Horst D. Deckert

Stromausfall: Keine Frage des Ob, sondern des Wann

Anlässlich der Jahrestagung der Mittelstandsorganisation Confartigianato am 30. November erklärte der italienische Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Giancarlo Giorgetti: «Aufgrund der aktuellen Situation der Energieversorgung kann ein Stromausfall auf europäischer Ebene nicht ausgeschlossen werden.»



Tatsächlich ist die Gefahr eines allgemeinen Stromausfalls in Europa nicht eine Frage des Ob, sondern des Wann.
Eine künstlich geschaffene Angebotsknappheit wird bald auf eine erhöhte Nachfrage treffen, da die nächsten drei Wochen als eine der kältesten Perioden der letzten drei Jahrzehnte prognostiziert werden. Gleichzeitig treiben die durch Spekulation in die Höhe getriebenen Energiekosten die Energieversorger in den Bankrott.

Ein Horrorszenario könnte eintreten: ein umfassender zweiwöchiger Stromausfall – so lange dauert es, um das europäische Stromnetz wieder hochzufahren. Mit anderen Worten: kein Strom, keine Heizung, kein Wasser, keine Lebensmittel, und so weiter. (Dazu auch Focus: «Zwei Mal stand Deutschland vor Total-Blackout – warum unser Stromnetz Schluckauf hat»)

Angesichts dieser realen Gefahr erweist sich die Europäische Union einmal mehr als Totalversager. Anlässlich der Tagung der EU-Energieminister am 3. Dezember wurde ein Vorschlag von Frankreich, Italien, Griechenland, Rumänien und Spanien für staatliche Massnahmen zur Regulierung der Strompreise abgelehnt, weil sich eine Koalition nordeuropäischer Länder dagegen sperrte (unter der Führung Deutschlands waren dies Österreich, Dänemark, Finnland, Estland, Litauen, Lettland, Irland und die Niederlande). Ihr Argument: Ein Eingriff in den Strompreis «könnte die Versorgungssicherheit und die Entwicklung der erneuerbaren Energien untergraben.»

In der vierten Novemberwoche stiegen die Preise auf allen europäischen Strommärkten, der Wochendurchschnitt lag meist über 200 €/MWh. Auf fast allen Märkten war es der höchste Preis in der Geschichte. Der spanische Windenergieanbieter REVE gab auf seiner Webseite zu, dass die Gas- und CO₂-Preise für den Anstieg verantwortlich sind.

Beim Erdgas haben die Preise für Dezemberlieferungen einen Rekordstand von 74,21€ erreicht und bleiben bis in den März hinein hoch: 94,80€ im Januar, 94,60€ im Februar und 87,80€ im März. Erst im April sinken sie auf 51,40€. Die Gas- und Strompreise in Europa bleiben also den ganzen Winter über hoch und könnten im Falle einer anhaltenden Kältewelle sogar noch weiter steigen. (Mehr dazu vom österreichischen Krisenexperten Herbert Saurugg.)

Nach Angaben des italienischen Verbraucherverbands Consumerismo wird die Strom- und Heizungsrechnung für italienische Familien 2022 durchschnittlich 1200 € höher sein als in diesem Jahr, vorausgesetzt, es kommt nicht zum Stromausfall …

Mehr zum Thema: Corona-Transition: Der wahre Hintergrund der europäischen Energiekrise

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Der Text stammt aus dem (kostenpflichtigen) Newsletter des Schiller-Instituts.

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