Die Spatzen pfiffen es schon länger von den Dächern, nun ist es tatsächlich passiert: In der ÖVP-Zentrale in der Lichtenfelsgasse sowie im Bundeskanzleramt kam am Mittwochmorgen es zu Hausdurchsuchungen. Besonders pikant: Diesmal soll es um Zeitungsinserate und geschönte Umfragen gehen – und nicht direkt um die Casinos-Ermittlungen oder andere Verdachtsmomente aus den jüngsten Untersuchungsausschüssen. Es gilt selbstredend die Unschuldsvermutung.
- Hausdurchsuchung bei zahlreichen hochrangigen Kurz-Vertrauten
- Es soll Geld an heimische Medien-Riesen geflossen sein, um geschönte Umfragen zu erkaufen
- Ermittlung auch gegen ÖVP-nahe Meinungsforscherinnen
- Erst kürzlich hatten ÖVP-Politiker mit Pressekonferenzen, die sich auf die Arbeit der WKStA und allfällige Razzien bezogen, für Verwunderung gesorgt
- Liste der türkisen (Ex-) Politiker, gegen die ermittelt wird, wird immer länger
Wie mehrere Medien übereinstimmend berichten, betrifft die Razzia am heutigen Mittwoch insbesondere den engsten Vertrautenkreis von Kanzler Kurz. Betroffen waren unter anderem die Arbeitsplätze von Kanzlersprecher Johannes Frischmann und Berater und Ex-ÖVP-Generalsekretär Stefan Steiner. Außerdem wurde der Arbeitsplatz des Medienbeauftragten Gerald Fleischmann durchsucht – erst unlängst sorgte der teure Umbau der Schaltzentrale seiner türkisen „Message Control“ auf Steuerzahler-Kosten für Aufregung. Angeblich geht es um den „Verdacht von Geldflüssen gegen geschönte Umfragen“, die in einer Tageszeitung publiziert wurden.
Gekaufte Umfragen? Fast 600 Millionen Euro für Jubelmedien
Wie „Fact Sheet Austria“ ermittelte, gab die öffentliche Hand in nur drei Jahren 595 Millionen Euro für Inserate aus! Am besten stiegen demnach Kronen Zeitung, Heute, oe24 und Kurier aus. Wenig verwunderlich für Kenner der regierungstreuen Berichterstattung der durch Steuergelder wohlstandsverwöhnten Blätter.
Skurrile Presse-Konferenzen erscheinen in neuem Licht
Hauptbegünstigter sei dabei die Zeitung „Österreich“ rund um Wolfgang Fellner. Dessen Medien-Imperium gehörte auch bei den Corona-Sonderförderungen im Vorjahr zu den großen Gewinnern der Regierungszahlungen an heimische Medien. Ermittelt wird auch gegen die Ex-ÖVP-Familienministerin und Meinungsforscherin Sophie Karmasin, die Meinungsforscherin Sabine Beinschab, die Mediengruppe Österreich, zudem auch gegen Helmuth und Wolfgang Fellner. Dort soll es angeblich um den Vorwurf der Bestechung und Bestechlichkeit gehen.
Laut dem ORF wollte das die zuständige Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht bestätigen. Nach der heutigen Razzia im türkisen Machtzentrum erscheinen auch die jüngsten, skurrilen Pressekonferenzen der ÖVP-Politiker Andreas Hanger und Gaby Schwarz in einem anderen Licht. Hanger hatte gestern von „linken Zellen“ in der WKStA gesprochen, Schwarz in der Vorwoche darüber, dass man bei einer Razzia ohnehin nichts finden würde. In der Zwischenzeit wurde zudem bekannt, dass erst kürzlich Geheimdienst-Software zur Verschlüsselung für Mitarbeiter türkiser Ministerien beschafft wurde.
Zahlreiche türkise Beschuldigte in diversen Verfahren
Immer mehr ÖVP-Politiker sind inzwischen im Visier der Ermittlungsbehörde, ebenso zahlreiche Personen aus deren mittelbarem Umfeld. Erst am Dienstag fand eine Razzia bei einer früheren Mitarbeiterin von Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid statt. Für einige politische Aufregung sorgte auch die Hausdurchsuchung bei Finanzminister Gernot Blümel, dessen Frau währenddessen mit seinem Laptop spazieren ging.
Daneben wird auch wegen verschiedener Vorwürfe gegen folgendes ÖVP-Personal ermittelt: Kanzler Sebastian Kurz und seinen Kabinettschef Bernhard Bonelli, die aktuellen Minister Margarete Schramböck und Karl Nehammer, die früheren Minister Josef Proll, Wolfgang Brandstetter, Hartwig Löger und Christine Aschbacher sowie zumindest ein halbes Dutzend weiterer hochrangiger Parteigänger.
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