Von Attila Ditzendy
Die Verleihung des Ungarischen Filmpreises fand heuer im Grand Hotel in Balatonfüred als Abschlussveranstaltung des ersten ungarischen Filmfestivals statt, das gemeinsam vom Nationalen Filminstitut und dem Programm „Veszprém-Balaton 2023 – Kulturhauptstadt Europas“ organisiert wurde.
Der Preis für die beste Kurzdokumentation ging diesmal an den Film „Genozid in Engerau“ („Népirtás Pozsonyligetfalun“).
Der Dokumentarfilm „Genozid in Engerau“ wurde von Dávid Géczy und Zoltán Udvardy inszeniert und von Fruzsina Skrabski produziert. Der Film beschäftigt sich mit dem Lagersystem in Engerau, einem Vorort von Pressburg südlich der Donau (ungar. Pozsonyligetfalu, heute slowak. Petrzalka), wohin Tausende von Ungarn und Deutschen, die in und um Pressburg lebten, in den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs deportiert wurden.
Im dem Internierungs- und Konzentrationslager, das von 1945 bis 1947 in Betrieb war, lebten fast ausschließlich ungarische und deutsche Zivilisten mit ihren Familien. Der Dokumentarfilm enthüllt die Geschichte der fast 100 ungarischen Häftlinge, die in diesem Lager hingerichtet wurden. Im Film hört man unter anderem die Stimme eines Überlebenden ungarischer Nationalität aus dem für Deutsche eingerichteten Lager. Die Geschichte zeigt auch, dass die Soldaten des slowakischen Regiments, das von Prag nach Bratislava geschickt wurde, um das Lager in Engerau zu bewachen, für Dutzende Massaker auf dem Weg verantwortlich war, so in Přerov (Mähren), wo ein Zug mit ungarischen und deutschen Familien hingemetzelt wurde, die zuvor aus dem Hochland in den Westen geflohen waren, um der Front zu entkommen.
– Ich sehe die Bedeutung des Preises darin, die Aufmerksamkeit auf die Massaker an ungarischen und deutschen Zivilisten zu lenken, die im Juni und Juli 1945 in Engerau und bei Přerov in Mähren stattfanden“, erklärte Zoltán Udvardy. Er fügte hinzu, dass die beiden Massaker, die eng miteinander verbunden sind, eine tragische Tatsache nicht nur der ungarischen, sondern auch der Weltgeschichte darstellen, die unverdientermaßen in Vergessenheit geraten ist. Weltgeschichte, weil zwei Jahre nach dem Ereignis, im Oktober 1947, die Leichen von Frauen und Kindern, die nach dem Massaker an deutschen und ungarischen Familien verscharrt worden waren, in einem Krematorium bei Olmütz in der Tschechischen Republik verbrannt wurden, um die Spuren des Massakers zu verwischen.
– Das heißt, zwei Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg rauchten wieder die Krematorien und es lag wieder Rauch von menschlichen Leichen in der Luft, mitten in Europa“, betont der Regisseur. Eine der wichtigen Aufgaben des Films ist es, darauf aufmerksam zu machen, dass man sich der ehemaligen Krönungsstadt Pressburg heute nicht nähern kann, ohne an den Massengräbern hingerichteter ungarischer und deutscher Opfer, ehemaliger Bewohner der Stadt und ihrer Umgebung vorbeizukommen. Die Straße von Engerau/Pozsonyligetfalu/Petrzalka nach Pressburg führt von Ungarn her kommend über eines der Massengräber. Einige der Häuser der heutigen Wohnsiedlung am Stadtrand wurden auf diesen Massengräbern errichtet.
Zoltán Udvardy weist auch darauf hin, dass es bereits eine kleine Gedenkstätte an der Festung Bs‑6 gibt.
Zeichen der spürbaren Opposition gewisser Kreise gegen den Film war nicht nur, dass ein slowakischer Historiker, den man interviewt hatte, schließlich darum bat, aus dem bereits fertigen Film herausgeschnitten zu werden. Auch ein Friedhofsregister, das seit 1945 existierte, aber am Tag der Dreharbeiten seltsamerweise verloren gegangen war, stellte die Kreativität der Filmemacher-Crew auf die Probe…
Quelle: Magyar Nemzet
Népirtás Pozsonyligetfalun (ungarisch):
Filmtrailer (in englischer Sprache):