Horst D. Deckert

Macron-Wiederwahl: Europa erleichtert sich

Wahlkampfabschluss Macrons am Eiffelturm (Foto:Imago)

Wenn das Wichtigste an Wahlausgängen ist, „Sorgen“ des Auslands zu zerstreuen und Erwartungen des Establishments zu erfüllen, ist Demokratie im Prinzip mausetot. Zwar hat man am Ende ein Ergebnis – doch wo die Stimmabgabe zur Gewissensprüfung gemacht wird und es keine qualitativ gleichwertigen Wahloptionen gibt, wo die Verhinderung eines Kandidaten zur übergeordneten Aufgabe erklärt wird, wird die Machtausübung durch den Souverän letztlich zu Farce. So war es bereits vor anderthalb Jahren bei den US-Präsidentschaftswahlen – und so war es auch bei der heutigen Stichwahl in Frankreich.

Dass Emmanuel Macron die Präsidentschaftswahlen gewinnen würde, war zwar rechnerisch erwartbar – weil Sozialisten und Grüne keinesfalls seine Gegenkandidatin unterstützen würden; mit (Stand heute Abend) 58,2 Prozent der Stimmen gegenüber 41,8 Prozent für Marine Le Pen kann er nun weitermachen – wie vermerkt wird, als erster im Amt bestätigter Präsident sein 20 Jahren. Und dennoch haftet seiner zweiten Amtszeit der Makel an, dass er sie vor allem der unbedingte Verhinderung seiner Gegenkandidatin verdankt und nicht eigener Überzeugungskraft. Dafür haben vor allem zwei Hauptvektoren mitgesorgt, die sich bis vor mehreren Jahren noch in wohlverstandener demokratischer Zurückhaltung und Neutralität bei Wahlen übten, während sie sich heute in schamloser Wahleinmischung und Agitation überbieten: Die Medien und das europäische Ausland.

Der eigentliche Putsch

Es sind liederliche und abstoßende Töne, die von den Eurokraten in Brüssel und den Hauptstädten der auf EU-Zentralismus gebürsteten Hauptstädte der Gemeinschaft in Reaktion auf den Wahlausgang kommen: Floskeln wie „große Erleichterung” über den Wahlausgang, „ein Aufatmen ging durch weite Teile Frankreichs und Europas”, „ein Sieg für Europa“ oder gar die verräterische Aussage von EU-Ratspräsident Charles Michel, „wir können fünf weitere Jahre auf Frankreich zählen„, klingen nicht nur entlarvend; es ist tatsächlich so, als sei hier nicht etwa eine demokratische Entscheidung zwischen zwei gleichberechtigten legitimen Kandidaten gefallen, sondern eine Art „Putsch” verhindert worden. Dabei ist es genau andersherum: Der eigentliche Dauerputsch findet seit langem statt, und zwar überall im Westen – aber von Seiten jener globalistischen Player, auf die Preisgabe nationaler Selbstbestimmung, bürgerlicher Freiheiten und kultureller Identitäten der Völker hinwirken, und die sich durch die Wahl von Antipoden dieser Agenda (sei es in Ungarn, in Polen, in Großbritannien, einst durch Trump in den USA oder im nunmehr hypothetischen Fall durch Le Pen) bedroht sehen.

Auch heute Abend, nach dem Pariser Wahlausgang, triumphiert wieder ein Machtkartell eingespielter Eliten darüber, seinen Einfluss auf einen europäischen Schlüsselstaat gewahrt zu haben. Die vom anderen Lager, die „Populisten“, durften von vornherein keine Chance haben. Deshalb haben sich linke Regierungschefs zugunsten Macrons vor der heutigen Stichwahl mit Zeitungsanzeigen frech in den Wahlkampf eingemischt; deshalb hat sich die EU-Kommission parteiischer denn je gezeigt; deshalb haben die Gegner jeglicher Veränderung erneut jegliche Veränderung, in den vergangenen 14 Tagen aggressiver denn je, als „rechtes Abrutschen ins Chaos“ gebrandmarkt. Und deshalb wurde die (auch bei uns seit acht Jahren praktizierte) dummdreiste Vorsortierung von Wahlalternativen in „bewährt-demokratisch” und „oppositionell-toxisch” durch manichäische Gesinnungslehre und fortschreitende Polarisierung betrieben – mit Erfolg: Am Ende ist für Europa (nicht die Europäische Union!) eine weitere Chance zur Umkehr vertan.

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