Anfangs wollte man diesen Schritt nicht gehen, doch die Lage änderte sich offenbar grundlegend: Russische Banken werden vom internationalen Zahlungssystem SWIFT ausgeschlossen. Während Präsident Wladimir Putin bei den meisten der bisher auferlegten Sanktionen eher mit der Achsel zucken dürfte, wird ihn der SWIFT-Rauswurf vermutlich beunruhigen. Die Entscheidung gilt nur für diejenigen Banken, die bereits sanktioniert wurden – vor erst.
Von Max Bergmann
Alle bisher bereits unter Sanktionen gestellte Banken werden vom internationalen Zahlungssystem SWIFT ausgeschlossen, so das Ergebnis einer Videokonferenz von Samstagabend. Teilnehmer der Schalte waren unter anderen der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Italiens Regierungschef Mario Draghi. Während man anfangs noch zögerte, diese durchaus scharfe Sanktion in Betracht zu ziehen, zeigte man sich nun doch überraschend überzeugt und einig.
Nicht absehbare Folgen auch für innerdeutschen Zahlungsverkehr
Russische Geldflüsse seien mit dem Ausschluss von SWIFT massiv erschwert oder kämen möglicherweise gar zum Erliegen, so die Begründung der neuerlichen westlichen Sanktionen. Dies würde eine Finanzierung der von Russland ausgehenden Aktivitäten in der Ukraine in erheblichem Maße beeinträchtigen. Außerdem würden die finanziellen Möglichkeiten russischer Oligarchen eingeschränkt, erklärte von der Leyen. „Putin hat einen Kurs gewählt, der auf die Zerstörung der Ukraine abzielt. Aber damit zerstört er ebenfalls die Zukunft seines eigenen Landes“, sagte sie.
Die Kosten für diese nicht unerhebliche Sanktion gegenüber Russland sind immens. Auch sind die Folgen auf den Zahlungsverkehr innerhalb Deutschlands mangels Präzedenzfall nicht exakt abzusehen. Aus diesen Gründen zögerte man eine Entscheidung bis zuletzt hinaus. „Wir arbeiten daran, Russland so vom Swift-System abzukoppeln, dass Kollateralschäden möglichst klein bleiben“, erklärte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) am Samstagabend noch auf Twitter. In den späteren Abendstunden folgte dann die Entscheidung für den Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem SWIFT.
3️⃣ Wir arbeiten daran, Russland so vom Swift-System abzukoppeln, dass Kollateralschäden möglichst klein bleiben,
4️⃣ In DEU produzierte Panzerabwehrsysteme werden aus den Niederlanden in die Ukraine geliefert.
(2/3)— Marco Buschmann (@MarcoBuschmann) February 26, 2022
Was ist SWIFT?
SWIFT wird von mehr als 11.000 Finanzinstitutionen weltweit verwendet und ist enorm wichtig für einen reibungslosen internationalen Zahlungsverkehr. Die Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication wurde 1973 gegründet, ist in Belgien ansässig und damit dem EU-Recht unterworfen. Der bis vor einigen Jahren nach Einführung der IBAN-Nummern noch notwendige BIC (Business Identifier Code/SWIFT-Code) identifiziert und unterscheidet die teilnehmenden Kreditinstitute innerhalb des Systems. Russland entwickelte nach der Annexion der Krim ein eigenes Zahlungssystem mit dem Namen SPFS, nachdem schon damals der russische Ausschluss von SWIFT gefordert, aber nicht umgesetzt wurde.
Persönliches Vermögen und Konten eingefroren
Westliche Staaten verhängten zuletzt eine Vielzahl an Sanktionen gegenüber Russland oder russischen Staatsbürgern. Persönliches Vermögen und Konten des russischen Präsidenten Putin sowie des Außenministers Lawrow wurden in der EU, Großbritannien und den USA eingefroren und gesperrt. Mehr und mehr zeigt sich aber, dass insbesondere auch die unbeteiligte russische Zivilbevölkerung unter den Sanktionen des Westens leiden wird.
Zahlreiche Länder setzen Flugverkehr mit dem russischen Luftraum aus
So setzte die Lufthansa am Samstagabend alle Flüge nach und über Russland vollständig aus. Die baltischen Staaten Estland, Litauen und Lettland verhängen ein Flugverbot für russisch lizensierte Maschinen ab Sonntag um Mitternacht. Diese Anordnung gelte auf unbestimmte Zeit, wie man im Verkehrsministerium in Vilnius am Samstag mitteilte. Finnland wolle sich dem anschließen, heißt es außerdem. Schon am Donnerstag schloss Großbritannien russische Maschinen der Airline Aeroflot aus dem britischen Luftraum aus, auch für Moldau gilt ein Überflug- und Landeverbot für russische Maschinen.
Bewegungsfreiheit der russischen Bevölkerung zunehmend eingeschränkt
Mehrere Lufthansa Maschinen, die sich am Samstagabend in russischem Luftraum befanden, wurden laut Flightradar24 umgeleitet. Die Anordnung der Lufthansa soll vor erst für sieben Tage gelten. Auch polnische und niederländische Fluggesellschaften kündigten die Aussetzung aller Flüge nach und über Russland an. Russland reagierte seinerseits ebenfalls mit Flugverboten. Maschinen aus Lettland, Estland, Litauen und Slowenien dürfen derzeit nicht mehr nach und über Russland fliegen. Von einer weiteren Verschärfung und Eskalation der Situation ist auszugehen. Die Bewegungs- und Reisefreiheit der russischen Bevölkerung ist somit in erheblichem Maße beschränkt.