Horst D. Deckert

Zeitgeist 2021: Sprechen wie ein hilfreicher Deutscher

An ihrem Gefasel soll man sie erkennen, die Zeitgeistdeutschen, sprach der Herr. Man hätte sie allerdings auch so erkannt. Ein Flug über das Kuckucksnest.

von Max Erdinger

„Edel sei der Mensch, hilfreich und gut“, hieß es bei Goethe, als er über das Göttliche nachdachte. Das ist lange her. Inzwischen tat der Fortschritt, was er immer tut. Er schritt hinfort. Mit ihm hinfortgeschritten ist das Göttliche, was sich daran erkennen läßt, daß die göttlich einfachen Sätze immer länger geworden sind. „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut – bei seiner Selbstbeweihräucherung“, heißt es heute. Zwei Beispiele dafür, wie sich das dann im Einzelfall liest, liefern Frau Bundestagsvizepräsident Roth, Claudia, und Herr Erzbischof Koch, Heiner. Ladies irgendeines Geschlechts first.

Die grüne „Bundesempörungsbeauftragte“

Zitat Frau Bundestagsvizepräsident: „Ich bin leidenschaftliche Parlamentarierin. Der Bundestag ist die Herzkammer unserer Demokratie und es ist mir tagtäglich Freude, Ehre und Verantwortung, wichtige Sitzungen und Debatten für eine bessere Zukunft zu leiten. Gerade in Zeiten, in denen antidemokratische und autoritäre Kräfte immer lauter werden, zeigt sich die große Bedeutung unseres Parlaments.“ (Quelle: Facebook Claudia Roth)

Da ist so viel Weihrauch im Spiel, daß man sich große Sorgen machen muß um die Bedeutung des Parlaments. So hätte man das früher ausgedrückt. Heute: Da ist „ganz, ganz viel“ Weihrauch im Spiel, so daß man sich „voll viele“ Sorgen machen muß um die „ganz, ganz große Bedeutung“ des Parlaments angesichts der „ultrakrass verlogenen“ Selbstbeweihräucher:innen, die dort derartig die Luft verpesten mit dem Mundgeruch der Lüge, daß sich alle Deutschen Schutzmasken aufsetzen müssen, sobald jemand ein Parlamentsfenster öffnet.

Die Frau Bundestagsvizepräsident kann ihre Äußerung nicht ernstgemeint haben, wenn man ihr geistige Gesundheit unterstellt. Die grüne „Bundesempörungsbeautragte“ ist immer leidenschaftlich. Sehr zum Leidwesen der Deutschen ist sie auch Parlamentarierin. Eine „leidenschaftliche Parlamentariern“ ist sie hingegen nicht. Sie ist nur leidenschaftlich und Parlamentarierin. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Ihr Amt als Bundestagsvizepräsident führt sie mehr so, als hielte sie sich für die Parlaments-Arierin. Anders läßt sich kaum erklären, daß sie einem Oppositionspolitiker von der AfD einen Ordnungsruf dafür verpasste, daß der sie mit „Frau Bundestagspräsident“ angesprochen hatte. „Frau Bundestagspräsidentin“ hätte der gute Mann zu sagen gehabt. Ein Parlament, in dem sich die Frau Präsident recht kleingeistig an solchem Pipifax erregt, ist aber keine „Herzkammer unserer Demokratie“, sondern ein Kindergarten, in dem die verzogenste aller Bratzen die Kindergärtnerin selber ist.

Und „unser Parlament“? Auf dem Reichtstagsgebäude gibt es die Inschrift „Dem deutschen Volke“. Die Frau Bundestagsvizepräsident lief aber bereits hinter einem Demo-Transparent her, auf welchem zu lesen war: „Deutschland, du mieses Stück Scheiße.“ Weshalb zu fragen wäre, wofür sich die Frau Bundestagsvizepräsident selbst hält, wenn sie von „unser Parlament“ spricht, es sei denn, man unterstellt, daß sie mit „unser“ vor „Parlament“ eigentlich das Parlament als Eigentum von sich und ihresgleichen gemeint hatte. Daß dem so sein könnte, dafür liefert ihr nicht viel weniger schriller Fraktionskollege Hofreiter ein Indiz, wenn er von „unsere Verfassung“ spricht. Wenn er nämlich eine mit dem Grundgesetz unvereinbare, grüne Forderung nach Frauenquoten in den Parlamenten nicht durchsetzen kann, eben weil das verfassungswidrig wäre, dann sagt ein grüner Hofreiter nicht: „Schade, dann werde ich die Quotenforderung wohl fallen lassen müssen“, sondern er sagt: „Dann muß unser Grundgesetz eben geändert werden, damit ich meine Forderung durchsetzen kann.“ So sieht es aus, das totalitäre grüne „Pack“ (Sigmar Gabriel), das sich in der „Herzkammer unserer Demokratie“ recht „leidenschaftlich“ eingenistet hat.

Im Wort „Parlament“ steckt nicht umsonst das Verb „sprechen“. Das impliziert, daß das Parlament auch ein Ort des Zuhörens sein muß. Ein Ort, an dem lediglich Selbstgespräche geführt werden sollen, müsste nämlich „Autoparlament“ heißen. Die grüne „Bundesempörungsbeauftragte“ denkt aber noch nicht einmal als „Frau Präsident“ daran, zuzuhören. Sobald von der Opposition jemand am Rednerpult steht, den sie nicht leiden kann, während sie selbst bei ihren Fraktionskollegen im Plenarsaal sitzt, dreht genau dieselbe Kindergärtnerin, die Ordnungsrufe wegen der Anrede „Frau Präsident“ erteilt, dem Redner demonstrativ den Rücken zu, um zu signalisieren: „Ich will gar nicht hören, was der Parlamentarier zu sagen hat.“ Und niemand erteilt ihr dafür einen Ordnungsruf. So geht es zu in „unserer Herzkammer der Demokratie“.

Abgesehen davon verlegt bald jeder Parlamentarier die „Herzkammer unserer Demokratie“ gern in die Fernsehstudios jener durchideologisierten Propagandisten, von denen er mutmaßt, daß sie ihm wohlgesonnen sein könnten, weswegen ihm schließlich Widerreden, die er in der „Herzkammer unserer Demokratie“ hinzunehmen hätte, im Fernsehstudio erspart bleiben. Oder hat jemand schon einmal einen Parlamentarier im Fernsehstudio gesehen, der während der fetten Talgshow auf seinem Smartphone herumgedaddelt hätte? Wer daddelnde Parlamentarier anschauen will, der muß via Live-Übertragung einen Blick in die spärlich besetzte „Herzkammer unserer Demokratie“ werfen. Dort ist nicht Politik das Thema, sondern „Candy Crush Saga“ oder „Sudoku“. Und zwar „leidenschaftlich“.

Daß es sich bei „unserer“ Frau Bundestagsvizepräsident um ein altgewordenes Mädchen handelt, das lediglich in seiner Eigenwahrnehmung „ewig jung“ geblieben ist, kann man auch an ihrem Kleidungsstil erkennen. Da fehlt nur noch ein Stirnband, an dem wippende Stahlfedern befestigt sind, von denen zwei Papphände mit ausgestreckten Zeigefingern auf „unsere Frau Bundestagsvizepräsident“ herunterzeigen und dauernd ein „Ich, Ich, Ich“ signalisieren. Jedenfalls: Aus dem Munde einer solchen Berufsjugendlichen Zitate wie das obige zu vernehmen, ist, wie zum Schaden auch noch den Spott ertragen zu müssen. Das einzige, was meinereiner aus dem Munde von „unsere Frau Bundestagsvizepräsident“ zu vernehmen wünscht, ist, daß der Meeresspiegel steigt. Aber auch nur dann, wenn sie zuvor in einem angebohrten Tretboot auf einem Baggersee bei Augsburg ausgesetzt wurde. Die große Bedeutungslosigkeit „unseres Parlaments“ zeigt sich nämlich daran, daß sich dort „antidemokratische und autoritäre Kräfte“ wie die grüne Frau Präsident „für eine bessere Zukunft“ tummeln können.

Der Kleriker

Im „Tagesspiegel“ gibt es ein Interview zum sexuellen Kindesmißbrauch durch den Klerus. Befragt wird der Erzbischof von Berlin, Koch, Heiner. Kleine Kinder, die sich unter einem Erzbischof noch nichts vorstellen können, wohl aber unter einer Erdbeere, nennen ihn gern den „Erdbeerschorsch“. Bereits die Schlagzeile des Interviews läßt erkennen, daß der „Erdbeerschorsch“ strategisch nachgedacht hatte, bevor er zum Interview erschienen ist. Dabei war ihm wohl eingefallen, daß es vielleicht ganz gut „rüberkommen“ würde, wenn auch er selbst sich ein bißchen zum „Opfer von irgendwas“ stilisiert, auf daß die Gnadenlosigkeit nicht ganz so brutal über ihn herfalle. Jedenfalls liest sich die Schlagzeile so: „Die Rücktrittsfrage läßt mich nicht los.“ – Holla die Waldfee.

Wenn meinereiner nicht zurücktreten wollen würde, dann würde er das ebenfalls nicht zugeben. Und um zu verschleiern, daß der Entschluß, nicht zurückzutreten, bereits unwiderruflich gefallen ist – was ja unweigerlich dazu führen würde, daß ich gefragt werde, wie ich zu diesem Entschluß gekommen bin – würde ich so tun, als haderte ich noch immer mit der Rücktrittsfrage. Selbst zu hadern wiederum wäre etwas, das ich aktiv tun müsste. Als „Erdbeerschorsch“-Chef von Pädophilen tut man aber am besten gar nichts, weil einem alles, was man täte, böswillig falsch ausgelegt werden könnte. Gut, daß es die aktive Frage gibt, welche es einem abnimmt, selbst bereits etwas entschieden haben zu müssen. Die Frage tut etwas. So gern man auch selbst endlich Klarheit darüber hätte, was wohl am besten zu tun sei, – die vermaldeite Frage, sie läßt einen ums Verrecken nicht los, so hartnäckig hält sie sich an einem fest. Das ist eine regelrecht übergriffige Frage, die einen da nicht losläßt. Und sie hat den Vorteil, daß man sich als Ringkämpfer des Gewissens gerieren kann, was zweifellos geeignet ist, Pluspunkte zu generieren.

Die böse Frage, nicht und nicht will sie von „unserem Erdbeerschorsch“ ablassen. Dabei sind Rücktrittsfragen gar nicht so schwierig. Jeden Tag gibt es Leute, die sich sagen: „Mit dem kranken Scheiß will ich nichts zu tun haben.“ Dann setzen sie ihr Kündigungsschreiben auf, werfen es in den Briefkasten und der Käse ist gegessen. Für den „Erdbeerschorsch“ jedoch, einen gewissenhaften Mann von tiefer Besinnlichkeit, sind noch nicht einmal Rücktrittsfragen einfache Fragen. Und als ob das alles nicht schon schwierig genug wäre, läßt ihn eine solche Frage auch noch „nicht los.“

Schlimmer noch: Wer solche Bemerkungen dazu abliefert, wie ich hier gerade, ist wahrscheinlich „kein guter Christenmensch“, weil er eine unchristliche Gnadenlosigkeit dem „Erdbeerschorsch“ gegenüber herzeigt. Die Frage jedoch, ob es sich dabei um Gnadenlosigkeit oder um Wahrheitssuche handelt, wäre eine, die den „Erdbeerschorsch“ sofort loslassen würde. Fallen lassen würde eine solche Frage „unseren Erdbeerschorsch“ wie eine heiße Kartoffel. Allein die Rücktrittsfrage ist wild entschlossen, den „Erdbeerschorsch“ keinesfalls freizugeben. Aber gut, es ist ein alter Hut, daß es neben dem „salbungsvollen Geschwätz“ auch noch das „selbstsalbungsvolle“ gibt.

Frage des „Tagesspiegels“: „Erzbischof Koch, haben Sie in der Zeit nach der Veröffentlichung des Missbrauchsgutachtens für das Erzbistum Berlin über Ihren Rücktritt nachgedacht?

Antwort Erzbischof Koch: „Ich habe mir diese Frage gestellt; auch, aber nicht nur in Zusammenhang mit dem Rücktrittsgesuch von Kardinal Marx. Ich habe vor solchen Überlegungen und einem solchen Schritt einen hohen Respekt. Bislang war für mich die Antwort aber immer: Du arbeitest mit Deinen ganzen Kräften daran, dass der Missbrauch im Erzbistum Berlin aufgearbeitet wird und es mit der Prävention hier vorwärts geht. Ich muss aber sagen, dass mich diese Frage nicht loslässt.“ – yeah, so spricht der Mann Gottes. Immer nur im Dienste am Nächsten. Sogar im Falle der Erfolglosigkeit. Daß ein Erzbischof auch bei Erfolglosigkeit Penunze verdient wie ein Fürstbischof, spielt üüüberhaupt keine Rolle dabei. Obwohl es eine Rolle ist, die ihn nicht losläßt, wie er jeden Monat auf seinem Konto feststellen kann. Da ist schon hoher Respekt gefragt. Mit einem niedrigen Respekt wird man der Komplexität einer solchen Sache nicht gerecht.

Frage des „Tagesspiegels“: „Wie bewerten Sie im Rückblick Ihr eigenes Handeln als Erzbischof?

Antwort Erzbischof Koch: „Ich bemühe mich, zu handeln, so gut ich kann. Ich sehe aber, dass ich an meine Grenzen komme. Ich bin froh, dass ich für mein Handeln ein ganzes Team von Fachleuten für Hilfsangebote, Prävention und Intervention, aber auch in juristischen Fragen an der Seite habe. Die Missbrauchs- und Interventionsbeauftragten, vor allem aber die Begegnungen mit den Betroffenen sind für mich von enormer Bedeutung, denn als Erzbischof habe ich immer nur eine eingeschränkte Perspektive.“ – da trifft es sich gut, daß eine andere Nichtloslassungsfrage keiner stellt. Lauten würde sie folgendermaßen: Wenn schon der Erzbischof nichts anderes hat, als den lieben langen Tag eine dauernd eingeschränkte Perspektive zum uneingeschränkten Gehalt obendrein, und wenn diese Eingeschränktheit überwunden werden kann durch den Einsatz von Prävention, Intervention, Mißbrauchsbeauftragten und Beratung in juristischen Fragen … – wozu braucht man dann einen „Erdbeerschorsch“ überhaupt noch? Braucht man ihn, weil man sein Gehalt braucht, um die Kosten für die vielfältigen Beratungen davon abziehen zu können? – Ah, ich Dummerchen. Logisch, man braucht einen, weil den Betroffenen egal wäre, wie enorm wichtig jemandem Begegnungen mit ihnen sind, wenn derjenige kein „Erdbeerschorsch“ wäre. Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen: Unter den Pädophilen im Klerus selbst hat sich natürlich keiner als „Mißbrauchsbeauftragter“ verstanden. So ein Beauftragter ist schließlich ein Auftragnehmer, was impliziert, daß auch ein Auftraggeber vorhanden sein muß. Hoffentlich hat sich der Herr Erzbischof seine Mißbrauchsbeauftragten nicht bei den Grünen bestellt.

Ich weiß wirklich nicht, wie eingeschränkt „immer die Perspektive als Erzbischof“ sein muß, damit man erst einmal mit den Betroffenen sexuellen Kindesmißbrauchs reden muß, um zu verstehen, was einem erzbischöflich „enorm wichtig“ ist. Wahrscheinlich darf man auf gar keinen Fall Erzbischof sein, um auch ohne Gespräche mit Betroffenen zu verstehen, daß sexueller Kindesmißbrauch eine riesige Schweinerei ist. So betrachtet muß „Erzbischof“ wohl ein Synonym für „kulturgeschichtlich Behinderter“ sein.

Die Frau Bundestagsvizepräsident Roth und der Herr Erzbischof Koch: Tatsächlich nur zwei von vielen denkbaren Beispielen für die Unaufrichtigkeit und die Verlogenheit in besorgniserregend vielen „Herzkammern unserer Demokratie“. Was für ein Pech, daß Deutschland kein Tempel ist. Aus einem solchen sind nämlich schon einmal welche rausgeworfen worden. Von einem Wutbürger namens Jesus.

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