Georg Restle, prominentes Polit-Gesicht bei der ARD, möchte nicht mehr als Haltungsjournalist bezeichnet werden. In einem „Welt„-Interview stellt er sich dem Vorwurf, dennoch einer zu sein. Das Ganze endet allzu versöhnlich. Die Medienkritik.
Unter der Schlagzeile „Wer Haltung zum Selbstzweck erklärt, ist für mich kein guter Journalist“ erschien besagtes Interview mit Georg Restle, einem der „für mich“ übelsten Hetzer bei den Öffentlich-Rechtlichen. Im Unterschied zu Restle gehe ich aber nicht davon aus, daß sich jemand dafür interessiert, was „für mich“ etwas ist, es sei denn, ich hätte gleich zu Beginn erklärt, daß es sich um meine Meinung handelt, und daß der Leser dennoch weiterliest. Meines Wissens moderiert Redaktionsleiter Restle keine Sendung mit dem Titel „Für mich„, sondern eine Sendung namens „Monitor„. Auch gibt es regelmäßig Restles Kommentare zum Zeitgeschehen, etwa bei den „Tagesthemen„.
Zwar ist Mehrheit nicht gleich Wahrheit, aber ein Anhaltspunkt ist sie allemal. Daß es sich bei „Monitor“ um ein ausgesprochen linkes Sendeformat handelt, haben vor mir schon tausend Andere festgestellt. Ein konstituierendes Merkmal der Linken ist ihr Hang zur Vision, zur Utopie, zum Aufbruch in eine „bessere Welt“ oder eben „zur Sonne, zur Freiheit„, und es gibt nicht wenige weltberühmte Denker, die festgestellt haben, daß es ausreicht, die „richtige Haltung“ zu haben, um von Linken als einer der Ihren akzeptiert zu werden. Seit Jahren sind die parteipolitischen Präferenzen unter den Redakteuren bei den Öffentlich-Rechtlichen bekannt – und erst kürzlich gab es eine neue Untersuchung dazu. Es gibt dort eine grotesk hohe Präferenz für die Grünen und die Linke – und zwar in dieser Reihenfolge -, die sich in den realen Wahlergebnissen nicht annähernd widerspiegelt. Die SPD landet auf dem dritten Platz. Würde sich Redaktionsleiter Restle in einem solchen Umfeld um Neutralität bemühen, dann würde er sich selbst das Leben sehr schwer machen. Daß er das tun könnte, ist nicht sehr wahrscheinlich.
Die richtige Haltung reicht aus
Restles Interviewpartner war Constantin van Lijnden. Er konfrontierte Restle in einem angenehm aggressiven Tonfall mit dem Vorwurf, Haltungsjournalist zu sein und den Haltungsjournalismus zu propagieren. Da man nun Georg Restle für alles mögliche halten kann, aber nicht für unintelligent, war interessant, Restle dabei zu beobachten, wie er sich herauswindet. Die Kürze, die ein solches Interview in der gedruckten Version notwendigerweise haben muß, gestattete es ihm, tatsächlich den Eindruck zu erwecken, als sei ihm das gelungen. Die Kürze dieser Medienkritik zwingt dazu, sich auf die rhetorischen Kniffe zu beschränken, die Restle zur Anwendung brachte.
So bemängelte Restle, der Begriff „Haltungsjournalist“ impliziere, daß ein Journalist Haltung vor Wahrheit stellt. Dagegen verwahrt er sich. Er selbst tue das nicht. Was ist Chuzpe? Es gibt genug Restle in Mediatheken und archivierten Artikeln, die es erübrigen, sich bei der Beurteilung dieser Behauptung auf das zu kaprizieren, was Restle in genau dem Interview von sich gibt, bei dem es explizit um diesen Vorwurf geht.
Restle im Jahr 2018 hier z.B.: „Und meinen wir wirklich, neutral und ausgewogen zu sein, wenn wir nur alle zu Wort kommen lassen, weil die Wahrheit schließlich immer in der Mitte liegt? Und wenn die Mitte immer weiter nach rechts wandert, liegt die Wahrheit eben bei den Rechten? Und wenn die Mitte verblödet, bei den Blöden?“ – Man muß nur wenige Wörter austauschen, um zu erkennen, wie totalitär der Haltungsjournalist Restle tatsächlich tickte, damals, im Jahr 2018. Wie wäre es damit? – „Und meinen wir wirklich, neutral und ausgewogen gewählt zu haben, wenn wir nur alle Wahlberechtigten ihre Stimmen abgeben lassen, weil das Wahlergebnis schließlich immer Gültigkeit hat? Und wenn die Mitte immer weiter nach rechts wandert, liegt die Regierung eben bei den Rechten? Und wenn die Mitte verblödet, bei den Blöden?“
Braunlinke versus Rotlinke
Natürlich ist Restle ein Linker. Linker zu sein, ohne eine gewisse Haltung vor alles andere zu stellen, ist allerdings unmöglich. Abgesehen davon ist Restle einer derjenigen, die den historischen Irrtum perpetuieren, daß diejenigen, die er als „Rechte“ verstanden wissen will – Braunlinke nämlich -, der ultimative Gegenpol zu den Rotlinken seien. Er kalkuliert also mit einer weitverbreiteten historischen Unbildung, die von Rotlinken über die vergangenen Jahrzehnte zielgerichtet herbeigeführt wurde, um eben ihre eigene Ungeistesverwandtschaft mit dem braunen Pöbel unsichtbar werden zu lassen. Wie nannte doch Hitler „seinen Freisler“ am Volksgerichtshof? – „Unseren Bolschewisten“.
Angesichts so mancher Kommentare von Haltungsjournalisten bei den Öffentlich-Rechtlichen – gerade jetzt, nach dem Tankstellenmord in Idar-Oberstein wieder – kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß Freisler noch ganze Generationen an Nachkommen gezeugt haben muß, ehe er sein Leben bei einem Bombenangriff verlor. Nein, wenn ein Restle von „Rechten“ spricht, dann nicht, um Wahrheit zu verkünden, sondern ausschließlich zum Zwecke einer ahistorischen Selbstexkulpierung derer mit seiner eigenen „Haltung“. Zum Schreien komisch war übrigens dann im selben Jahr, 2018 also, daß seine Kollegin Anja Reschke kurze Zeit nach Restle selbst das Hohelied der journalistischen Haltung trällerte – und nur, um anderntags festzustellen, daß der beste und vielfach prämierte Haltungsjournalist Relotius beim „Spiegel“ als der größte Lügenbaron seit Münchhausen aufgeflogen war. Mir ist nicht bekannt, daß sich Restle vorher auch nur ein einziges Mal kritisch mit den „Reportagen“ von Claas Relotius auseinandergesetzt hätte. Vielmehr dürften die Beiden ein Herz und eine Seele gewesen sein.
Constantin van Lijnden: „Ich stimme Ihnen zu, dass jeder Journalist ein bestimmtes Welt- und Wertebild mitbringt, das sich in seiner Arbeit spiegelt – in Kommentaren ohnehin, auf etwas subtilere Weise aber auch in praktisch allen anderen Formen. Es macht trotzdem einen Unterschied, ob man Neutralität als erstrebenswertes, wenn auch nie vollständig erreichbares Ideal betrachtet oder ob man den eigenen (Vor-)Urteilen freien Lauf lässt.“
Probleme mit Stringenz und Aufrichtigkeit
Restle daraufhin mit einem linken Uralttrick aus der rhetorischen Mottenkiste: „Ich glaube, dass es um die Klärung von Begriffen geht. Was meinen wir mit Neutralität? Wenn es dabei um maximale Distanz zum Gegenstand der Berichterstattung und um Unvoreingenommenheit geht, dann unterstütze ich das voll und ganz. Wenn es aber darum geht, alles gleichermaßen im Sinne einer falschen Ausgewogenheit nebeneinanderzustellen, als ob Richtiges und Falsches gleichwertig sei, dann habe ich ein Problem damit.“ – alter Schwede!
Jaja, so machen das Leute mit einer linken Haltung: Wenn sie unter Druck kommen, verlangen sie erst einmal, daß Begriffe definiert werden sollen. Man fragt sich, wozu es Sprache überhaupt gibt. „Neutralität“ ist bestimmt kein Wort, das man erst definieren müsste. Was es heißt, hängt nicht davon ab, was „wir meinen“, wenn „wir“ es verwenden. Neutralität ist Neutralität. Wenn „wir“ Neutralität nicht meinen, dann wählen „wir“ eben ein anderes Wort. Da gibt es nichts zu definieren. Und was soll bitteschön die „falsche Ausgewogenheit“ anderes sein, als das Eingeständnis, daß man eben doch eine bestimmte Haltung hat? Wie kommt es außerdem, daß Restle so genau weiß, was richtig oder falsch sein soll, wenn er doch – ohne das meines Wissens jemals kritisiert zu haben – in einem Land das Gesicht der ARD darstellt, in dem unwidersprochen das 1. Axiom der Sozialpsychologie gilt, demzufolge sich jeder Mensch seine eigene Reaslität konstruiert. In einem Land also, in dem überhaupt viel „konstruiert“ wird. Das Geschlecht zum Beispiel. Was soll in einem solchen Land eine „falsche Ausgewogenheit“ sein? Der Mann hat ein ganz anderes Problem … „damit“ …, nämlich eines mit Stringenz und Aufrichtigkeit.
Constantin van Lijnden: „Das Problem ist vielmehr, dass das Urteil oft schon vorher feststeht, die Recherche allein der Bestätigung dieses Urteils dient und Befunde, die das Bild stören könnten, in der Berichterstattung unterschlagen oder heruntergespielt werden. Natürlich würde niemand zugeben, dass er so arbeitet, vermutlich ist vielen nicht mal bewusst, dass sie es tun. (…) Bei Ihnen geht das so weit, dass Sie dem deutschen Journalismus 2018 einen „Neutralitätswahn“ attestiert haben; in einem kürzlich erschienenen Buchbeitrag bezeichnen Sie die Forderung nach Neutralität gar als „Kampfbegriff der rechten Szene“.“ – voll auf die Zwölf! Wie windet sich Restle da wieder heraus?
Altparteien sind heute Verfassungsfeinde
So: „Sie vermischen da meiner Meinung nach zwei Dinge. Das eine ist das Streben nach Wahrhaftigkeit, Unvoreingenommenheit und innere Distanz zum Thema der Berichterstattung – dazu stehe ich uneingeschränkt. Dass andere ist die „Werteorientierung“, die Sie ansprechen. Was ich damit meine: Wenn eine Partei verfassungsfeindliche und rassistische Positionen vertritt, dann kann man dies nicht als scheinbar gleichwertig zu den Positionen anderer demokratischer Parteien nebeneinanderstellen, sondern man muss klar benennen, wer sich da im Einklang mit Grundwerten unserer Verfassung befindet und wer nicht – das gilt besonders im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wo wir an einen Programmauftrag gebunden sind, in dem die Werte unserer Verfassung eine zentrale Bedeutung haben„.
Das ist nur noch lächerlich. Wenn Restle schon von Parteien reden will, die verfassungsfeindliche Positionen vertreten, dann würde er sich wohl kaum – was er aber immer wieder getan hat – auf die AfD kaprizieren dürfen, sondern er müßte beispielsweise solche Parteien aufs Korn nehmen, die nachweislich unveräußerliche Grundrechte in Privilegien umdefinieren, also größtenteils die Altparteien. Die stellen inzwischen die Verfassungsfeindlichkeit par excellence dar. Ein Haldenwang und ein Harbarth müssten unablässig sein Thema sein, wenn er sich doch dem Programmauftrag der Öffentlich-Rechtlichen so unendlich verpflichtet fühlt. Im Übrigen fällt dem demokratischen Selberdenker im Traum nicht ein, sich ausgerechnet von Restle vordefinieren zu lassen, was wohl eine „rassistische Position“ zu sein hätte.
Knallhart: Ob ein Mensch dumm ist, hängt nicht davon ab, welche Hautfarbe er hat. Wenn die zufällig schwarz ist, dann ist dieser Mensch leider ein „dummer Neger“. Das ist nicht Rassismus, sondern das ist Wahrheit, präzise ausformuliert ohne jede „Neudefinition“ dessen, was „wir meinen“. Restle ist ein Haltungsjournalist par excellence, egal, wofür er sich selbst neuerdings halten will . Das ist er nicht, weil mir das so vorkommt, weil ich das finde oder weil das „meiner Meinung nach“ so ist, sondern weil er das ist. Das läßt sich beweisen. Andernfalls würde ich es nicht behaupten. Es gibt die Realität. Das sind übrigens die vier Worte, an denen es hängt, ob in Deutschland jemals wieder rationale Debatten geführt werden können, die nicht von allen möglichen Moralismen, „Fürmichs“ und zivilreligiösen Dogmen zugekleistert wären.