Horst D. Deckert

Gesundheitsdatenschutz ade – automatische digitale Patientenakte für „Jedermann“

Das Unternehmen Gematik hat die automatische Installation einer digitalen Patientenakte für jeden gesetzlich Versicherten in Deutschland beschlossen. Bis dato musste die Akte aktiv beantragt werden.

Künftig soll gelten, dass nur von den Bürgern, die der E‑Akte aktiv widersprechen, keine Gesundheitsdaten gesammelt werden können.

Booster für medizinische Digitalisierung Deutschlands

Gematik, eine „Nationale Agentur für Digitale Medizin“, hat es sich gemäß Selbstauskunft zum Ziel gemacht, den Prozess der medizinischen Digitalisierung in Deutschland entschlossen voranzutreiben. Laut Gematik handelt es sich um den „nächsten Quantensprung in der Entwicklung der Medizin“.

„Die Erfassung, Verarbeitung und Nutzung medizinischer Daten beflügelt die Forschung, revolutioniert Therapien und sorgt dafür, dass wir immer gesünder, länger und besser leben“, erläutert man seitens Gematik.

Das Unternehmen, das vom Gesundheitsministerium mit der Digitalisierung des Gesundheitswesens beauftragt wurde, wird von Markus Leyck Dieken geleitet.

Wie der Website der Gematik zu entnehmen ist, hat sich Dieken „als Manager in der Pharmabranche bei verschiedenen Unternehmen einen Namen gemacht“. Unter anderem habe er als Medical Director Europe Central die dänische Pharmafirma Novo Nordisk „zum Marktführer für Diabetestherapie geführt“ und für das kalifornische Biotech-Unternehmen InterMune die „erste Europa-Niederlassung eingerichtet“. Als Vorsitzender der Geschäftsführung habe er die Teva-Ratiopharm-Gruppe „erfolgreich zur digitalen Innovation geführt“.

Regierungsauftrag erfüllt

Gematik wurde von der Bundesregierung mit der Digitalisierung des Gesundheitswesens beauftragt. Am 7. November beschloss die Gesellschafterversammlung des Unternehmens, für alle gesetzlich Krankenversicherten in Deutschland automatisch eine elektronische Patientenakte (ePA) einrichten zu lassen, wie auch die Berliner Zeitung berichtet.

Bisher gelte für die Einrichtung einer ePA noch das sogenannte Opt-in-Verfahren. Dabei würden nur von jenen Patienten Daten in einer digitalen Sammelakte angelegt, die sich aktiv um die Installation der Akte bemühen würden. Dies scheint nun für die Ampel und ihren „übereifrigen“ Gesundheitsminister nicht genug zu sein.

Bei dem nun von der Bundesregierung und der Gematik neu beschlossenen Opt-out-Verfahren werde zukünftig automatisch für jeden Patienten eine ePA erstellt werden, außer man würde Widerspruch dagegen einlegen.

Die Gematik teilte diesbezüglich mit, „wer das nicht möchte, kann aktiv widersprechen.“

Nach Informationen des Ärzteblatts ist das Scheitern des freiwilligen Anmeldens der Grund für den Kurswechsel. Beim bisherigen Opt-in-Konzept hätten sich weniger als ein Prozent der 73 Millionen gesetzlich Krankenversicherten in Deutschland für eine ePA entschieden.

Aus der Gematik-Beschlussvorlage gehe auch hervor, an welchen Stellen des Opt-out-Verfahrens die Versicherten widersprechen könnten, erläuterte das Handelsblatt betreffend des Verfahrens. Dabei solle es vier Entscheidungsstufen geben, bei denen man jeweils Widerspruch erheben kann.

Gesundheitsdaten ohne „Daten-Schutz“ abrufbar

Sofern Versicherte nicht vorher widersprechen, werde in der ersten Stufe automatisch eine ePA für jeden Patienten angelegt und bereitgestellt. In der zweiten Stufe könne der behandelte Arzt die E‑Akte mit Patientendaten füllen, sofern kein Widerspruch vorliegt. In der dritten Stufe könnten die Daten durch andere Ärzte eingesehen werden, und in der vierten Stufe könnten die Gesundheitsdaten in anonymer Form zu „Forschungszwecken gespendet“ werden.

Die Digitalakte sei von den Ampelparteien im Koalitionsverfahren vereinbart worden und gehöre zum Kern der Digitalagenda von Gesundheitsminister Karl Lauterbach.

Die Daten brauche man vor allem für auf künstlicher Intelligenz basierende medizinische Methoden. Damit aussagekräftige medizinische Forschung und Vorsorgemodelle durch moderne Ansätze wie künstliche Intelligenz überhaupt möglich werden, so der Gesundheitsminister laut dem Handelsblatt, müsse der Pool an Daten möglichst groß und vollständig sein.

Medien zufolge teilte Lauterbach mit, dass die Einrichtung der Digitalakte einer besseren und effizienteren Medizin diene. Seine medizinisch fachliche Bewertung des Vorhabens kommunizierte der Minister per Twitter.

„Nur wenn wir #Digitalisierung nutzen, können wir Medizin besser & effizienter machen.“

Lauterbach erklärte eine Gesundheitsversorgung könne nur mit mehr Digitalisierung garantiert werden.

„Nur wenn wir die Chancen der Digitalisierung nutzen, können wir weiterhin eine moderne Gesundheitsversorgung für alle garantieren.“

Obwohl die Teilnahme freiwillig bleiben soll, werde jeder gesetzlich Versicherte eine ePA bekommen. Dazu der Gesundheitsminister weiter, „aber prinzipiell soll jeder gesetzlich Versicherte in Deutschland eine elektronische Patientenakte erhalten, die Nutzung wird somit der Regelfall.“

 

Daten in allen „Gesundheitsberufen“ und Unternehmen einsehbar

Zukünftig sollen sich aber nicht nur Mediziner, Physiotherapeuten, Pflegekräfte und Hebammen mittels der digitalen Akte ein Bild vom Gesundheitszustand des Patienten machen. Die digitalisierten Gesundheitsdaten sollen forschenden Unternehmen zur Verfügung gestellt werden.

Am 7. November veröffentlichte das Computerfachmagazin Chip zeitnah zur Ankündigung der automatischen E‑Akte schon eine Anleitung, wie sich die Bürger die Akte selbst auf ihren Geräten anlegen können.

Das neue Opt-out-Verfahren soll noch in dieser Legislaturperiode im Jahr 2024 eingeführt werden. Doch es gibt auch Widerspruch von offizieller Seite. Wie das Ärzteblatt schon im vergangenen Jahr bekannt gab, kritisiert der Bundesbeauftragte für den Datenschutz Ulrich Kelber die geplante digitale Patientenakte schon seit Langem. Ein Opt-out-Verfahren sei laut Kelber in der deutschen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) „grundsätzlich nicht angelegt“.


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