Vor dem Oberlandesgericht Dresden wird seit zwei Jahren (!) ein Prozess gegen ein linksradikales Netzwerk um die Studentin Lina E. geführt. Natürlich erregt dieser nicht annähernd die mediale Aufmerksamkeit, die Verfahren gegen angebliche und tatsächliche Rechtsextreme – vom Zschäpe-Prozess über die „Gruppe S“ bis zum aktuellen „Reichsbürger”-Verfahren in Koblenz – üblicherweise mit sich bringen… und das, obwohl die Abgründe von Gewaltbereitschaft und Fanatismus, die in Leipzig zutage treten, ein durchaus terroristisches Bedrohungspotential aufweisen.
Die linksradikale Gruppe machte immer wieder Jagd auf Männer, die ihrer Meinung nach Neo-Nazis waren, und griff sie brutal an. Ihre Aktivitäten beschränkten sich jedoch nicht auf Sachsen, sondern dehnten sich auf das ganze Bundesgebiet aus. Zusätzlich zu den vier Hauptangeklagten, wurden die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft (GBA) nun, nach Informationen von „Welt am Sonntag“ (WAMS), auf fünf weitere Personen ausgeweitet.
Unbehelligt jahrelang in der Stadtverwaltung tätig
Da der ewige Kampf gegen „rechts“ aber die einzige verbliebene Staatsräson der Bundesrepublik Deutschland ist, stößt der Dresdner Prozess auf allenfalls verhaltenes Interesse. Dabei haben die Abgründe der linksextremen Unterwanderung in dieser Form keinen Vergleich in der rechtsradikalen Szene – denn sie wird von Staat und Justiz achselzuckend hingenommen.
So konnte etwa offenbar der 35-jährige Henry A., einer der fünf neuen Ermittlungsziele, gänzlich unbehelligt in der Leipziger Stadtverwaltung tätig sein – und das, obwohl zugleich landesweit mehrere Verfahren wegen des Ausspähens von Daten, schwerem Raub, Sachbeschädigung, Landfriedensbruch und Handel mit Betäubungsmitteln gegen ihn liefen. Zudem war er Mitglied der Gruppe um Lina E., zu der er auch persönlichen Kontakt pflegte. Bei den Ermittlungen gegen A. stießen die Behörden auf ein linkes Waffenlager in Leipzig. Anscheinend alles nicht so wild, während bei den „Reichsrollatoren“ jedes beschlagnahmte Luftgewehr zur Putschistenwaffe stilisiert wurde.
Polizeibekannte linksextreme Straftäter
Auch der 46-jährige Thomas J. zählt zu den neuen Verdächtigen, befindet sich jedoch auf der Flucht. Anfang des Monats geriet er in eine Polizeikontrolle in Brandenburg, konnte aber entwischen und ist bislang nicht auffindbar. Der Halter des Wagens, in dem J. erwischt wurde, gehört einer Organisation für „Betroffene rechter Gewalt” in Sachsen.
Dort erklärte man, den Fall angeblich „prüfen” zu wollen – verweigerte aber Auskünfte, ob der Verdächtige noch in Diensten der Organisation steht. Eine Spur führt sogar in den Norden Syriens: Dort soll sich ein polizeibekannter linksextremer Straftäter, der an einem brutalen Angriff auf einen NPD-Politiker in dessen Wohnung im sächsischen Eilenburg im März 2021 beteiligt war, einer der kurdischen Arbeiterpartei PKK nahestehenden Gruppe angeschlossen haben.
Europweit vernetzt
Spuren deuten darauf hin, dass der Mann zudem als Scharfschütze in Syrien tätig war. Auch er soll Kontakt zur Gruppe um Lina E. gehabt haben. Laut WAMS gehören 15 Personen zu deren hartem Kern. Dazu zählt auch der ebenfalls flüchtige Johann G., den die gegen ihn laufende Fahndung nicht davon abhielt, an einem gewaltsamen Angriff auf Rechtsextremisten in Budapest teilzunehmen.
Man kann sich unschwer vorstellen, wie das mediale Echo ausfiele, wenn eine rechtsextreme Gruppe Jagd auf Linksextreme im In-und Ausland machen würde und sich auch noch ein ausgebildeter Scharfschütze darunter befände, der zudem noch Mitglied einer ausländischen Terrororganisation wäre.
E. längst zur Heldengestalt avanciert
Aber weder das noch der Umstand, dass es sich hier um eine äußerst brutale Organisation handelt, deren Mitgliederzahl sich als immer größer herausstellt und der Prozess gegen die Verdächtigen bereits zwei Jahre andauert, ist für die deutschen Medien kein Grund zu regelmäßiger Berichterstattung und den sonst so dringlichen Warnungen vor Radikalismus.
Im Gegenteil: Hier wird dann sogar nicht selten dem der linken Szene erhobenen Vorwurf unkritisch Gehör verschafft, die Behörden würden den gesamten Fall um Lina E. „aufbauschen”. Diese selbst ist in diesen Kreisen längst zur Heldengestalt avanciert. Im Juni soll das Urteil gefällt werden. Linksradikale haben bereits einen „Tag X“ angekündigt, an dem mit bundesweiten Krawallen zu rechnen sein soll.
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