Horst D. Deckert

Wer übernimmt den Thron des Klaus Schwab?

Die grossen Manöver um die Nachfolge von Klaus Schwab an der Spitze des World Economic Forum haben begonnen. Am 30. März wurde der grosse Sultan von Köln 84 Jahre alt, und die Last der Jahre geht auch an ihm nicht spurlos vorbei.

Wer könnte auf Schwab folgen? Das ist natürlich eines der heiligsten Tabus des internationalen Genf. Diejenigen, die es bisher zu brechen versuchten, sind gestrauchelt. Alle angedachten Nachfolger, einschliesslich diejenigen, die der Grossmeister höchstpersönlich ins Spiel brachte, waren ziemlich schnell wieder Geschichte. Manche von ihnen, weil sie Schwab zu sehr in den Schatten stellten. Wir erinnern uns beispielsweise an den Chef eines multinationalen Unternehmens oder an einen ehemaligen Staatspräsidenten – ihre Namen verschwanden genauso schnell wieder aus dem Rampenlicht des WEF wie sie dort aufgetaucht sind. …

Der Führungsstil des WEF, das inzwischen eine internationale Organisation mit Ad-hoc-Status geworden ist, ist in der Tat problematisch für eine internationale Institution, die die überall sonst geforderten Regeln der Transparenz und der Demokratie auf sich selbst anwenden sollte. Die Gesetze der Privatwirtschaft gelten im WEF nur bedingt. Klaus Schwab leitet das 1971 gegründete Forum seit 52 Jahren. Er ist damit doppelt so lange im Amt wie Putin, dessen Langlebigkeit derzeit gern kritisiert wird. In Genf macht nur Kenneth Roth eine ähnlich gute Figur, er leitet Human Rights Watch seit 29 Jahren mit ebenso eiserner Hand. Monarchische Regierungsführung ist also nichts exklusiv Russisches.

Es könnte sich jedoch bald etwas ändern: Im September wird Peter Maurer, der derzeitige Präsident des IKRK, sein Amt an die Diplomatin Mirjana Spoljaric Egger übergeben. Der knapp 65-jährige Maurer ist Mitglied des WEF-Rats und hat bei der Umwandlung des WEF von einer privaten NGO in eine öffentliche internationale Organisation als Bürge fungiert. Es wäre nur logisch, wenn Maurer die Position des Grosswesirs Schwab übernimmt, wobei zu beachten ist, dass dem scheidenden Herrscher ein Ehrenplatz reserviert werden muss. Es könnte eine konstitutionelle Monarchie entstehen.

Um das Image des WEF ist es ja nicht gerade gut bestellt. Die Institution ist zum Symbol der oligarchischen Globalisierung und der Great-Reset-Ideologie geworden, und ist in den sozialen Netzwerken entsprechend die Zielscheibe des Zorns der «Verschwörungstheoretiker».

Unter diesem Gesichtspunkt würde Peter Maurer, ein Sozialdemokrat à la Tony Blair, auf die Reputation des Forums Wunder wirken: Maurer ist perfekt kompatibel mit der Kultur der grossen multinationalen Konzerne und des «integrativen Kapitalismus», einer weiteren typischen Sahnetorte der WEF-Phraseologie. Den Amerikanern wird er jedenfalls gefallen, da er darauf verzichtet hat, sie wegen Guantanamo und den Kriegsverbrechen im Irak und in Afghanistan zu belästigen. Mit der Amerikanisierung des IKRK, dessen Sitz immer mehr einem kalifornischen Campus ähnelt, hat er es geschafft, die USA vollends zu verführen.

Ausserdem spricht Maurer Deutsch – sogar Bernerdütsch. Er beherrscht es so gut wie das Französisch des Genfer Privatbankenviertels. Ein idealer Kandidat, das muss man doch zugeben! Wenn es beim WEF ein Wahlrecht gäbe – ich würde für ihn stimmen.

zum Originalartikel (auf Französisch)

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Guy Mettan ist ein Schweizer Journalist und Autor. Der «Mitte»-Politiker war Vorsitzender des Genfer Grossen Rats, war Chefredakteur der Tribune de Genève und ist Präsident des Genfer Roten Kreuzes.

Dieser Artikel wurde uns von unseren Freunden bei Bon pour la tête zur Verfügung gestellt, dem führenden alternativen Medium der französischsprachigen Schweiz. Von Journalisten für wache Menschen.

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