Horst D. Deckert

Wie Thailand mit Verhaltenspsychologie seiner Affenplage Herr werden könnte

Gestern lief wieder einmal eine Meldung aus Thailand über den Ticker, die erfreulich wenig mit den heißen Themen dieser Zeit zu tun hatte. Es ging um die Affenplage in einigen Orten des Landes, wo sich tausende Köpfe umfassende Affenbanden gebildet haben, die neben ihren menschlichen Nachbarn um das tägliche Überleben kämpfen. Für Touristen mag das belustigend sein, so lange man nichts essbares in der Hand hält, doch für die Einheimischen ist es alles andere als ein Spaß, sich täglich mit den sich um Essensreste raufenden Tieren herumschlagen zu müssen. Dabei wäre die Lösung eigentlich ganz einfach: Man müsste sie lediglich amerikanisieren.

Das Schlaraffenland des Todes

Vor mittlerweile einem halben Jahrhundert führte der Verhaltenspsychologe John Calhoun verschiedene Sozialexperimente mit Ratten und Mäusen durch. Im heute berühmtesten davon schuf er einen Käfig, der einer Mäusekolonie die optimale Lebensumgebung bot. Es gab genug Platz, Wasser, Nahrung und Sauberkeit, so dass sie sich nach Belieben fortpflanzen konnten. Zu seiner Überraschung jedoch florierte die Kolonie nicht, deren Obergrenze er aufgrund der Käfiggröße auf 5.000 Exemplare schätzte. Auf mehr als 2.500 Mäuse schaffte es die Kolonie nicht, bis sie nach 600 Tagen zusammenbrach, weil die Tiere mit einer Lebenserwartung von zwei Jahren keinen Nachwuchs mehr zeugten.

Das Experiment wird oftmals zitiert, wenn es um die Frage unserer eigenen Zukunft in einer Überflussgesellschaft geht. Wie lange kann eine menschliche Gesellschaft überleben, in der selbst jenen ganz unten so viele Ressourcen zur Verfügung stehen, dass sie als der wohl verbreitetsten Zivilisationskrankheit an Übergewicht und anderen gesundheitlichen Problemen leiden, die nur im Überfluss entstehen können.

Wenn es bei Mäusekolonien nach zwei Generationen zu Ende ist, dann müsste es beim Menschen unter heutigen Umständen 160 Jahre dauern, bis das letzte Kind geboren wird. Abnorme Verhaltensweisen, die Calhoun damals bei den Mäusen beobachtet hatte, wie etwa die freiwillige soziale Isolation, homosexuelles Verhalten oder grundlose Aggression greifen heute auch in unserer Gesellschaft immer weiter um sich. Ebenso ist die Geburtenrate unter Menschen da am geringsten, wo der größte Wohlstand herrscht.

Coca Cola und McDonald‘s für Affen

Wenn der Mensch und die Maus in sozialpsychologischer Hinsicht schon so ähnlich funktionieren, liegt die Annahme nicht fern, dass dies auch für Makaken, der häufigsten Affenart in Thailand, gilt. Makaken werden durchschnittlich 20 Jahre alt, so dass ihr Populationsende unter optimalen Lebensbedingungen nach 40 Jahren zu erwarten wäre. Die Antwort auf die Frage nach den optimalen Lebensbedingungen für Makaken geben Thailands Städte, welche von den Makaken ganz offenbar gegenüber den dortigen Wäldern bevorzugt werden. In der Stadt müssen sie sich ihre Nahrung zwar von den Menschen stehlen oder aus den Mülleimern holen, allerdings scheint das erheblich einfacher und nahrhafter für sie zu sein als sich von Raubtieren umgeben von Liane zu Liane zum nächsten Bananenbaum zu hangeln (oder so ähnlich).

Wollte man den Makaken daher erfolgreich zu Leibe rücken, es bräuchte keine Gewalt oder mit Verhütungsmitteln versetzte Nahrungsköder, sondern einfach nur in Hülle und Fülle amerikanisches Fast Food und Coca Cola für die Makaken als dem wohl erfolgreichsten zivilisatorischen Mordinstrument aller Zeiten. Es müsste nicht einmal die teure Marke sein. Ausreichend viele Trinkbrunnen, aus denen per Knopfdruck jederzeit Zuckerwasser in verschiedenen Geschmacksrichtungen kommt, würde vermutlich schon reichen. Koffeinfrei müsste es allerdings sein, da die Makaken ansonsten noch mehr durchdrehen könnten. Nicht anders als die meisten Menschen werden auch die Makaken bald das Zuckerwasser der natürlichen Alternative bevorzugen, zumal es letzteres meist nur verschmutzt zu haben ist. Mit täglich einem Liter Zuckerwasser wäre nicht nur die Verfettung der Makaken und die nachhaltige Zerstörung ihrer Darmflora sichergestellt, sie würden auch sehr schnell an Karies leiden, was sich positiv auf ihre Bissigkeit gegenüber Menschen auswirken wird.

Begleitend dazu bietet sich an, den Makaken die Suche nach Essen zu ersparen. Wie auch der Mensch würden die Tiere vermutlich sehr schnell auf den Konsum von frischem Obst verzichten, wenn ihnen auch ordentlich gesalzenes und mit Geschmacksverstärken versetztes frittiertes Obst zur Verfügung steht. Über Fast Food ist bekannt, dass es keineswegs die Burger sind, die für die Fettleibigkeit verantwortlich sind. Im Gegenteil lässt sich über diese dank Fleisch, Gurke und Tomate darauf sogar noch behaupten, dass sie halbwegs gesund und nahrhaft sind. Der eigentliche Killer für Figur und Gesundheit sind die billigen Pommes, die es reichlich zu jedem Menü dazu gibt.

Makaken mit BMI >30

Die Makaken würden es lieben, in dieser Weise verköstigt zu werden. Zunächst müsste man die Trinkbrunnen und Fraßstellen mit Pommes überall da aufbauen, wo die Banden regelmäßig ihre Runden drehen. Sind sie daran gewöhnt, verschiebt man diese immer weiter dahin, wo die Makaken niemanden stören und wo sie genug Platz haben. Eventuell reicht auch ein LKW mit einer offenen Pritsche voller Trinkbrunnen und Pommes, auf den die Makaken freiwillig fressend in ihre neue Heimat gefahren werden. Final leben die Makaken dann dauerhaft an einem einzigen Ort, den sie nicht mehr verlassen werden, weil sie dort stets Getränke, Nahrung und Weibchen vorfinden. Das Bilden von Banden wird unnötig werden und das Gewaltpotenzial sinkt trotz der räumlichen Nähe.

Thailands Makaken wiegen im Erwachsenenalter circa 14kg und damit ein Sechstel von Menschen. Zur Deckung des täglichen Grundumsatz reichen ungefähr 300 Kalorien, was einem Liter klassischer Cola entspricht, wobei es natürlich keinen Grund gibt, dem Zuckerwasser ein oder zwei Zuckerwürfel mehr beizugeben. Schafft man es, die Makaken über die versalzenen Pommes noch etwas mehr trinken zu lassen und dazu (frittierte!) Erdnüsse mit über 200 Kalorien pro Makakenhand in das Nahrungsmittelangebot aufnimmt, wird man den Tieren beim Fett werden zusehen können.

Vermutlich wird es keine zwei Monate dauern, bis der letzte im Schlaraffenland lebende Makake in den physischen Zustand von Peter Altmaier übergegangen ist. Bewegung wird dann zur Mühsal werden, Streit am Fressnapf beigelegt und Sex auf die Zeit nach dem Verdauen der letzten Mahlzeit verlegt. Die Makaken würden vermutlich so faul werden, dass bei der Reinigung des Geheges Wasserwerfer eingesetzt werden müssten, um die bewegungsunfähig auf dem Boden liegenden Tiere für einen Moment zu verscheuchen.

Touristenmagnet Schlaraffenland

Das Makakenschlaraffenland wird sicherlich nicht unbetreut bleiben können. Eng an einem Ort lebende Tiere stecken sich gerne mit Krankheiten an, was bei den ohnehin im Müll lebenden Makaken zwar kein Problem sein dürfte, da sie gesundheitlich abgehärtet sind. Doch sie werden auch einiges an Fäkalien produzieren, wenn sie sich dem amerikanischen Lebensstil hingeben. Eventuell wird es möglich sein, ihnen beizubringen, nur in einem bestimmten Bereich zur Toilette zu gehen, doch wahrscheinlich ist das nicht. Erwarten muss man das Hinterlassen von Kackhäufchen überall, so dass ein tägliches Reinigen der Örtlichkeit zwingend notwendig wird.

Neben der Reinigung kosten natürlich auch die frittierten Snacks und das Zuckerwasser eine Stange Geld. Ein Liter Cola und 200g frisch Frittiertes pro Makake und Tag würden sich sicherlich auf 10 Cent pro Tag summieren. Für das Hinterherputzen müssen pro Exemplar noch einmal 5 Cent veranschlagt werden, was pro Makakenwoche im Schlaraffenland auf einen Euro hinausläuft. Für eine ganze Kolonie Makaken, deren Zahl in der thailändischen Stadt Lopburi bei über 4.500 liegen soll, würde das Ende der Makakenplage über die Schaffung eines Schlaraffenlandes gemessen an den dortigen Einkommensverhältnissen ungefähr 50 Jahreseinkommen kosten.

Lopburi hat 750.000 Einwohner, vermutlich wäre ein Schlaraffenland daher sehr billig im Vergleich zur Alternative, die Tiere einfach zu erdulden oder sie in mühseliger Kleinarbeit zu sterilisieren. Tatsächlich könnte eine derartige Lösung des Problems sogar eine überaus profitable Unternehmung werden, da sie einen einmaligen touristischen Wert enthält. Denn welcher Thailandtourist würde sich ein derartiges Spektakel entgehen lassen? Das Schlaraffenland von Lopburi würde sich bei den Touristen aus aller Welt sicherlich schnell herumsprechen. Ebenso hätten Wissenschaftlern und Kommunisten mit Sicherheit ein großes Interesse an dem Experiment, da sie dort studieren könnten, ob, wann und inwieweit die Amerikanisierung der globalen Lebensverhältnisse zu unser aller Ende führen wird.

Quelle Titelbild

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