Horst D. Deckert

Facebook löschte massnahmenkritische Gruppe mit 10’000 Mitgliedern

«Friedvolles Einstehen für unsere Grundrechte und Demokratie» gehörte bis vor kurzem zu den wichtigsten Facebook-Gruppen in der Schweiz. Zumindest für 10’000 Kritiker der Corona-Massnahmen, welche die Gruppe regelmässig nutzten, um sich zu vernetzen und Informationen weiter zu vermitteln.

Doch daran fand Facebook zuletzt keinen Gefallen mehr. Am 24. Mai 2021 wurde die Gruppe gelöscht. «Friedvolles Einstehen für unsere Grundrechte und Demokratie verstösst gegen unsere Gemeinschaftsstandards zu gefährlichen Personen oder Organisationen», lautete die Meldung, welche der Internetkonzern dazu schrieb.

Kein Verständnis dafür hat Tatiana Chamina, die als Administratorin zuletzt für die Gruppe verantwortlich war. «Das ist Zensur», sagt sie gegenüber Corona-Transition. Zu denken gibt der Aktivistin insbesondere auch der Zeitpunkt der Löschung. «Damit unterdrückte Facebook die Meinungsfreiheit im Vorfeld der Abstimmungen zum Covid-19- und PMT-Gesetz, über die am 13. Juni abgestimmt wurde», sagt sie weiter.

Aus heiterem Himmel kam die Aktion des Internetkonzerns für Chamina aber dennoch nicht. «Unsere Gruppe wurde bereits vorher einmal gesperrt. Dagegen konnten wir jedoch noch Einspruch erheben.» Zudem habe Facebook die Gruppe in der Vergangenheit auch bereits verwarnt, weil sie unter anderem Videos des Infektionsepidemiologen Sucharit Bhakdi geteilt habe, sagt die Aktivistin.

Überrascht ist Chamina, dass offenbar zahlreiche Personen ihre Hebel in Bewegung gesetzt haben, um ihre Facebook-Gruppe zum Schweigen zu bringen. Darunter auch bekannte Namen. Geradezu gefeiert wurde der Cancel-Akt des Internetkonzerns von der ehemaligen Zuger Kantonsrätin Jolanda Spiess-Hegglin. Auf Facebook schrieb sie kurz nach der Löschung der Gruppe: «Das ist eine sehr gute Nachricht. Dankeschön an alle, welche sie gemeldet haben. Es war mehr als eine Gruppe von harmlosen Schwurblern.»

Aussagen, die Chamina befremden. «Spiess-Hegglin gibt vor, sich für eine offene und tolerante Gesellschaft einzusetzen. Mit der Aktion gegen unsere Gruppe zeigte sie jedoch, dass es ihr gar nicht darum geht», sagt die Aktivistin. Die ehemalige Grüne-Politikerin ist seit Jahren aktiv im Netz tätig. 2016 gründete sie dafür den Verein «Netzcourage», der laut eigenen Angaben Diskriminierung und Rassismus im Internet bekämpft. Präsidiert wird er von SP-Nationalrätin Tamara Funiciello und der Grünen Nationalrätin Greta Gysin.

Chamina ist überzeugt, dass zuletzt Druck ausgeübt wurde, um ihre Gruppe zu löschen. «Ich weiss, dass mehrfach Screenshots von einzelnen Kommentaren in unserer Gruppe in Kanälen von linken Gruppen die Runde machten. Dort wurde gefordert, dass man gegen uns stärker vorgehen müsse.» Laut Chamina habe es sich dabei stets um besonders heikle und wenig reflektierte Äusserungen gehandelt. «Damit suchte man Gründe, um gegen uns vorzugehen.» Und weiter die Aktivistin:

«Natürlich schreibt der eine oder andere in einer Gruppe von 10’000 Mitgliedern ab und an einmal einen unschönen oder beleidigenden Kommentar. Das ist auch nicht kontrollierbar.»

Meistens habe sie diese Kommentare auch gelöscht, wenn sie ihr aufgefallen waren. Chamina hält aber auch fest: «Das ist noch lange kein Grund, um die Gruppe zu löschen. Denn damit wird die Meinungsfreiheit massiv eingeschränkt.»

Das Vorgehen gegen die Gruppe sei zwar ärgerlich. Doch Chamina sieht dem auch mit einer gewissen Lockerheit entgegen. Inzwischen sei sie sich schon vieles gewohnt. Als Aktivistin und Kritikerin der Corona-Massnahmen habe sie in den vergangenen 16 Monaten einiges einstecken müssen. «Mehrfach erhielt ich telefonische oder schriftliche Drohungen. Auch erlebte ich merkwürdige Dinge. Beispielsweise kam es in meiner Garage nach einer Demonstration im letzten Jahr plötzlich zu einem Brand.» Warum genau, sei nach wie vor unklar.

Mittlerweile hat die Aktivistin wieder eine neue Facebook-Gruppe unter dem Namen «Friedvolles Einstehen für unsere Grundrechte und Demokratie» ins Leben gerufen. Allerdings hat sie nun markant an Reichweite verloren. «Wir haben gegenwärtig bloss noch 3400 Mitglieder.» Doch die Tendenz sei steigend.

Unklar ist, welche Rolle Spiess-Hegglins Verein bei der Löschung der Gruppe gespielt hat. Mehrere Fragen von Corona-Transition dazu blieben unbeantwortet. Der Verein sorgte zuletzt gleich mehrfach für Schlagzeilen. Die Weltwoche schrieb unlängst, dass der Verein auch von staatlichen Stellen unterstützt wird. Für die kommenden zwei Jahre habe das eidgenössische Gleichstellungsbüro im Departement von Bundesrat Alain Berset (SP) «Netzcourage» 192’000 Franken zugesprochen. Die Ostschweiz wiederum deckte Ende Mai auf, mit welchen Mitteln der Verein gegen unliebsame Personen vorgeht.

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