Horst D. Deckert

FDP-Wissing: Eher Klimaaktivist als Verkehrsminister

FDP-Verkehrsminister Volker Wissing (Foto:Imago)

Mit Opportunismus und programmatischer „Flexibilität“ hatten Deutschlands Liberale noch nie Probleme, doch das unheimliche Tempo der Transformation der Lindner-FDP hin zur klimasozialistischen Blockflötenpartei überrascht selbst sarkastische Schwarzseher: Nun fordert Bundesverkehrsminister und FDP-Generalsekretärin von den Bürgern ein „Umdenken bei der Mobilität”: Die Deutschen müssten lernen und versuchen, sich „möglichst klimaneutral fortzubewegen”. Wem diese Aussage noch nicht grüngespült genug erscheint, für den setzt Wissing im „Handelsblatt“ nach: „Mir geht es darum, die Menschen zum Nachdenken zu motivieren, damit sie für ihre individuellen Anforderungen immer die klimafreundlichste Antriebsart wählen.

Das illiberale Moment dieser „Motivation zum Nachdenken“ liegt nicht nur im inhaltlichen Meinungsklonen, im zeitgeistkonformen Einschwenken auf die linksgrüne Klimaagenda, sondern vor allem in dem anmaßenden Bestreben, Bürger einmal wieder zu einschneidenden Verhaltensänderungen zu bewegen. Genau dies war stets das Essentielle (und Erfrischende) an allen basisliberalen Strömungen von Adam Smith bis Friedrich August von Hayek, dass sie eben nicht den volkserzieherischen Anspruch zur Umformung und Verhaltenskonditionierung von Wirtschaft und Individuen in den Mittelpunkt ihrer Philosophie stellten, sondern Freiheit und Selbstbestimmung als letztlich unantastbare, vom Staat zu respektierende Urgüter postulierten: Der Staat hat die Aufgabe, dem Souverän, dem Bürger, zu dienen – nicht, ihm neue Lebensgewohnheiten von Ernährung über Sprache bis zur Mobilität vorzuschreiben und hierfür zu regulatorischen Exzessen zu greifen. Dass nun sogar führende FDP-Politiker im Namen eines abstrakten, vermeintlich höheren „Zukunfts-„Interesses Bürger zum Verzicht bekehren wollen, zeigt, wie sehr der sozialistische Ungeist offenbar mittlerweile die in der Ampel vollkastrierten „Liberalen“ benebelt hat.

Im besten FFF-Duktus

So kündigt Verkehrsminister Wissing nicht etwa an, die Entlastung der Autofahrer durch Senkung der Spritpreise zu betreiben, die marode Verkehrsinfrastruktur durch mehr Brücken- und Straßenau zu verbessern oder die Elektrowende dringend noch einmal auf den Prüfstand zu stellen; sondern er wirbt stattdessen, Pendler sollten „nach Möglichkeit mit elektrischen Autos” fahren – weil diese „für die Strecken (zur Arbeit, die Red.) vollkommen ausreichen„, so Wissing. Und im besten FFF-Duktus fügt er hinzu: „Abwarten ist keine Option!” Er wolle „auf jeden Fall”, dass die E-Mobilität schnell dort zum Einsatz kommte wo sie „sehr sinnvoll” sei: „Das werden wir entsprechend mit Förderprogrammen und dem Ausbau von Ladeinfrastruktur begleiten.” Die Kaufanreize für E-Autos würden nicht gekürzt, den Ausbau der Ladesäulen wolle er stärker fördern. „Wir sollten gemeinsam so viel wie möglich Ladeinfrastruktur schaffen”, so Wissing. Elektromobil unterwegs zu sein müsse fortan so einfach wie möglich sein: „Durch so viele Schnellladesäulen wie möglich, durch dezentrale Lademöglichkeiten und alle Bezahlmöglichkeiten. Das ist die Botschaft. Ich unterstütze diesen Weg mit Förderprogrammen so gut ich kann.” Natürlich darf auch die Betonung nicht fehlen, er bleibe zugleich „technologieoffen”; kurzfristig aber müsse, so Wissing, alles Machbare umgesetzt werden, um die Klimaziele erreichen zu können.

Statt eine Umkehr zurück zu Rationalität und energiepolitischer Tragfähigkeit in der Verkehrspolitik einzuläuten, spuckt Wissing im Regierungsamt also dieselben Töne, wie sie auf jedem Grünen-Parteitag zu hören sind: „Jeder muss wissen, dass wir nur so mobil wie heute bleiben können, wenn wir die Klimaschutzziele erreichen.” Die Frage ist, wen Wissing hier eigentlich überzeugen will: Die deutschen Berufspendler und Autobesitzer, oder ein neues Zielreservoire grüngelber Wechsel- und Jungwähler? Die Strategen in  Lindners Opportunistenpartei werden die Antwort kennen.

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