Das neue Kabinett bei der Vereidigung (Collage:Imago)
Stillos, würdelos, fachlich und in jeder sonstigen Hinsicht eine Fehlbesetzung: Diese Charakterisierung trifft auf eine ganze Reihe der neuen Ampel-Minister zu, doch in besonderem Ausmaß für die neue SPD-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. Diese befand es nicht einmal für notwenig, die guten Tradition der – bei jedem Führungswechsel selbstverständlichen – Amtsübergabe an den eigene Nachfolger zu achten: Weder bei den Feierstunden zur Amtsübergabe im Familienministerium, das ab sofort von der Grünen Anne Spiegel geleitet wird, noch im Justizministerium (künftig unter Führung von FDP-Aufsteiger Marco Buschmann) befand Lambrecht es für angebracht, durch Anwesenheit zu glänzen – und das, obwohl sie beiden Häusern in der Merkel-Schlussphase in Personalunion als Ministerin vorgestanden hatte.
Was ein Novum der Peinlichkeit ist, passt so ganz zur spröden, stoffelhaften vermeintlichen Unkonventionalität linksgrüner Politiker, die diesen Staat und seine Symbole im Kern ihres Wesens verachten. Denn all die demokratischen Sitten, Rituale, Formeln, Zeremonien und Inszenierungen sind kein Tand und überflüssiges Beiwerk – sondern sie dienen einem Zweck: Dem Amtsinhaber zur verdeutlichen, dass sein Amt wichtiger ist als er selbst, dass er etwas Höherem dient. Deswegen ist es auch an Popeligkeit, Mittelmaß und Niveaulosigkeit nicht zu unterbieten, wenn sich Cem Özdemir mit dem Fahrrad zur Vereidigung fährt. Hier sind Egomanen am Werk, denen jede Demut abhanden gekommen ist (falls je vorhanden).
Die meisten Minister betrachten ihr Amt heute, auch materiell, als verdiente Belohnung einer Ochsentour des Katzbuckelns und der Unterordnung – und nutzen es wahlweise als Bühne für schamlose Selbstdarstellung – oder gleich als willkommene Beute. Auch übrigens, was die Verteilung von Posten als Gefolgsleute betrachten: Was das anbelangt, ließ sich Christine Lambrecht jedenfalls nicht lumpen: Wie die „Frankfurter Allgemeine“ (FAZ) schreibt, konnte bei Spiegels Einführung sich nicht einmal die Personalratsvorsitzende des Familienministeriums mit der Bemerkung zurückhalten, ihre Vorgängerin habe es „sich nicht nehmen lassen, hier doch herausgehobene Stellen zu besetzen.”
Das Amt als Lohn für die Ochsentour
Es war eine Anspielung darauf, dass sich Lambrecht den Vorwurf eingehandelt hatte, „vertraute Mitarbeiter durch Übernahme in die Beamtenschaft oder Beförderungen zu versorgen”, so die FAZ. Die Masche war dabei offenbar die, dass Lambrecht im (erst im Mai von ihr übernommenen) Familienministerium mal eben schnell vom Justizministerium hinüberversetzte Mitarbeiter höhergruppieren ließ – und sie anschließend wieder ins BJM zurücksandte. Ein cleveres System der Loyalität und Gefälligkeitsbelohnung zu Lasten des Steuerzahlers – und zugleich eine Paradedisziplin von SPD-Apparatschiks, die, einmal am Trog angelangt, keine Hemmungen mehr kennen.
Zumindest im Familienministerium, berichtet die FAZ, sei Lambrechts Abtritt als „stillos” empfunden worden; die erwähnte Personalratsvorsitzende kritisierte in Anwesenheit der neuen Ministerin Spiegel ganz offen die Abwesenheit Lambrechts: „Es gibt allerdings Traditionen, an denen wir unbedingt festhalten sollten. Dazu gehört zum Beispiel, dass zur Amtsübergabe immer zwei gehören, die neue Ministerin und die scheidende Ministerin.” Allerdings gab es so etwas wie ausgleichende Gerechtigkeit für Lambrechts Taktlosigkeit: Bei ihrer eigenen Amtseinführung im Verteidigungsministerium wurde sie wiederum von Vorgänger Annegret Kramp-Karrenbauer sitzengelassen, die – ebenfalls unter Traditionsbruch – der Zeremonie fernblieb. Hier zeigt sich also Kontinuität zwischen alter und neuer Regierung im allerschlechtesten Sinne.

