Horst D. Deckert

Die Flutkatastrophe: Die Gefahr wurde unterschätzt

Die menschengemachte, aber nicht durch den immer währenden Klimawandel hervorgerufene Flutkatastrophe in NRW hat etwas zu Tage gefördert, was viele schon lange erahnt haben: Die Natur rächt sich immer.

Hier die aktuellen Meldungen dazu, die belegen, dass Politiker immer nur handeln können, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen und alles zu spät ist und dass der so genannte Klimawandel lediglich eine faule Ausrede ist und nur die Grünen wieder hochbringen soll.

Mindestens 126 Tote nach Hochwasser – Weitere Opfer befürchtet

Beim Hochwasser im Südwesten und Westen Deutschlands sind mindestens 106 Menschen ums Leben gekommen, hinzu kommen mindestens 20 weitere Todesopfer jenseits der Grenze. Rheinland-Pfalz meldete mindestens 62 Tote, alle im Kreis Ahrweiler. NRW zählte mindestens 43 Todesopfer.

Außerdem kam am Tagebau Inden mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Arbeiter ums Leben. „Vermutlich kann nicht mehr davon ausgegangen werden, den Mitarbeiter noch lebend zu finden“, teilte RWE am Freitagabend mit. Die Hochwasser führende Inde hatte bei Lamersdorf einen Deich überspült und war anschließend in den Tagebau eingedrungen.

Der 58-jährige Beschäftigte wurde von den Wassermassen mitgerissen. In Erftstadt sagte ein Vertreter des Krisenstabes, es werde mit mehreren Todesopfern gerechnet, nachdem ein Ortsteil weitgehend über- und unterspült wurde. Unter anderem, weil Einsatzkräfte beobachtet hätten, wie Fahrzeuge mit Insassen von Wassermassen weggerissen wurden.

Die Polizei Koblenz ermahnte, trotz teilweise aufgehobener Straßensperrungen Fahrten in die Katastrophengebiete zu vermeiden und Platz für die Einsatzfahrzeuge zu lassen. Die Stadt Trier teilte mit, im Moment würden keine Helfer benötigt. Auch Sachspenden würden derzeit nicht gebraucht.

Stattdessen solle man spenden. In Belgien wurden in Zusammenhang mit dem Hochwasser mindestens 20 Todesopfer gezählt, für den 20. Juli wurde Staatstrauer angeordnet.

Klöckner fordert Vorbereitung auf bundesweite Krisenszenarien

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) hat angesichts der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz vor der Zunahme von extremen Wetterereignissen gewarnt. „Wir wissen, dass solche Extremwetterereignisse zunehmen werden. Daher brauchen wir entsprechende Anstrengungen beim Klimaschutz – in Deutschland, aber auch weltweit“, sagte Klöckner der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ).

Klöckner kündigte an, die Vorsorge vor Unwettern voranzutreiben. „Wir arbeiten daran, uns mit Blick auf Extremwetterereignisse und Naturkatastrophen, aber auch den Bevölkerungsschutz bundesweit und über alle Ebenen weiter zu vernetzen. Die Akteure in Bund, Land, Städten und Kreisen sowie Hilfsorganisationen sind leistungsfähig, aber für bundesweite Krisenszenarien brauchen wir einen verlässlichen Rahmen“, sagte Klöckner der „NOZ“.

Es dürfe nicht so weit kommen, dass das Leben an Flüssen und Küsten in Deutschland nicht mehr möglich sei. „Deswegen arbeiten wir mit voller Kraft daran“, sagte Klöckner. Jeder Einzelne sei gefordert, seinen Beitrag zu Umwelt- und Klimaschutz zu leisten.

„Das Bewusstsein dafür ist in den vergangenen Jahren in der Bevölkerung gestiegen, und das ist gut“, betonte die CDU-Politikerin. Die Union hat aus ihrer Sicht „ein überzeugendes Konzept für den Kampf gegen den Klimawandel“ vorgelegt. „Die Pläne sind konkret und ehrgeizig“, sagte Klöckner.

Katastrophenschutz-Präsident: Gefahr wurde unterschätzt

Der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Armin Schuster, sieht ein Fehlverhalten bei einigen Opfern der Starkregenkatastrophe. Der Behörden-Chef sagt zu „Bild“ (Samstagausgabe): „Einige Opfer haben die Gefahr unterschätzt und zwei Grundregeln bei Starkregen nicht beachtet. Erstens: Bei Wassereintritt Kellerräume meiden. Zweitens: Sofort Strom abschalten.“ Schuster hatte am Mittwoch seinen Urlaub abgebrochen und war ins Katastrophengebiet geeilt. Schuster sagte zu „Bild“: „Die Einsatzleitung obliegt bei solchen Katastrophen den betroffenen Ländern.“

Eine Einsatzbewertung lehnt Schuster zum augenblicklichen Zeitpunkt ab: „Vor Ort liegt die Verantwortung bei den Landratsämtern. Wie wirkungsvoll im Katastrophengebiet Sirenen und Lautsprecherdurchsagen zum Einsatz kamen, kann das Bundesamt zum jetzigen Zeitpunkt nicht bewerten.“ Grundsätzlich stellt der langgediente Polizist und Innenexperte fest: „Es besteht beim Bevölkerungs- und Zivilschutz massiver Investitionsbedarf für eine gute Krisenvorsorge. Das gilt auch für meine Behörde, das BBK (400 Mitarbeiter derzeit). Die richtigen Pläne dafür haben wir in der Umsetzung. Schwerpunkt für nationale Krisen ist das koordinierte Zusammenwirken von Bund und Ländern mit allen Behörden und Rettungs- wie Hilfsorganisationen. Dann sind wir auch für multiple Einsatzlagen gut gerüstet.“ Laut „Bild“-Bericht wäre hierfür eine Vervierfachung des Personals erforderlich. „Gute Krisenvorbeugung ist jetzt genauso wichtig wie gute Klimapolitik“, sagte Schuster. Nach „Bild“-Informationen ist ein Besuch von Bundesinnenminister Horst Seehofer mit Schuster im Überschwemmungsgebiet für Montag geplant.

FDP will Bundestagsabgeordnete aus dem Urlaub holen

Die FDP fordert eine Sondersitzung des Bundestages, um weitere Hilfen für Opfer der Unwetterkatastrophe im Westen Deutschlands anzuschieben. „Wichtig ist, dass den Menschen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz schnellstmöglich geholfen wird. Dafür muss der Bund zeitnah eine unbürokratische Nothilfe beschließen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Samstagausgaben).

„Die Bundesländer alleine können das nicht leisten.“ Dabei könne man auf bewährte Mechanismen setzen. „Mit dem Aufbauhilfefonds aus dem Jahr 2013 haben wir so ein Instrument. Dieser sollte aufgestockt und genutzt werden, damit schnell den Menschen geholfen werden kann, die vor den Trümmern ihrer Existenz stehen“, sagte Buschmann. „Der Deutsche Bundestag könnte das bei einer baldigen Sondersitzung auf den Weg bringen“, schlug er vor. „Dies wäre zusätzlich auch ein deutliches Signal an die vielen betroffenen Menschen, dass das Parlament ihnen zur Seite steht.“

Städte und Gemeinden fordern schnelle Hilfe nach Unwetter

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert schnelle Hilfen von Bund und Ländern nach der Unwetterkatastrophe, aber auch verkürzte Planungsverfahren für Klima- und Katastrophenschutzprojekte. In den betroffenen Städten und Kreisen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz seien Teile der Infrastruktur weitgehend zerstört, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Hier brauchen wir einen nationalen Kraftakt des Bundes und der betroffenen Bundesländer, mit dem der Wiederaufbau schnell und unbürokratisch organisiert und finanziert werden kann.“

Es müssten kurzfristig Ersthilfen bereitgestellt werden, aber auch Finanzzusagen für nötige Baumaßnahmen erfolgen. „Gleichzeitig zeigt die Katastrophe, dass wir die Anstrengungen nicht nur im Hinblick auf den Klimawandel, sondern insbesondere auch mit Blick auf die Klimafolgenanpassung deutlich verstärken müssen“, sagte Landsberg weiter. Dazu gehöre insbesondere ein Klimaschutzbeschleunigungsgesetz, so dass die Planungsverfahren beschleunigt und mögliche Gerichtsverfahren verkürzt würden.

„Hier kann man sich beispielsweise die Erweiterung oder den Neubau von Talsperren, die Schaffung von großen Überschwemmungsgebieten, aber auch den Umbau unserer Innenstädte mit mehr Grün und mehr Freiflächen vorstellen“, so der Hauptgeschäftsführer. „Die für einen klimagerechten ökologischen Umbau in der Fläche notwendigen Mittel können die Kommunen niemals alleine aufbringen“, sagte Landsberg. „Deswegen muss aus der weiteren CO2-Bepreisung langfristig finanzieller Spielraum für derartige Maßnahmen geschaffen werden.“

Katastrophenschützer verteidigt Maßnahmen

Die Katastrophenschützer in Rheinland-Pfalz verteidigen sich gegen den Vorwurf, im Vorfeld der Überschwemmungen zu wenig gewarnt zu haben. „Diese Wetterlage konnte in dieser Heftigkeit nicht so frühzeitig vorhergesagt werden, um noch mehr Maßnahmen zu treffen. Aber mit unseren Maßnahmen konnten wir zumindest erreichen, dass keine Stauseedämme in Gefahr waren“, sagte Thomas Linnertz, Präsident der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), die in Rheinland-Pfalz den Katastrophenschutz koordiniert, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Samstagausgaben).

Er vermute, dass viele Menschen die Warnungen falsch eingeschätzt haben. „Es gab schon am Mittwoch Warnungen des Deutschen Wetterdienstes, auch Katwarn und Nina haben ausgelöst. Viele Menschen haben jedoch gedacht, dass vielleicht der Keller volllaufen würde. Aber so hohe Pegelstände wie bei der Ahr, das hat noch niemand erlebt, das hat uns alle überrascht.“ Noch am Mittwoch hätten alle Landkreise und Einsatzleitungen die Situation weitgehend im Griff gehabt. Dann kippte die Lage jedoch schlagartig.

„In der Nacht zu Donnerstag hat sich die Lage so dramatisch verändert, dass wir vor einem riesigen Problem standen. So viele Vorsichtsmaßnahmen können Sie gar nicht treffen, wie da Wasser vom Himmel prasselte. Die Flüsse sind so schnell angestiegen, dass wir gar nicht mehr die Menschen evakuieren konnten. Hinzu kommt, dass wir wegen des Mobilfunk- und Stromausfalls viele Menschen nicht erreichen konnten. Damit kämpfen wir weiterhin in vielen Regionen, und das ist auch einer der Gründe, warum so viele Menschen vermisst werden. Ich hoffe sehr, dass wir möglichst schnell die Menschen finden“, sagte Linnertz dem RND.

Dreyer verteidigt Hochwasserschutz

Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), hat die These zurückgewiesen, den Hochwasserschutz vernachlässigt zu haben. Ihr Land habe in den vergangenen Jahren „viele Millionen in den Hochwasserschutz investiert“, sagte sie der „Bild“ (Samstagausgabe). „Doch hier handelt es sich um ein Starkregen-Ereignis in einer Region, wo dies so noch nie zuvor vorgekommen ist.“

Auch dort habe man schon vor der Katastrophe Hochwasserschutz-Maßnahmen „entwickelt“, so Dreyer. Es handele sich um eine „nationale Katastrophe“ und eine „Katastrophe, wie sie Rheinland-Pfalz noch nie erlebt hat“. Es gebe allein 60 Tote nur im Landkreis Ahrweiler zu beklagen – und eine zwei bis vierstellige Zahl an Vermissten, sagte die Regierungschefin.

Viele Bürger seien „nicht erreichbar, weil bis heute Morgen kein Handyempfang möglich war und zum Teil immer noch nicht möglich ist“. Dreyer sagte, es sei „ganz, ganz schrecklich“, dass es allein zwölf tote schutzbedürftige Menschen in einer Einrichtung der Lebenshilfe zu beklagen gibt. „Die Welle kam in Minuten mit einer solchen Geschwindigkeit, dass sie sich nicht mehr retten konnten.“

Viele Rettungskräfte seien seit mehr als 36 Stunden im Einsatz, eine Stabsstelle zur Koordination des Krisenmanagements sei eingerichtet, die Federführung habe das Innenministerium. „Stand heute müssen wir leider sagen, dass sich die Lage noch nicht entspannt. Stündlich ereilen uns neue Hiobsbotschaften“, so die SPD-Politikerin.

Die Schäden an der Infrastruktur seien „so dramatisch und gewaltig, dass es lange Zeit dauern wird, alles wieder aufzubauen“. In Ausnahmesituation wie dieser sei es auch schlimm, dass im Land auch „Gerüchte die Runde machten, dass zum Beispiel eine Talsperre brechen könnte“, so Dreyer. Das sei „zum Glück“ nur ein Gerücht gewesen.

Katastrophenschützer fordern Investitionen in Krisenvorsorge

Der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Armin Schuster, hat angesichts der Hochwassertragödie in NRW und Rheinland-Pfalz mit mehr als 100 Toten massive Investitionen in die Krisenvorsorge gefordert. „Durch Corona und die jüngsten Unwetter ist in sehr kurzer Zeit sehr klar geworden, dass Fragen der akuten Krisenvorsorge mit der gleichen Priorität behandelt werden müssen wie der Kampf gegen den Klimawandel“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Samstagausgaben). „Das Problem des Klimawandels können wir allein ohnehin nicht lösen. Und so lange wir keine Lösungen haben, müssen wir mit voller Kraft in Bevölkerungsschutz, Resilienz und Krisenvorsorge investieren“, so Schuster. „Dazu braucht es jetzt einen gemeinsamen politischen Willen. Wir können nicht warten, bis wir klimapolitisch erfolgreich sind.“

Und weiter sagte Schuster: „Die Erwartungen an das BBK und das Technische Hilfswerk sind gerade immens. In diesem Verhältnis sind nun auch unsere Erwartungen an den Bundesfinanzminister immens.“ (Mit Material von dts)

 

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