Horst D. Deckert

1, 2, 3, 4, 5 Dosen – aber immer noch nicht geschützt

Immungeschwächten Menschen wurde von Anfang an vermittelt, dass sie zu denjenigen gehören, die die Covid-19-Impfung am dringendsten benötigen. Doch die Vakzine scheinen bei ihnen am schlechtesten zu funktionieren.

Einige Informationen vorweg:

  • Damit eine Impfung schnell, spezifisch und effektiv wirkt, muss das Immunsystem in gutem Zustand sein.
  • Wenn eine Therapie einer bestimmten Zielgruppe keinen Nutzen bringt, muss die Strategie überdacht und korrigiert werden.
  • Nicht alle Menschen reagieren gleich auf eine Impfung – Alter, Immunstatus, Infektionen mit endemischen Erregern, Komorbidität usw. spielen eine Rolle.

Was ist Immunschwäche?

Immunschwäche oder Immundefizit bezeichnet die Hemmung einer oder mehrerer Komponenten des angeborenen oder adaptiven Immunsystems. Sie kann durch eine Krankheit (Hämopathie, Krebs …), eine versehentliche Bestrahlung oder absichtlich durch eine immunschwächende Behandlung (z.B. von Autoimmunerkrankungen, oder um der Abstossung eines Transplantats entgegenzuwirken) hervorgerufen wird.

Eher übereilt als «dringlich»?

Die Entwicklung von Impfstoffen, die unser Immunsystem auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 vorbereiten, die Ausbreitung des Virus stoppen und eine Covid-19-Erkrankung verhindern sollten, begannen in Frankreich im Januar 2021. In den ersten Monaten zielte man auf die Bevölkerungsgruppen ab, die als am stärksten gefährdet eingestuft wurden. Dabei war insbesondere das Alter ein Kriterium.

Doch bereits im Mai erklärte die französische Gesundheitsdirektion DGS in einer dringenden Mitteilung an Ärzte, Apotheker, Krankenpfleger und Hebammen, dass «die Injektion einer dritten Impfstoffdosis bei schwer immungeschwächten Personen erforderlich ist». Sie berief sich dabei auf eine Stellungnahme des Beratungsgremiums für die Impfstrategie COSV, die einen Monat zuvor veröffentlicht worden war.

Ein kurzer Rückblick: Kurz nachdem Pfizer, Moderna und Astra-Zeneca mit ihren klinischen Studien mit über 100’000 freiwilligen Probanden begonnen hatten, wurden von den Gesundheitsbehörden weltweit befristete Genehmigungen für Covid-19-Impfungen für Erwachsene erteilt. Erwachsene, die unter einer Immunschwäche leiden und/oder chemotherapeutisch, immuntherapeutisch oder mit Immunglobulinen behandelt werden, waren jedoch von diesen Studien ausgeschlossen.

Das kümmerte die staatlichen Gesundheitsbehörden nicht im Geringsten. Ihre einzige Bedingung war, dass die Impfstoffe keine lebenden Viren enthalten – denn deren Gefährlichkeit für immungeschwächte Bevölkerungsgruppen ist hinreichend dokumentiert. Die gefährdeten Personen, etwa 300’000 in Frankreich, wurden also sehr schnell ins Visier genommen, ohne dass es medizinische Daten über die Wirkung der RNA- oder DNA-Impfungen gab. Später wurden immunsupprimierte Personen sogar als vorrangige Zielgruppe bei der Eindämmung des ursprünglichen pathogenen Virus und seiner nachfolgenden Varianten definiert, ebenso wie Personen über 65 Jahre mit Komorbiditäten.

Tatsächlich gab es eine beunruhigende Häufung klinischer Fälle bei immungeschwächten Personen im Zusammenhang mit SARS-CoV-2-Mutationen. Man nimmt an, dass das Virus von einem geschwächten Immunsystem profitiert, indem es Escape-Strategien entwickelt, wodurch seine Evolution beschleunigt würde. Immungeschwächte Personen würden dementsprechend zu Reservoirs werden, die Varianten hervorbringen könnten, welche infektiöser und virulenter für die Allgemeinbevölkerung sind.

Immerhin kam man im März 2021 auf die brilliante Idee, in einer Beobachtungsstudie die Immunantwort bei Patienten zu bewerten, die hämatologisch behandelt werden und aufgrund einer Krankheit und/oder einer Behandlung immunsupprimiert sind. Leider wurden die Ergebnisse solcher Studien nicht abgewartet. Nun mündet der verhängte Notstand, der zu einem Massenexperiment an gefährdeten Personen geführt hat, für die es angeblich keine Behandlungsalternativen gab, in einem Misserfolg – in erster Linie für immunsupprimierte Patienten.

Am 1. Januar 2022 berichtete das Journal du Dimanche über einen Appell von sechs Vorsitzenden von Vereinigungen, die immungeschwächte Personen vertreten, an Präsident Emmanuel Macron. Sie forderten den französischen Präsidenten auf, alles zu tun, um die Schwächsten zu schützen, denn:

«… schwer immungeschwächte Menschen, ob Transplantations- oder Dialysepatienten, Krebskranke oder Menschen, die sich bestimmten Behandlungen unterziehen, sind momentan in grosser Gefahr – aufgrund des Ausmasses der Covid-Pandemie in Frankreich und der Tatsache, dass sie nicht oder nur unzureichend auf Impfungen reagieren. Bereits jetzt machen sie in manchen Krankenhäusern bis zu 30% der Aufenthalte auf Intensivstationen aus, obwohl es in Frankreich insgesamt weniger als 300’000 von ihnen gibt und sie bereits drei, vier oder sogar fünf Dosen Impfstoff erhalten haben (…).»

Letztendlich ist die Bevölkerungsgruppe, der man vermittelt hat, dass sie die Covid-19-Impfung am dringendsten benötigt, wahrscheinlich diejenige, bei der das Verfahren am schlechtesten funktioniert. Sie können noch so viele Motorverbesserungen vornehmen und einem Auto den besten Treibstoff zuführen – wenn es nur ein Rad hat, kommt es nur sehr schwer voran.

Unterdessen werden weiterhin Bevölkerungsgruppen, die es am wenigsten oder gar nicht nötig haben, gezwungen, Impfstoffe zu erhalten, die gegen eine frühere Version von SARS-CoV-2 gerichtet sind. Wieder einmal scheint es, dass es nicht die Wissenschaft ist, von der sich die Regierung in ihren Entscheidungen leiten lässt. Woran liegt das?

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