Horst D. Deckert

Nehammers Russland-Reise: Gas-Gespräche und irrer Hitler-Vergleich

Dass Bundeskanzler Karl Nehammer unmittelbar nach seinem Selenski-Besuch gleich nach Russland weiterreiste, um dort Putin aufzusuchen, sorgte für internationale Kritik. Seine plötzliche Inszenierung zum Friedensstifter nahm ihm wohl kaum jemand so wirklich ab. Die Frage, was Nehammer in Russland wirklich wollte, sorgt für Debatten. Drehten sie sich zuerst um das vermutete Ablenkungsmanöver vom “Cobralibre-Gate”, scheint sich nun zunehmend der Schleier der Ungewissheit zu lüften. Mittlerweile kommt Nehammer zunehmend von seiner Friedensboten-Erzählung ab und erklärt, dass er Österreichs Gasversorgung in Russland gerettet hat. Das passt gewissen Kreisen jedoch gar nicht, sie werfen mit irren Behauptungen um sich, die von strafrechtlicher Relevanz sein könnten. Wird Nehammer wieder klagen?

Russische Prawda leakte Nehammer-Putin-Gespräch

Eigentlich sollte das Putin-Treffen ohnehin lange vor den Bürgern verheimlich werden und die Mainstream-Medien spielten mit, wie Wochenblick berichtete. Während viele im Übrigen daran zweifeln, dass Moskau dem 75-Minuten-Gespräch mit Österreichs Bundeskanzler eine besondere Relevanz beimisst, empörten sich linke Twitter-Aktivisten schon im Vorfeld, dass der Nehammer-Besuch Putins diesen nur weiter unterstütze.

Ein daraufhin in der russischen Prawda erschienener Artikel schien die Sichtweise orthodoxer Putin-Hasser wenig später zu bestätigen:

Putin wird den seltsamen Besuch niiiiiieeeemals für Propaganda verwenden, gö. pic.twitter.com/49F4ZokvqA

— Julya Rabinowich (@JulyaRabinowich) April 12, 2022

Im Artikel “Warum Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer nach Russland reiste”, erklärt die Prawda: “Karl Nehammer sprach über sein Land. Es ist Fakt, dass Österreich zu 80% vom russischen Gas abhängig ist.” Außerdem erfährt man aus der russischen Zeitung, die in unseren Breiten wohl bald der Zensur anheim fallen wird, dass Nehammer versucht habe, Putin zu erpressen. Würde er Österreich nicht von der Liste der “unfreundlichen Staaten” nehmen und den Gas-Handel mit uns aufgrund der Rubel-Forderung aussetzen, so würde er die westliche Propaganda vom “Schurkenstaat” lautstark medial mittragen, habe Nehammer laut Prawda gedroht. Was davon nun wahr ist und was Propaganda, lässt sich wohl nach erst einer Gegenüberstellung mit der heimischen Berichterstattung in der Essenz daraus erahnen.

Nehammers Schwenk: Plötzlich ging es doch ums Gas

Im offiziellen Statement zum Russlandbesuch gab sich das Bundeskanzleramt noch hart: “Das ist kein Freundschaftsbesuch”, hieß es dort einleitend. Vom Gas war darin keine Rede, sondern ausschließlich von der Ukraine, Butscha, humanitären Korridoren und so weiter. Später gab es dann ein Umschwenken. Man ließ einfach zwei Wörter verschwinden und schwächte die Härte des Statements ab. Wie auch deutsche Medien bemerkten, wurden die “sehr großen Differenzen” schlichtweg hin zu “Differenzen”, die man mit Russland habe, abgemildert.

Einen Tag nach dem Erscheinen der Prawda-Gesprächs-Leaks zum Nehammer-Besuch änderte der Kanzler plötzlich völlig zuvor eingeschlagene seine Linie. Es war nun doch nicht die große Friedensbotschaft allein, die er in Russland zu vermitteln suchte. Er habe, wie nun auch ORF und Co. verkünden, Österreichs Gasversorgung gesichert. Putin habe erklärt, „dass die Gasversorgung gesichert ist, dass Russland die Quantitäten liefert, wie vertraglich zugesagt und dass in Euro weiter bezahlt werden kann“, heißt es nun.

Eine Version, die dem Prawda-Beitrag doch viel eher entspricht, als das Statement des Kanzleramtes. Man fragt sich: Kann der Österreicher der Prawda in Bezug auf unseren Bundeskanzler mehr Glauben schenken, als diesem selbst? Auch das wieder ein fatales Signal angesichts der breiten Zensur russischer Medien, das die Beweggründe unserer Regierenden dahinter in keinem guten Licht erscheinen lässt.

“Thema war auch die Gasversorgung” – Nehammer schwenkt einen Tag nach den russischen Berichten plötzlich um:

Mein Treffen mit Präs. #Putin war kein Freundschaftsbesuch. Ich sehe es als meine Pflicht, alles zu tun, um das Leid der ukrainischen Bevölkerung zu mildern. Thema war auch die Gasversorgung – diese ist sichergestellt – bezahlt wird weiterhin in Euro.https://t.co/PAzLgmwP7w

— Karl Nehammer (@karlnehammer) April 14, 2022

Nehammer-Kritiker bringt Hitler-Vergleich

Als sicher gilt, dass Nehammer den Ukraine-Krieg – erwartungsgemäß – nicht beendet hat. Der Schwenk des Bundeskanzlers zeigt darüber hinaus ganz klar, dass er uns nicht von Anfang an die Wahrheit gesagt hat. Völlig unklar ist nun, ob die Gasversorgung Österreichs nun wirklich zugesagt wurde. Sicher ist jedoch, dass die Putin-Hasser nun toben. Und jene unter ihnen, die auch mit Karl Nehammer nichts anfangen können, erst recht. Den Vogel schoss hierbei nun Ex-SPÖ-Berater und Nehammer-Kontrahent Rudi Fußi ab. Er verglich in einem Twitter-Beitrag Putin mit Hitler, die Ukrainer mit den Juden im Dritten Reich und Nehammer mit dem Austrofaschisten Kurt Schuschnigg:

Mein Treffen mit Adolf Hitler war kein Freundschaftsbesuch. Ich sehe es als meine Pflicht, alles zu tun, um das Leid der jüdischen Bevölkerung zu milden. Thema war auch die Gasversorgung – diese ist sichergestellt – bezahlt wird in Schilling.

Grüße, Kurt Schuschnigg #zeitreise https://t.co/Uw1NxUsaSq

— Freiheit und Frieden. #standwithukraine (@rudifussi) April 14, 2022

Ein riskantes Unterfangen. Zur Erinnerung: Verharmlosende Vergleiche mit dem Dritten Reich können unter Umständen zu einer Verurteilung nach §3h Verbotsgesetz führen. Ob es sich bei Fußis Beitrag tatsächlich über eine Verharmlosung in diesem Sinne handelt, können wir nicht beurteilen. Erst im September wurde Dr. Jaroslav Belsky für den Vergleich der Corona-Diktatur mit dem Nationalsozialismus verurteilt, Wochenblick begleitete den Prozess. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Schon länger im Clinch: Wird Nehammer Anzeige erstatten?

Es wäre jedenfalls nicht der erste Rechtsstreit zwischen Nehammer und Fußi. Erst unlängst forderte Fußi den Kanzler auf, seinen Schadenersatz aus einer Datenrechtsverletzung des Innenministeriums – das zum Vorfallsdatum Nehammer unterstellt war – selber an ihn zu bezahlen. Jetzt könnte dieser den Spieß umdrehen und sich in einer Klage gegen Fußi wegen Beleidigung, Kreditschädigung oder anderer ehrenrühriger Vorwürfe versuchen, wie Juristen bestätigen.

Darüber hinaus könnte er außerdem eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft zur Prüfung einer möglichen Wiederbetätigung einbringen. Dass die Nehammers gerne den Rechtsweg einschlagen, darauf weist auch das Vorgehen der Kanzler-Gattin Katharina Nehammer gegen etliche Bürger hin. Sie forderte in Anwaltsschreiben hohe Beträge für unpassende Facebook-Kommentare, die ihr im Erfolgsfall in Summe Millionen einbringen sollten.

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