
Fallen jetzt die Dominosteine?
Diese Frage stellte kürzlich nun auch der Chef des weltweit größten Vermögensverwalters BLACKROCK.
Von ANDREAS KUBIN | „Es handelt sich aktuell um den größten Bankenkollaps seit der Finanzkrise von 2008.“ So oder so ähnlich lauteten dieser Tage zahlreiche Schlagzeilen.
Besonders auffällig ist, dass häufig dabei tunlichst die Erwähnung der Investmentbank „Lehman Brothers“ vermieden wurde. Wahrscheinlich fürchtet man dadurch eine Art Schockstarre bei Investoren auszulösen. Beim Bankencrash 2008 hatte sich ja das US-Finanzministerium gegen einen bail out entschieden und die Investment-Bank fallen gelassen.
Die Schlagzeilen dieser Tage müssten informativ vollumfänglich lauten: Bei der am 10. März bekanntgewordenen Bankenpleite der Silicon Valley Bank (SVB) – die am gleichen Tag der US-Einlagensicherungsbehörde (FDIC) unterstellt wurde – handelt es sich nach Lehman Brothers um die zweitgrößte Bankenpleite in der Finanzgeschichte der USA.
Die primäre Frage lautet: Wie viele BANKEN werden noch fallen?
Nur zwei Tage später, Sonntag den 12. März 2023, wurde von den US-Behörden die New Yorker Signature Bank geschlossen. (Ein Bankhaus mit beträchtlichen Krypto-Geschäften.) Schon eine Woche zuvor kündigte der Mutterkonzern „Silvergate CAPITAL“ die Liquidierung der Kryptobank Silvergate an, welche durch die Pleite der Kryptobörse FTX erhebliche Schwierigkeiten bekam. Dies bringt in Zukunft erhebliche Probleme bei der Kooperation zwischen dem klassischen Bankensektor und Kryptobanken mit sich, auch weil das SEN (Silvergate Exchange Network) nicht weiter betrieben wird.
Äußerst fraglich ist nun, ob die Federal Reserve den Mut hat bei ihrer nächsten Sitzung die Leitzinsen in den USA – wie noch vor kurzem angekündigt – um weitere 25 Basispunkte neuerlich anzuheben. Erste Finanzprofis stellen dies bereits infrage.
Wie geht es an den Börsen weiter. Nachdem die Börsenindizes vergangenen Freitag (10.3.2023) weltweit kräftig abtauchten, kam es am folgenden Montag zur obligatorischen Gegenbewegung an den Börsen, von der sich aber langjährige Finanzexperten sowieso nicht täuschen lassen. Bereits am Dienstag, den 14. März 2023, ging es an den Börsen wieder deutlich nach unten, allen voran natürlich Banktitel, von denen der risikobewusste Anleger sowieso bereits seit Jahren die Finger lässt.
Kenner der Börsen-Materie werden das Geschehen aufmerksam von der „Outlinie“ aus verfolgen und still halten. Denn inwieweit die Sache wirklich gegessen ist und ob noch mit weiteren Kollateralschäden an den Finanzmärkten zu rechnen sein wird, das wird sich erst in den nächsten Wochen oder ev. Monaten herausstellen.
Was war auffällig und sollte erst recht die Alarmglocken schrillen lassen?
Wenn sich relativ schnell Politiker hinstellen und behaupten, man hätte die Situation unter Kontrolle, dann ist dies erst recht ein Anzeichen dafür, dass „Feuer am Dach“ ist.
13.3.2023: Nach SVB-Kollaps: Biden fordert schärfere Regeln [1]
Die Amerikaner könnten darauf vertrauen, dass das US-Bankensystem sicher sei, sagte US-Präsident Joe Biden in Washington. Kunden der Silicon Valley Bank zogen zuletzt Milliarden von Dollar ab.
Wir meinen, so etwas sind doch nur noch abgedroschene Phrasen, denn seit der Finanzkrise 2008/2009 hätt man genug Zeit gehabt schärfere Regeln zu implementieren und die Banken schärfer zu kontrollieren.
14.3.2023: Scholz zu Bankenkrise – „Es gibt keinen Grund zur Sorge in Deutschland“[2]
Die beide berühmte Ratingagenturen Standard & Poors sowie Fitch hatten am 15.3.2023 die „FIRST REPUBLIC Bank“ auf hoch spekulativ BB+ bzw. BB herabgestuft.[3] Die Einlagen dieser Bank sollen mit rund 180 Milliarden US$ etwa jener Größe entsprechen der jetzt pleite gegangenen SVB und der Signature Bank. Manches Online Finanzmedium deklariert jene Bonitätsstufen gar als „JUNK“ = Ramschniveau, was aber übertrieben und zudem falsch ist. Die First Republic Bank mit Einlagen in Höhe von gut 180 Milliarden Dollar (Stand 2021) hat in etwa die Größe der beiden kürzlich pleite gegangenen Silicon Valley Bank und der Signature Bank.
Ist die CREDIT SUISSE (CS) nun ein Sanierungsfall?
Was hat das Ganze mit der CS zu tun? Seit vergangenem Herbst kämpft die CS zudem mit massiven Abflüssen von Kundengeldern.
Die aktuell größte Frage in Europa lautet, wie sich die Turbulenzen am Bankensektor in den USA auf die bereits zuvor seit zahlreichen Monaten angeschlagene Schweizer Großbank „Credit Suisse“ auswirken könnten. Am 9. März verschiebt die CS ihre Veröffentlichung des Geschäftsberichts für 2022 vor allem wegen Einschreitens der US-Wertpapieraufsicht SEC, die Fragen beantwortet haben wollte. Informationen zufolge geht es offengelegte Bilanzierungsprobleme für die Geschäftsjahre 2019 und 2020. So etwas macht natürlich Investoren extrem nervös.
Nach der letzten Finanzkrise zählte sie in fast allen Bereichen zu den Top-10 Banken der Welt. Dann kam der tiefe Fall der Credit Suisse. Zum Sorgenkind geriet die Investmentbank neuerlich in 2022. Im Gegensatz dazu musste die UBS, die sich mit komplizierten Hypotheken-Kreditpapieren in den USA verzockt hatte vom Schweizer Bund gerettet werden.
Die Credit Suisse jedoch hatte schlimmere Fehler am US-Hypothekenmarkt vermieden und konnte sich damals aus eigener Kraft retten.
Erst vergangenen November wurde die Saudi National Bank durch eine Finanzspritze zur Großaktionärin der Schweizer Bank mit einem Aktienanteil von rund 10 %.
CNBC veröffentlicht am 15. März 2023: Der grösste Investor der Credit Suisse, die Saudi National Bank, sagte laut einem Reuters-Bericht, dass sie der Schweizer Bank keine weitere finanzielle Unterstützung gewähren könne, was den jüngsten Kursrückgang auslöste. „Wir können nicht, weil wir über 10% gehen würden. Das ist eine regulatorische Frage“, sagte der Vorsitzende der saudischen Nationalbank, Ammar Al Khudairy, am Mittwoch gegenüber Reuters. Er fügte jedoch hinzu, dass die SNB mit dem Transformationsplan der Credit Suisse zufrieden sei und es unwahrscheinlich sei, dass die Bank zusätzliches Geld benötige.[4]
Aktuell prüfen EZB und US-Finanzministerium, wie stark andere Banken bei der CS engagiert sind.
„Credit Suisse leiht sich bis zu 50 Milliarden Franken bei der Schweizer Nationalbank“, wurde in der Nacht auf Donnerstag den 16.3.2023 publiziert. Die krisengeplagte Schweizer Großbank werde „die Liquidität präventiv stärken“ hieß es per Ad-Hoc-Meldung. Vorerst einmal reagierten die Märkte erleichtert.
Die Bank unterzieht sich einer massiven strategischen Umstrukturierung, um nach einer Reihe von Verlusten und Skandalen ihre Stabilität und Rentabilität wiederherzustellen. Die Umstrukturierung umfasst die Abspaltung der Investmentbank in die CS First Boston mit Sitz in den USA, eine drastische Verringerung der risikogewichteten Aktiva und eine Kapitalerhöhung in Höhe von 4,2 Mrd. USD, die Informationen zufolge teilweise durch den von der saudischen Nationalbank erworbenen Anteil von 9,9 % finanziert wird. Die Kapitalmärkte sowie Investoren dürften davon aber nicht überzeugt zu sein, denn schon 2022 stürzte der CS Aktienkurs kräftig ab. Zudem verlor die Credit Suisse alleine im vierten Quartal 2022 rund 38 % ihrer Einlagen. Credit Default Swaps, die Anleihegläubiger gegen den Ausfall eines Unternehmens absichern, stiegen in der 11. Kalenderwoche 2023 auf neue Rekordhöhen.
Bryce Baschuk und Bastian Benrath schreiben am 21.3.2023 auf Bloomberg die schockierende Wahrheit unter dem Titel „Schweizer zahlen 13.500 Dollar pro Person für die Rettung der Credit Suisse“:
„Die Kosten, die die Schweiz zur Stützung ihres Rufs als Finanzzentrum zu tragen hat, könnten sich auf 12.500 Schweizer Franken (13.500 Dollar) für jeden Mann, jede Frau und jedes Kind im Land belaufen. Um den Notverkauf der Credit Suisse Group AG an ihren Züricher Konkurrenten UBS Group AG abzusichern, hat die Schweizer Regierung zugesagt, bis zu 109 Milliarden Franken zur Verfügung zu stellen – eine gewaltige Belastung für das Land mit 8,7 Millionen Einwohnern.“[5]
FIRST REPUBLIC BANK
17.3.2023: Nächste Hiobsbotschaft! Innerhalb von Tagen wackelt die dritte Bank. Mehrere Großbanken versuchen, das Institut First Republic – eine Regionalbank aus San Francisco – zu stützen und haben Einlagen in Höhe von 30 Milliarden Dollar in die Bank eingebracht. Darunter sind die solide JP Morgan Chase oder Bank of America und Goldman Sachs.
Jedoch anders als bei den beiden vorangehenden Instituten griff die Bankenbranche hier zunächst selbst ein. Der Druck der US-Behörden dürfte mächtig gewesen sein. In einer Aussendung von Federal Reserve und US Finanzministerium hieß es, die Maßnahme sei „höchst willkommen“ und demonstriere die Widerstandskraft des Bankensystems.
21.3.2023: Jüngsten Berichten zufolge wankt die US-Regionalbank erneut trotz erfolgter Geldspritzen durch diverse US-Großbanken!
Was bedeuten die neuerlichen Rettungseingriffe der Zentralbanken resp. Nationalbanken?
In erster Linie sicherlich eine weitere Aufblähung der Zentralbank Bilanzsummen. Es geht als in Wirklichkeit weiter mit dem Quantitative Easing und nicht mit dem jüngst beworbenen Quantitative Tightening; bei dem eigentlich Liquidität aus dem Markt genommen wird.
Warum das Vertrauen der Anleger im Keller ist?
Der Grund sind meist Dementis, die sich oft im Nachhinein als falsch herausstellen. Lee Ying Shan schreibt auf CNBC auf die Frage von Hadley Gamble (CNBC) bei einer Podiumsdiskussion in Riad am Mittwoch, 15.3.2023 ob er eine Art von staatlicher Unterstützung in Zukunft ausschließen würde, antwortete Lehmann:
„Das ist kein Thema: Wir sind reguliert, wir haben starke Kapitalquoten, eine sehr starke Bilanz. Wir haben alle Hände voll zu tun. Das ist also überhaupt nicht das Thema.“
Staatshilfen sind für uns „kein Thema“, sagte der Credit Suisse-Vorsitzende.[6]
„Über 80 % der Kundeneinlagen bei der SVB waren (Anm.: „zwar“) nicht versichert.… Also kein Schaden für die Kundeneinlagen. Auch alle Kundeneinlagen der Signature Bank waren ab Montag 13.3.2023 wieder frei verfügbar. Eine klare Ansage: Fortan gilt für alle Banken in den Vereinigten Staaten, dass die Kundeneinlagen – selbst wenn die Bank scheitert – gesichert sind.….. .….Um einen RUN auf die Regionalbanken zu vermeiden, haben die Amerikanischen Regulatoren einhergehend mit der FDIC (Federal Deposit Insurance Corporation) Einlagensicherung, nun alle Kundeneinlagen garantiert.….
„Ein neues Programm bei der Federal Reserve wird ins Leben gerufen um Liquidität zu sichern für die Banken.… „ [7]
Anleihenhalter sowie Aktionäre der Silicon Valley Bank und von Signature gehen jedoch leer aus. Das ist also kein klassischer BAIL IN, denn dabei hätten auch die Einlagengelder herhalten müssen.
Eine solche unbegrenzte neue Sicherheitsgarantie für Kundeneinlagen wie jene der FED vermisst man bei Europäischen Banken von Seiten der EZB oder nationalen Zentralbanken.
VALUTEN horten?
Spitzt sich die Situation am Bankensektor in den nächsten Wochen oder Monaten weiter zu, könnte es ratsam sein, Giralgeld in Valuten umzuwandeln bis sich die Situation beruhigt hat.
Momentan werden viele Informationen absichtlich zurückgehalten, um Panik zu vermeiden. Es werden in naher Zukunft sicher noch viele Details an die Öffentlichkeit gelangen. Man darf gespannt sein, welche FINANZ-LEICHEN bei div. Banken noch auftauchen werden. Gerade deshalb ist es derzeit unmöglich einschätzbar welche (Eigen-)Dynamik respektive welches SZENARIO sich auf den Finanzmärkten noch abspielen könnte. Obwohl es beachtlich „knarrt im Gebälk“, ist es AUFFÄLLIG ruhig. Es könnte die Ruhe vor einem größeren Sturm an den Finanzmärkten sein. Wie sich das abzeichnen wird, das werden wir in den nächsten Wochen live erleben. Nimmt man das gelbe Edelmetall als Barometer her, dann sind die Unsicherheiten als sehr hoch einzustufen, näherte sich doch kurz vor dem Wochenende (17.3.2023) die Feinunze in Euro gerechnet ihrem all-time-high.
Bislang hat sich ja der Kursrutsch an den Börsen überwiegend auf die Finanztitel beschränkt. Sollte dies auf andere Titel überschwappen oder das Szenario gar in einer waschechten Wirtschaftskrise enden, dann ist durchdachtes stock-picking von soliden Unternehmen die bessere Strategie. Börsen- bzw. Finanzmarktspezialisten werden diese Krise als Einstiegs-CHANCEN nützen. Dafür sind aber eiserne Nerven notwendig, um nicht in Bullenfallen zu tappen respektive um nicht zu früh und daher zu teuer zu investieren. Als eine Art Richtschnur könnte es zur Bestimmung der Einstiegskurse nützlich sein, die Tiefstkurse aus 2008/2009 heranzuziehen.
Andreas Kubin, copyright 2023
Zum Autor:
Andreas Kubin, MBA ist seit mehreren Jahrzehnten spezialisiert auf intern. Finanzmärkte, Wirtschaftspolitik sowie Fundamentalanalysen über börsennotierte Unternehmen und Privatinvestor.
[1] Biden www.faz.net/aktuell/finanzen/nach-svb-kollaps-biden-fordert-schaerfere-regeln-18745883.html
[2] Scholz www.sueddeutsche.de/politik/scholz-zu-bankenkrise-es-gibt-keinen-grund-zur-sorge-in-deutschland‑1.5768671
[3] www.bloomberg.com/news/articles/2023–03-15/first-republic-bank-cut-to-junk-by-s-p-on-deposit-outflow-risk#xj4y7vzkg
[4] www.cnbc.com/2023/03/15/credit-suisse-shares-slide-after-saudi-backer-rules-out-further-assistance.html
[5] www.bloomberg.com/news/articles/2023–03-21/swiss-brace-for-credit-suisse-bailout-costing-them-13–500-each
[6] www.cnbc.com/2023/03/15/credit-suisse-chairman-says-silicon-valley-bank-crisis-looks-contained.html
[7] Markus KOCH aus New York www.youtube.com/watch?v=KNWibT1JNXo 13.3.2023
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