
Tusch, Trommelwirbel, Paukenschlag: In einem Urteil, das so überraschend kommt wie ein Blitz bei Gewitter und so unerwartet wie nächtliche Dunkelheit fällt, meldet der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts unter Merkels-CDU-Protegé und Fanboy Stephan Harbarth ordnungsgemäß Vollzug – und erklärt in seiner Hauptsacheentscheidung die „Bundesnotbremse“ für zulässig und grundgesetzkonform, indem es die Beschwerden dagegen zurückwies. „In der äußersten Gefahrenlage der Pandemie”, so die Richter, seien die Maßnahmen „mit dem Grundgesetz vereinbar” gewesen. Und: Sogar die flächendeckenden Schulschließungen seien Rechtens gewesen. Wer hätte DAS gedacht…
Die neudeutsche Sonderform von Gewaltenteilung verschont Merkel nicht nur von der Schmach, als Verfassungsbrecherin abzutreten. Sie beschert dem Corona-Staat auch nachträglich den erhofften Persilschein für beispiellose Freiheitsberaubungen des letzten Lockdowns bis hin zu Ausgangssperren, und ertüchtigt bzw. ermutigt Merkels scheidende Corona-Junta nach Kräften, auch in der aktuellen „Welle“ nachzulegen und ja keine falschen Rücksichtnahmen obwalten zu lassen. Unzweideutig die Botschaft an Berlin: Fühlt euch nicht gehindert hart durchzugreifen – immer nur zu!
Es ist eine Entscheidung mit verheerender Signalwirkung, die zwar genauso so befürchtet wurde, vor allem aber beweist: Freiheit und Grundrechte haben in Deutschland keine staatliche Lobby mehr. Das nach dem Vorbild des US Supreme Court geschaffene Bundesverfassungsgericht wurde einst installiert als Lehre aus Weimar, um sicherzustellen, dass es nicht noch einmal zu einer zwar formal rechtskonformen, in Wahrheit aber amoralischen Aushebelung von Verfassungsgrundsätzen unter Verweis auf angebliche „Staatsnotwehr“ oder „Gefahrenabwehr“ käme. Deshalb sollten die Urteile dieser letzten Instanz, als oberste Firewall des Rechtsstaat, auch nicht revidierbar sein (was durch die EU-Verträge und den EuGH bereits relativiert wurde).
Regierungsloyale Systemjustiz
Doch nun macht sich das Verfassungsgericht selbst zum Verbündeten ähnlich listenreicher Bestrebungen wie 1933, die Grundrechte zur Disposition zu stellen – indem es dem Putsch gegen bürgerliche Freiheiten seinen Segen gibt. Unantastbare Rechte stehen in der bundesdeutschen Demokratur fortan auch mit höchstrichterlichem Segen unter Vorbehalt und gelten nur bis auf exekutiven Widerruf. Manch einer spricht hier, nicht ganz abwegig, von „effektiver Gleichschaltung“. So einfach ging das also, selbst in der vermeintlich stabilen und wehrhaften BRD-Demokratie wieder dieselben Mechanismen in Gang zu setzen, die schon einmal eine Diktatur ermöglicht haben! Und auch wenn diese Diktatur derzeit noch nicht existiert: Die Weichen sind gestellt und die förmliche Blaupause ist in der Welt, durch die in Zukunft Regierende jeden Widerstand – gegen was auch immer – brechen können. Die Road Map in die Barbarei ist offen für die Regierenden ausgebreitet; Pandemie-, Klima-, Nazinotstand: Irgendein kreativer Anlass findet sich immer, und mit regierungsloyalen „Systemrichtern“ in Karlsruhe ist der Rest Makulatur. Auch Olaf Scholz und seine Ampel können sich ganz beruhigt ans Werk machen.
Hellsichtig, ganz so, als hätten sie den Ausgang dieses „überraschenden“ Urteils gekannt (wer wollte am Gegenteil zweifeln?), versammeln sich heute Mittag auch sogleich die Spitzen von Bund und Ländern – wohl ein letztes Mal unter Merkels Ägide – im Kanzleramt, um sogleich frisch und fromm Nägel mit Köpfen zu machen. Mit Segen und Rückenwind der obersten Juristen braucht nun nämlich keine Rücksicht mehr genommen zu werden; welche Erleichterung! Was in der dritten Pandemie-Welle von Frühjahr erlaubt war, in der sogenannten „Corona-Notbremse“ mit ihren Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen, das ist es jetzt erst recht – und auch wenn mit heutigem Datum noch keine konkreten Lockdown- oder sonstigen Beschlüsse fallen sollten, so dürfte immerhin die terminliche Marschroute abgesteckt werden, wie Deutschland wieder stillgelegt werden kann – und zwar regierungswechselübergreifend. Das Pandemie-Regime hat seine Hausaufgaben gut gemacht.
Wäre dafür nicht – mindestens – ein Dankes- oder Abschiedsessen für Harbath und Kollegen im Kanzleramt angebracht? Im kleinen Kreis, versteht sich.