Horst D. Deckert

Sicherungshaft: ÖVP-Oberösterreich-Chef Stelzer nun auf Kickl-Linie

„Rechts blinken und dann doch wieder links abbiegen“, ist seit langem die Devise der ÖVP  – auch in Oberösterreich, wo im September ein neuer Landtag gewählt wird. Nun übernahm ÖVP Landeshauptmann Stelzer eine Forderung von FPÖ-Chef Kickl: Sicherungshaft für intensivkriminelle Asylwerber. Gerade diesen Ansatz hatte FPÖ-Oberösterreich Chef Manfred Haimbuchner vor kurzem noch vehement abgelehnt. 

Ein Kommentar von Michael Mayrhofer und Michael Scharfmüller

In den Oberösterreichischen Nachrichten erschien am 23. August der Artikel „Sicherungshaft für Migranten entzweit ÖVP und FPÖ in Oberösterreich„. Natürlich ist die markige Überschrift Vorwahl-Getöse, aber die Inhalte sind durchaus überraschend. So übernahm ÖVP-Landeshauptmann Stelzer eine Forderung von Herbert Kickl, wie auch in einem Interview der Gratiszeitung Österreich zur Sprache kam:

Österreich: Vertreten Sie die Meinung, dass man weiterhin nach Afghanistan abschieben sollte.

Thomas Stelzer: Da geht es ja vor allem um strafrechtlich Verurteilte, wo klar sein muss, dass sie nicht in Österreich bleiben können. Und wenn es eine Übergangslösung braucht, dann müssen wir an Möglichkeiten wie eine Sicherungshaft denken.

Dass muss für die politische Praxis natürlich nichts bedeuten, weil häufig das Gegenteil von dem stimmt, was die ÖVP über Medien verlautbaren lässt (Siehe: Märchen von Afghanistan-Abschiebungen der Bundesregierung entlarvt). Ob Oberösterreich Flüchtlinge aus Afghanistan aufnimmt, bestimmen weder Landeshauptmann Stelzer noch sein Stellvertreter Haimbuchner. Dies zeigte sich bereits während der Migrationskrise im Jahr 2015, wo Flüchtlinge vom (ÖVP-)Innenministerium einfach zugeteilt wurden.

ÖVP duldet keine legale Konkurrenz auf der rechten Seite

Für die ÖVP ist es strategisch wichtig, dass „legal“ von niemandem Positionen vertreten werden dürfen, die weiter Rechts stehen als sie selbst. Das zeigt auch die Posse um das  von Aktivisten aufgestellte Kreuz in Vöcklabruck (Wenn ÖVP-Bürgermeisterin ein Kreuz sieht, denkt sie an den Ku-Klux-Klan).

Diese bewährte Strategie könnte sich nun im Wahlkampf als Problem für Manfred Haimbuchner herausstellen, der sich trotz eines mächtigen Stimmenanteils von 30 Prozent fünf Jahre lang streichelweich, brav und an den Mainstream angepasst verhalten hat. Jetzt muss er dabei zuschauen, wie ihm die ÖVP die Themen wegnimmt.

Kickl-Stil in Oberösterreich nicht willkommen?

All das, obwohl der ÖVP-Landtagsabgeordnete Wolfgang Hattmannsdorfer mehrfach erklärt hatte, dass der Stil des FPÖ-Bundesparteichefs in Oberösterreich nicht willkommen sei: „Wir wollen keine Mini-Kickls“ (17.4.) und „Kickl-Stil hat in Oberösterreich keinen Platz“ (17.2.). Vielleicht ist sein eigener Parteichef Stelzer ja zumindest für die sehr gewogene Zeitungslandschaft ein Maxi-Kickl, dann geht sich das mit dem Stil auch wieder aus.

Haimbuchner gegen Sicherungshaft

In oben verlinktem OÖN-Bericht hatte Manfred Haimbuchner sich jedenfalls klar gegen die Sicherungshaft ausgesprochen. Die Begründung ist auch nachvollziehbar:

Ich richte das auch sehr rechten Kreisen aus: Es ist eine Illusion, dass Instrumente wie die Sicherungshaft nur gegen straffällige oder verdächtige Asylwerber eingesetzt werden.

Manfred Haimbuchner, OÖN, 24. August 2021

Ob er mit den sehr rechten Kreisen nun Thomas Stelzer oder Herbert Kickl ansprechen wollte, müssen wir der Fantasie der Leserschaft überlassen, denn auf Anfragen erhalten wir von der FPÖ Landespartei grundsätzlich keine Antwort, weshalb wir uns eine Anfrage dieses Mal erspart haben.

Stelzer plötzlich gegen Impfpflicht

Und noch bei einem weiteren Thema gräbt die ÖVP dem Junior-Partner FPÖ das Wasser ab: Denn plötzlich spricht sich der Landeshauptmann gegen eine Impfpflicht aus, während Haimbuchner eine Impfpflicht für Gesundheitsberufe nicht ausschließen wollte (Auch Parteifreund „schockiert“: FPÖ-Haimbuchner für Impfpflicht offen), wenn Experten einen solchen Schritt für notwendig erachten. Mittlerweile haben viele „Experten“ eine solche Notwendigkeit behauptet – nun wird es wirklich spannend, ob sich die Landes-FPÖ auch in Fragen zu Corona und Impfungen von der ÖVP überholen und in den Schatten stellen lässt.

Der ÖVP darf man nicht trauen

Dabei darf man natürlich nie vergessen: Versprechungen der ÖVP kann man nicht trauen und man sollte einem ÖVP-Politiker nicht auf dem Leim gehen. Was vor der Wahl gesagt wurde, kann in den ersten Sekunden nach Verkündung des Wahlergebnis wieder anders sein. Und klar ist, geht sich in Oberösterreich eine Mehrheit aus Schwarz und Grün aus, dann ist die „Koalition“ schneller zu Ende, als so mancher Landespolitiker verzweifelt nach Luft schnappen kann. Die beiden Themen zeigen aber sehr gut auf, wie die ÖVP tickt. Wer sich auf dieses Spiel einlässt, ist verloren – egal ob er gutgläubiger Wähler oder Politiker einer anderer Partei ist ist.

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