Die Arabische Liga hat ein Zeichen gesetzt: Syrien wird nach seiner Suspendierung von der Gruppe, zu Beginn der Farbrevolution 2011, jetzt wieder aufgenommen. Erklärtes Ziel ist eine politische Lösung für das von einem Stellvertreterkrieg zerrissene Land. Allerdings unter arabischer Führung. Für die USA und Israel kein gutes Zeichen. Denn der nächste autonome Block positioniert sich gegen ihre Interessen. Noch dazu mit tatkräftiger Vermittlung Chinas und unter Applaus Russlands.
Denn man hatte ganz andere Pläne mit Syrien, insbesondere mit Präsident Bashir al-Assad. Für ihn ist die Re-Integration in die Liga ein diplomatischer Sieg und eine politische Aufwertung.
In den Klauen des Westens
Die Wieder-Aufnahme Syriens erfolgt kurz vor dem Gipfel der Arabischen Liga kommende Woche, am 19. Mai. Assad darf erstmals wieder, seit 2010, teilnehmen. Sein Land ist – ähnlich wie die Ukraine – Aufmarschgebiet eines explosiven geopolitischen Interessensgemisches: Mit im Spiel die USA, Israel, Türkei, Russland, der Iran, die arabische Welt – und China. Peking betrat kürzlich als Vermittler für eine Annäherung zwischen Saudi Arabien und dem Iran die Bühne. Die beiden Länder unterstützten im Syrienkrieg gegnerische Seiten. Jetzt begegnen sie einander „freundlich“, was die Tür für Syriens Rückkehr in die Liga öffnete.
Israels Erzfeind
Für Israel zählen Syrien und der Iran zu existenzbedrohenden Erzfeinden. Beide Länder anerkennen Israel nicht als legitimen Staat und unterhalten gute Beziehungen. Der Iran stand seit Beginn des Syrien-Krieges auf der Seite von Assad. Israel führt wiederholte Luftangriffe auf syrischem Gebiet, mit dem Argument, es gehe dabei um iranische Ziele. Die USA stehen auf Seiten Israels und betreiben ebenfalls Militärbasen in Syrien. Sie anerkennen al-Assad nicht und haben das Land mit Sanktionen völlig isoliert. Sie wollen Syrien unter UNO-Kontrolle bringen und „freie Wahlen“ unter Aufsicht der Vereinten Nationen abhalten. In der Hoffnung, das Thema „Assad“ sei dann erledigt. Die erfüllt sich jetzt nicht.
Russland und die Türkei
Die vormalige Sowjetunion hat seit dem Kalten Krieg gute Beziehungen zu Syrien, das bis zum Jahr 2000 von Hafiz al-Assad, dem Vater des jetzigen Präsidenten, regiert wurde. Präsident Wladimir Putin setzte diese Beziehungen auch unter Bashir al-Assad fort und unterstützte Syrien im Krieg. Moskau widersetzte sich zudem im UNO-Sicherheitsrat westlichen Forderungen, Assads Rücktritt zu erzwingen und so eine Aufteilung des Landes – ohne Assads Mitsprachrecht – zu ermöglichen. Im Zuge des Ukraine-Krieges zog Russland zwar Militärkräfte aus Syrien ab, bleibt aber im Land präsent.
Für Moskau ist das auch ein Trumpf gegenüber dem Westen. Auch die Türkei hat Interesse an einem stabilen Syrien. Sie bekämpfte zwar die Kurden im Norden Syriens. Nach Beginn des Bürgerkriegs kamen aber Millionen Flüchtlinge ins Land. Das führte zu wirtschaftlichen und sozialen Konflikten. Präsident Recep Tayyip Erdogan muss am kommenden Wochenende eine Wahl schlagen. Er versprach, eine Million Flüchtlinge nach Syrien zurückzuführen. Seit dem Vorjahr führt er dazu Gespräche mit Damaskus.
Farbrevolution nach Drehbuch
Auslöser für den Stellvertreterkrieg in Syrien waren Massenproteste im Zuge des „Arabischen Frühlings“, die sich 2011 von anderen arabischen Ländern auch auf Syrien ausbreitete. Sie richteten sich gezielt gegen den „Diktator Assad“ und folgten exakt dem Drehbuch der üblichen Farbrevolutionen. Assad ließ die Proteste niederschlagen, der Westen verurteilte und ächtete ihn. Auch die Arabische Liga. Es entstanden oppositionelle Milizen und Abspaltungen von der Syrischen Armee. Das Land wurde zum Spielball der „Weltmächte“.
Die Gründung der Arabischen Liga, im März 1945 in Kairo, war übrigens eine Reaktion auf die ambivalente Haltung des Westens gegenüber den arabischen Staaten nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Es entstand ein neuer „arabischer Nationalismus“. Ägypten war treibende Gründungs-Kraft. Eines der ersten Projekte der Liga war der Kampf gegen das Fortschreiten des Zionismus und gegen die jüdische Besiedlung Palästinas. Die Organisation hat 22 Mitgliedsländer – 21 Staaten in Afrika und Asien und der international nicht vollständig anerkannte Staat Palästina, vertreten durch die PLO.
Zum Autor: Kornelia Kirchweger war Journalistin bei „Austria Presse Agentur“, Bundespressedienst, „BBC“, „Asahi Shimbun“. Fokus: EU, Asien, USA, Afrika. Seit 2016 beim „Wochenblick“. Rockte die sozialen Medien mit ihrem offenen Brief an Greta Thunberg und machte gegen den UNO-Migrationspakt mobil.
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