Die aktuelle Meinungsmache für Waffenlieferungen aus Deutschland nimmt immer groteskere Formen an. Diese Waffenlieferungen in den Ukrainekrieg sind aus politischen und moralischen Gründen strikt abzulehnen, so auch die aktuell beschlossenen Panzerlieferungen. Wer sie dennoch fordert, macht sich der versuchten Verlängerung des Leids schuldig und stellt sich gegen die Interessen der Bevölkerung. Ein besonders schräges Beispiel liefert aktuell die FDP. Ein Kommentar von Tobias Riegel.
Waffenlieferungen Deutschlands in den Ukrainekrieg sind scharf abzulehnen, die offiziellen politisch-moralischen Begründungen für diese gefährlichen Handlungen sind nicht akzeptabel. Verweise zu diesem Standpunkt folgen weiter unten.
Ein besonders abwegiges Zeichen für die aktuelle Debatte um Panzerlieferungen haben gerade die „Jungen Liberalen“ anlässlich des traditionellen Dreikönigstreffens der FDP in der Stuttgarter Staatsoper gesetzt (siehe Titelfoto). Unter der Überschrift „Krieg beenden, Panzer senden!“ forderten sie die Bundesregierung und Bundeskanzler Scholz dazu auf, die angekündigte Lieferung der Marder-Panzer zu einem umfangreichen Kurswechsel auszubauen, wie die Jugendorganisation der FDP mitteilt.
Sprachverdrehung und rechtsradikale Slogans
Die Veranstaltung und ihr Slogan ist innerhalb der aktuellen politischen und medialen Propaganda für Waffenlieferungen nur ein Beispiel unter vielen – aber ein besonders schrilles: Die in jeder Beziehung irreführende Losung „Krieg beenden, Panzer senden!“ muss als eine geradezu Orwell’sche Sprachverdrehung bezeichnet werden. Zusätzlich scheuten sich die „Jungen Liberalen“ nicht, bei der Veranstaltung unter der rechtsradikalen Losung „Slawa Ukrajini!“ aufzutreten. Das kann zweierlei bedeuten: Entweder sind sie gefährlich ahnungslos (schwer vorstellbar). Oder sie haben keine Skrupel, jene Heuchelei zu befeuern, bei der Rechtsradikale in Deutschland (zu Recht) als gesellschaftliches Problem dramatisiert werden, während Nazis in der Ukraine verniedlicht werden. Die „Jungen Liberalen“ mögen als Gruppe irrelevant sein, aber die für ihre Kundgebung gewählte Botschaft ist (in Abstufungen) in der deutschen Parteienlandschaft erschreckend weit verbreitet – und auch in zahlreichen Medien. So verbindet auch etwa die „Welt am Sonntag“, beispielhaft für viele Medien, unrealistische Kriegsziele mit der Forderung nach mehr deutschen Waffen:
„Man kann nicht immer wieder betonen, alles tun zu wollen für einen ukrainischen Sieg, und dann wichtige Waffen zurückhalten. Deshalb kann die Wende dieser Woche nur ein Anfang sein. Denn die nun zugesagten Panzer werden allein nicht ausreichen zur Befreiung aller besetzten ukrainischen Gebiete.“
Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP reklamierte die Verantwortung für die nun beschlossenen gefährlichen deutschen Panzerlieferungen für ihre Partei und drohte bei dem Anlass:
„Der Einsatz der Freien Demokraten hat gewirkt. Ein großer Dank geht an alle, die nicht aufgehört haben, daran zu arbeiten, die Ukraine zu unterstützen. Damit endet aber unser Einsatz noch längst nicht. Denn klar muss sein: Nach dem Marder kommt der Leopard. Wir bleiben dran.“
Grüne und FDP: Radikale Gruppierungen
Wie gesagt, das Versagen beim Thema Ukraine ist bei den deutschen Parteien weit verbreitet. Doch es gibt Schattierungen bei der Verantwortungslosigkeit: Die FDP ist nach den Grünen die Partei in Deutschland, die am heftigsten für deutsche Waffenlieferungen eintritt. Man kann beide Parteien zumindest teilweise als radikale Gruppen einordnen, die sich ohne Skrupel transatlantischen Wünschen unterwerfen, um eine Politik zu verfolgen, die sowohl gegen die Interessen der deutschen Bevölkerung gerichtet ist, als auch das Leid der Ukrainer nicht lindert. Das bezieht sich nicht nur auf Waffenlieferungen, sondern auch auf die Wirtschaftssanktionen.
Das muss immer wieder betont werden: Die aktuelle Politik der Bundesregierung lindert nicht das Leid der ukrainischen Zivilisten – weder durch die Sanktionen noch durch die Waffenlieferungen noch durch die Ausbildung von ukrainischen Soldaten. Eher ist das Gegenteil festzustellen. Die Gleichung, „Wer gegen die Sanktionen ist, ist gegen die Ukraine“, hält nicht stand, wie wir in diesem Artikel beschrieben haben. Dass Waffenlieferungen in Kriegsgebiete politisch und moralisch nicht haltbar sind, wurde bereits im Artikel „Kriegsverlängerung – Und die ‚Moral’ der grünen Sofa-Soldaten“ beschrieben.
„Dann sollen die Russen eben die Ostukraine verlassen…“
Häufig erklingt das Argument: „Dann sollen die Russen eben die Ostukraine verlassen, dann ist doch Frieden.“ Diese Sichtweise lässt die zur seriösen Beurteilung des Konfliktes unerlässliche Vorgeschichte des Ukrainekrieges unter den Tisch fallen und ist in dieser simplen Form nicht haltbar. Aber selbst wenn die moralische Beurteilung des Ukrainekrieges so einfach und so klar wäre, wie das vor allem von den Grünen dargestellt wird: Auch das würde nichts an der Entschlossenheit Russlands und an der verbissenen Fortführung des Krieges in der Ostukraine ändern. Zu diesem Aspekt haben die NachDenkSeiten im Artikel Rückschläge für die Russen erhöhen die Gefahr eines „großen Kriegs“ geschrieben:
„Die aktuellen Erfolge der ukrainischen Armee können auch Gefahren bergen: Da es trotz der Erfolgsmeldungen keine realistische Perspektive eines ‚Sieges‘ der ukrainischen Streitkräfte über Russland im Donbas gibt, können die aktuell verkündeten Geländegewinne auch folgende Dinge bedeuten: Der Krieg wird verlängert, es sterben mehr Soldaten und Zivilisten, die jetzigen Durchhalteparolen könnten die realen und langfristigen Entwicklungen überdecken, Russland könnte bei zunehmender Bedrängnis durch NATO-Waffen den Kreis der Gegner und der eigenen Waffen erweitern.
Oder kann die ukrainische Armee Russland doch aus der Ostukraine vertreiben, wenn wir nur genug ‚westliche Waffensysteme‘ in die Gefechte pumpen? Spekulationen zum detaillierten Kriegsverlauf sind nicht zielführend, eine Ausnahme soll hier aber gemacht werden. Möglicherweise irre ich mich: Aber ich sehe – trotz der aktuellen Erfolgsmeldungen der ukrainischen Armee – langfristig kein einziges realistisches Szenario, bei dem Russland in den Fragen Donbas und Krim klein beigeben würde. Stattdessen könnte die Härte und Verbissenheit beider Seiten zunehmen.“
Macht die Regierung Deutschland zur Kriegspartei?
Im Artikel Deutsche Panzer, die auf Russen schießen – Diese Regierung führt uns an den Abgrund“ hatten wir kommentiert, wie gefährlich und moralisch abwegig bereits die Lieferungen schwerer Waffen an die Ukraine durch Deutschland sind. Ein noch über die Waffenlieferungen hinausgehender Punkt ist die Ausbildung von Ukrainern an Waffen in Deutschland, da diese Ausbildung völkerrechtlich eine andere, noch gefährlichere Qualität haben kann, wie etwa im Artikel “Verfassungsbeschwerde gegen Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland” beschrieben wird. Im Artikel “Panzer-Ausbildung: Wird Deutschland Kriegspartei gegen Russland?” heißt es:
„Mit den Waffenlieferungen und der Ausbildung daran werden verantwortungslos die Grenzen hin zu einer möglichen Ausweitung des Kriegs ausgetestet. Selbst wenn dieses ‚Spiel’ gutgehen sollte, also Deutschland von Russland vorerst nicht als aktiver Kriegsgegner definiert werden sollte, obwohl hier gegnerische Soldaten geschult werden: Das würde nicht bedeuten, dass das riskante Handeln der Regierung, das die deutsche Bevölkerung in Mithaftung nimmt, gerechtfertigt wäre. Denn durch die Bundesregierung wird bezüglich des Status eines möglichen Kriegsgegners Russlands eine Verantwortung ‚übernommen‘, die gar nicht zu übernehmen ist: Wenn die riskante Gratwanderung schiefgeht, nützt es den Bürgern überhaupt nichts, wenn die Regierung dafür gönnerhaft die ‚Verantwortung übernimmt’.“
Titelbild: Twitter @ulrikeguerot