Horst D. Deckert

Nachlass von Wiener Ritterkreuzträger Peichl als Buch veröffentlicht

Fast 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gibt es inzwischen nur noch wenige Funde, die die historischen Wissenslücken in den Archiven schließen. Nun ist solch ein Fund aufgetaucht: Der Nachlass des Ritterkreuzträgers Adolf Peichl, dem deutschen Soldaten mit den meisten Tapferkeitsauszeichnungen. Ein junger Autor hat die unzähligen Fotos und Tagebücher als Buch veröffentlicht. Peichl ist der Vater der gleichnamigen Theater-Legende in Österreich „Adi“ Peichl, der letztes Jahr verstorben ist.

Vom ersten bis zum letzten Kriegstag Soldat

Peichl wurde 1917 in Wien geboren, seine Vorfahren wanderten vor mehreren Generationen als Deutschstämmige aus Böhmen nach Wien aus. Peichl diente nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich von 1938 an in der späteren Waffen-SS. Im Krieg gehörte er der 2. SS-Panzerdivision „Das Reich“ an, der unter anderem nach Kriegsende Kriegsverbrechen aus dem Jahre 1944 in Frankreich zugeschrieben werden. Peichl war zu dem Zeitpunkt jedoch nachweislich dokumentiert Unterführer in Kompanien, die nichts mit den Vorfällen zu tun hatten. Ende 1944 wurde er auf Grund seiner Leistungen zum Offizier und Kompaniechef befördert. Auch hier ist seine Kompanie nie durch Kriegsverbrechen aufgefallen. Peichls militärisches Leben war viel mehr durch unglaubliche Leistungen und Tapferkeit geprägt.

Umfassende historische/politische Hintergründe

Das Peichl-Buch besteht dabei aus drei Teilen: Einer historisch/politischen Einführung durch den Autor, einem Bildband und Peichls originalen Tagebüchern. In der Einführung wird breit auf die Hintergründe der Zwischenkriegszeit in Österreich (insbesondere in Wien) eingegangen. Für den Außenstehenden mag es unverständlich sein, wie sich Peichl, so wie die meisten Österreicher, damals so für den Nationalsozialismus begeistern konnten. In der Einführung wird sachlich aufgezeigt, dass vieles aus dem Blickwinkel der jeweiligen Zeit anders ausschaut. In Peichls Jugend wurde die Hauptstadt der K.u.K. Monarchie zum Zentrum einer kleinen Alpenrepublik degradiert. Zahllose politische Unruhen und große völkerrechtliche Fragen und Flüchtlingswellen prägten seine Jugend. Durch die Einführung wird hier hinter dem „SS-Soldaten“ schnell der Mensch Peichl sichtbar, der sich als 17-jähriger aus „nachvollziehbaren“ Gründen vor allem für das Deutsche Militär begeisterte.

Schwerpunkt auf Russland-Feldzug

Der Bildband stellt den Höhepunkt des Buches dar. Auf rund 100 Seiten werden hier im Großformat, in dem das Buch erscheint, bisher völlig unveröffentlichte Bilder aus dem Krieg präsentiert und kommentiert, die Peichl gehörten. Die Schwerpunkte sind hier einerseits die unbeschwerte Zeit kurz vor dem Krieg, andererseits die Invasion der Sowjetunion von Juni 1941 bis zur „Winterschlacht im Osten“ um Moskau im Dezember 1941. In den Bildern sieht man den großen Kontrast zwischen jugendlicher Unbeschwertheit in der Wiener Heimat und dem harten Frontalltag in den unendlichen Weiten Russlands. Die Bilder aus dem Kriegsjahr 1941 zeugen auch von der großen Wucht des deutschen Angriffs, in dem Peichls Waffen-SS-Einheit als hochmobile Elite-Truppe stets in der Speerspitze eingesetzt war.

Kampf an zahllosen Fronten

Peichl kämpfte im ganzen Krieg an unzähligen Fronten. Zunächst war er 1938 am Einmarsch in die Tschechei und der anschließenden Besetzung des Protektorats Böhmen und Mähren beteiligt. 1940 war er zunächst an der Westfront im Kampf um die Niederlande als MG-Schütze eingesetzt, anschließend in Frankreich. 1941 kämpfte er gemeinsam mit ungarischen und bulgarischen Truppen im Balkan-Feldzug in der Wojwodina (Serbien). Ab dem Spätsommer war er dann wie erwähnt am Angriff auf die Sowjetunion beteiligt, wo er mit seinen Einheiten bis ins Moskauer Umland vorstieß. Nachdem seine fast ausradierte Einheit 1942 neu aufgestellt worden war, kämpfte er vor allem ab 1943 in der heutigen Ukraine als Panzervernichtungstrupp, wo er auch einige russische Panzer mit Nahkampfwaffen ausschaltete. 1944 wurde er an die Westfront verlegt, wo er im Rahmen des „D‑Days“ im Hinterland von „Utah-Beach“ gegen die besten amerikanischen Fallschirmjäger kämpfte. Im Winter 1944 verteidigte er zunächst den Westwall an der Belgisch/Deutschen Grenze, anschließend war er an der Ardennenoffensive beteiligt. 1945 wurde er nochmals an die Ostfront nach Ungarn im Rahmen der Operation „Frühlingserwachen“ versetzt. In den letzten Kriegstagen war er in Prag eingesetzt, wo er Aufstände bekämpfte und sich auf einen möglichen Angriff durch die Sowjetunion vorbereitete.

Eine Reihe an Auszeichnungen

Peichl zeichnete sich in der Kriegszeit durch zahllose militärische Heldentaten aus, wodurch er der Soldat auf deutscher Seite mit den meisten Tapferkeitsauszeichnungen wurde. Ihm wurde unter anderem die Medaille zur Erinnerung an den 1. Oktober 1938 verliehen, dazu die Spange „Prager Burg“, das Eiserne Kreuz Zweiter und Erster Klasse, das Infanterie-Sturmabzeichen in Bronze, die Medaille „Winterschlacht im Osten 1941/42“, 11 Sonderabzeichen für das Niederkämpfen von Panzerkampfwagen durch Einzelkämpfer, das Verwundetenabzeichen in Schwarz, Silber und Gold, das Deutsche Kreuz in Gold, zweimal die Nahkampfspange in Gold und das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes.

Vom Kriegshelden zum Verbrecher

Nach dem Krieg geriet Peichl in amerikanische Kriegsgefangenschaft, in der er bis 1948 blieb. Der Dritte Teil des Buches beinhaltet Peichls Tagebücher für die Jahre 1945 und 1946, wodurch hier der Schwerpunkt auf besagter Gefangenschaft liegt. Hier wird erneut ein großer Kontrast deutlich: Vom militärischen Helden ist nun Peichl plötzlich ein von der Gesellschaft verstoßener Verbrecher. Beeindruckend wird hier aus der Sicht des Gefangenen dessen psychische Belastung aufgezeigt. Auch die Schwierigkeit durch die jahrelange Trennung von seiner Frau und seinem Kind, der späteren österreichischen Theater-Legende „Adi“ Peichl, spielt hier eine große Rolle.

Buch bereits bestellbar

Das Buch beinhaltet auch heute noch einen wichtigen Beitrag zum Stoff um den Zweiten Weltkrieg. Der junge Autor Viktor Eisenmann gibt hier einen seltenen Einblick in die damalige Zeit aus der Sicht eines jungen Wieners, der seine Jugend bei der Waffen-SS im Krieg verbracht und heute nur schwer vorstellbares durchlebt hat. Der Vorverkauf des Buches ist bereits gestartet, es kann als Festeinband oder limitierte Sonderedition in Ledereinband bei KL-Militaria bestellt werden. Es wird für Mitte/Ende März erwartet.

Festeinband: kl-militaria.de/product_info.php?products_id=364

Ledereinband: kl-militaria.de/product_info.php?products_id=365

Bildbeschreibungen:

Bild 1: Einmarsch nach Almelo (Niederlande), 1940

Bild 2: Deutsche Volksgruppe in Ungarn verteilt Leibesgaben an die deutschen Soldaten, 1941

Bild 3: Das zerstörte Smolensk (Sowjetunion), 1941

Bild 4: Vormarsch in der Sowjetunion, Herbst 1941

Beitragsbild: In der Normandie vor dem „D‑Day“ (Peichl zweiter von links), 1944

Bild 6: Peichl mit Frau und Kindern nach dem Krieg

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