radio Free Asia berichtet zudem dass viele Chinesen weiterhin Zweifel bezüglich der Sicherheit der einheimischen Impfstoffe haben. Die Online-Plattform „Wei Baixing Talks About Medical Reform“ veröffentlichte kürzlich einen offenen Brief mit der Unterschrift „Vaccine Type 1 Diabetes Victims Group“. Er stammt angeblich von tausenden Eltern aus 30 Provinzen im ganzen Land. Seit November letzten Jahres wurden an verschiedenen Orten Personen zwischen 3 bis 17 Jahren neue Impfstoffe verabreicht. Aufgrund der Impfpflicht in der Schule wurden ihre Kinder mit Impfstoffen von Kexing Biotech, Beijing Biotech und anderen Firmen geimpft. Später entwickelten sie Symptome wie Polydipsie (krankhaftes Durstgefühl), Polyurie (erhöhter Harndrang) und Gewichtsverlust. Sie entwickelten schließlich Typ-1-Diabetes und brauchten eine tägliche Insulin-Spritze.
Kein Vertrauen in chinesische Impfstoffe
Ren Ruihong, ein Mediziner, sagte, chinesische Eltern seien allgemein bezüglich des Impfens von Kindern skeptisch. Viele wissen, dass die Schutzwirkung des chinesischen Corona-Impfstoffes sehr gering ist. Auch wenn sie möglicherweise dazu beitragen, eines schwere Erkrankung zu verhindern. Doch bei der Impfung von Kindern seien Eltern allgemein sehr kritisch. Offizielle Daten zeigen, dass die Impfrate mit dem neuen Corona-Impfstoff bei Personen zwischen 3 und 17 Jahren in China bei über 95 Prozent liegt, berichtet Radio Free Asia.