Horst D. Deckert

«Staatliche Vereinnahmung von Medien ist eine reale Gefahr»

Wie ungesund eine grosse Nähe zwischen Politik und Medien sein kann, zeigt sich aktuell in Österreich. Da werden schon mal die Vertreter sämtlicher grosser österreichischer Medien vom Staat «einberufen» und durch ministeriellen «Appell» auf politisch linientreue Corona-Berichterstattung «eingeschworen». Wer da nicht mitmacht, beispielsweise Servus TV, wird im leitmedialen Shitstorm zum Sündenbock abgestempelt, vom österreichischen Standard etwa zur «Heimat der Corona-Verharmloser, Impfgegner und Gates-Verschwörer».

Als «mahnendes Beispiel» nennt die NZZ denn auch Österreich, knapp vier Wochen vor der Volksabstimmung zum neuen Mediengesetz in der Schweiz. Und bringt als Beispiel Sebastian Kurz: «Österreichs vormaliger Politstar musste jüngst als Bundeskanzler zurücktreten, nachdem bekanntgeworden war, dass seine Entourage mutmasslich mit Steuergeldern die wohlwollende Berichterstattung eines Boulevardblattes erkauft hatte.»

Zum Verhängnis sei Kurz «ein ziemlich spezielles Element der österreichischen Presseförderung» geworden: «Im Nachbarland haben die Regierungsstellen von Bund und Bundesländern jährlich rund 200 Millionen Euro zur Verfügung, um relativ freihändig Inserate in Medien zu schalten.» Es sei ein «offenes Geheimnis», dass Politiker aller Richtungen solche Regierungsinserate als Druckmittel benutzten: «Unbotmässigen Medien» werde mit Inserate-Entzug gedroht. Umgekehrt würde wohlwollende Berichterstattung mit staatlichen Werbegeldern honoriert.

Die NZZ nennt in der Folge eine Reihe von Studien und Erkenntnissen, die belegen, dass Medien mit zunehmender Unabhängigkeit von staatlichen Fördertöpfen entsprechend weniger staatstreu berichten. Das heisst, für die Unabhängigkeit von Medien ist es von zentraler Bedeutung, dass sie sich weitgehend selber finanzieren können durch Werbegelder, private Unterstützung und Abonnemente. Gutes Beispiel hierfür: Servus TV. Beleg hierfür ist auch die öffentliche Missgunst staatsnaher Medien gegenüber dem Privatsender.

Und wie sieht es also mit dem nun zur Debatte stehenden neuen Bundesgesetz über ein Massnahmenpaket zugunsten der Medien in der Schweiz aus? Als «heiklen Aspekt» etwa nennt die NZZ die neue Förderung von Online-Medien im Umfang von 30 Millionen Franken. «Problematisch wirkt vor allem die Höhe der Förderung: Online-Medien sollen Staatsgelder von bis zu 60 Prozent des Umsatzes erhalten können.»

Hier lauere eine Gefahr: «Die medienökonomische Forschung zeigt klar, dass es für die Unabhängigkeit von Medien zentral ist, möglichst viele Einnahmen aus nichtstaatlichen Quellen zu haben», wiederholt die NZZ. Die neue Förderung von Online-Medien bringe erstmals eine unmittelbare Unterstützung redaktioneller Angebote direkt aus dem Bundeshaushalt: «Insgesamt dürfte das Mediengesetz damit die Distanz zwischen Medien und Politik verringern.» Sicher kein Argument für ein Ja zum neuen Schweizer Mediengesetz am 13. Februar.

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