SPD-Bundesinnenministerin Faeser (Foto:Imago)
Unsere neue Innenministerin – deren Nachname sich wie eine Waffe aus Star Trek ausspricht – will sich in ihrer Amtszeit verstärkt um die Bekämpfung des Rechtsextremismus kümmern, weil dieser im Moment „die größte Gefahr“ darstelle, wie sie auf Twitter mitteilte:
(Screenshot:Twitter)
Man wundert sich ein wenig über diese Aussage; da doch auch schon in den letzten Jahren jede Menge Arbeit und Geld in den „Kampf gegen Rechts” gesteckt wurde, sollte dieser doch langsam einmal Früchte tragen?! Wenn man allerdings selbst – durch stetige Definitionserweiterung des Begriffes „Rechtsextremismus“ – neue Klientelen erschafft, kann man auch nicht hoffen, diese schnell abarbeiten zu können… und will es auch gar nicht, denn am „Kampf gegen Rechts“ hängen mittlerweile eine Menge Arbeitsplätze – bis hin zum von der Kahane-Stiftung angeheuerten Tastatur-Troll.
Und rasch beschleicht einen auch das Gefühl, dass es hier nicht wirklich um Gewaltprävention oder die Aufklärung von Straftaten geht. Interessant wäre doch einmal gewesen, genauer hinzusehen, was in Deutschland alles unter „rechts“ erfasst, aber mitnichten sonderlich bekämpft wird: Etwa die Aktivitäten der „grauen Wölfe„, deren schiere Anzahl die Menge rechter Straftaten nach oben schnellen lässt. Auch interessieren weder die tatsächliche Herkunft der meisten Hakenkreuz-Schmierereien noch Hitlergruß-zeigende Hamas-Anhänger, die als Statistikfüller willkommen zu sein scheinen. Noch nicht einmal „echte“ Neonazis erregen besondere Besorgnis – es sei denn, man könnte sie über fünf Ecken mit der Opposition in Verbindung bringen („Der Skat-Freund seines Onkels soll schon einmal bei einer Pegida-Demo gewesen sein…”).
Nein, ein benachbarter Tweet der Ministerin macht deutlich, dass ihre Strategie wieder einmal etwas mit der sogenannten Querdenker-Bewegung zu tun hat:
(Screenshot:Twitter)
Das ist schon einigermaßen kurios: Denn bei den sogenannten „Querdenker“- bzw. Grundrechtsdemos tummeln sich, wie Studien ergeben haben, in Wahrheit Menschen aller politischen Richtungen – besonders aber solche mit fundamentalgrünem Hintergrund. Man kann seinen Leuten nun einmal nicht Jahrzehnte lang eintrichtern, sie sollten selbst bei übelsten Erkrankungen auf ihr Kräutergärtlein vertrauen, um ihnen dann plötzlich klarzumachen, nur ein mRNA-Impfstoff sei ihre Rettung. „Rechtsextremist“ ist wie „Nazi“ zu einem beliebig dehnbaren Begriff geworden, er bezeichnet längst nicht mehr nur gewaltbereite Bürger, sondern kann morgen schon jedem von uns als Etikett angeheftet werden, wenn wir uns „daneben benehmen“.
Das Perfide daran ist eben die Schwammigkeit dieses Etiketts, welche über kurz oder lang jeden Spielraum für kritische Bürger beschneidet. Regeln sind nicht mehr klar definiert – erst recht nicht so, dass sie als allgemeingültige Leitlinien angewandt werden können. Was ist eigentlich so schwierig daran, sich allgemein darauf zu einigen, Privatwohnungen von Politikern in Ruhe zu lassen, egal, welcher Partei sie angehören? Oder ihre Kinder nicht zu belästigen, wenn sie zur Schule gehen? Ihre Schafe nicht als Touristenattraktion anzupreisen oder keine Falschbehauptungen gegen sie in die Welt zu setzen? Aber auch an der gleichmäßigen Verteilung von Respekt hapert es gewaltig: Während die einen in Watte gepackt werden müssen, darf der weißen Mehrheit alles an den Kopf geworfen werden, ohne ihr eine Chance auf Widerspruch einzuräumen. Wenn schon der gleichberechtigte Umgang der Bevölkerung untereinander ausgehebelt wird, wie soll dann Frieden einkehren?
Gegen „Hass“, nicht gegen gerechten Zorn
Heute gab Frau Faeser dann auch noch bekannt, stärker gegen den Nachrichtendienst „Telegram“ vorgehen zu wollen, welcher insbesondere den regierungsnahen Medien schon länger ein Dorn im Auge ist. Am liebsten würde man ihn – wie es Diktaturen, etwa China oder der Iran, schon länger mit sozialen Medien praktizieren – bei Bedarf einfach abschalten. Bürger könnten sonst auf die Idee kommen, sich dort zu üblen Schandtaten zusammenzurotten. „Hass und Hetze“ lauten auch hier wieder die ebenfalls schon arg strapazierten Schlagwörter. „Hass“, das ist schon lange kein Gefühl mehr, das Menschen nun einmal hin und wieder empfinden, weil es Teil unserer Natur ist – sondern eine an sich verdächtige Emotion, auch wenn der Hassende gar nichts unternimmt, um seine Empfindungen in Straftaten umzusetzen.
„Anständige“ Menschen empfinden „gerechten Zorn“, „abgrundtiefen Abscheu“ oder „Entsetzen und Empörung“ – aber doch bitte keinen Hass! Denn sollten aus einer heftigen Emotion auch heftige Taten entstehen, muss ihnen wenigstens die richtige Haltung zugrunde liegen. Nach bestehender Praxis darf zwar aus Zorn gebündelt, aber nicht über Hass gesprochen werden. Auch als Nichtjuristin habe ich noch eine Erinnerung daran, dass man straffrei ausgeht, wenn man eine Straftat rechtzeitig abbläst, weil einen etwa Gewissensbisse plagen – aber nicht, wenn man sie mit der „richtigen“ Gesinnung schon begangen hat. Und wieder bleibt hier das Gleichheitsprinzip auf der Strecke: Es fehlt die generelle Ablehnung politischer Gewalt.
Liebäugelt unsere neue Ministerin etwa schon mit einem Sozialpunkte-System nach chinesischem Vorbild – wobei die deutsche Variante dann aber nicht danach fragt, ob man bei Rot über die Ampel gegangen ist, sondern ob man etwas nicht-Rotes getan hat? Wundern würde einen nichts mehr, denn auch Faesers Vorgesetzter Olaf Scholz will schließlich rote Linien überschreiten. Wie lange bleibt uns noch bis zur endgültigen Abschaffung der Meinungsfreiheit?

