Horst D. Deckert

Werden die Salomonen zum nächsten Pulverfass?

US-Marines auf den Solomon Islands 1943 (im Pazifikkrieg gegen Japan) (Foto:Imago)

Als wäre der Ukraine-Krieg noch nicht genug der globalen militärischen Zuspitzung, schickt sich die unter ihrer prädementen Galionsfigur Joe Biden firmierende US-Administration an, nun auch im Pazifik Konflikte weiter anzuheizen und das Verhältnis mit China zusätzlich zu belasten – obwohl dieses durch die schwelende Taiwan-Frage bereits fragil ist. Anlass ist das kürzlich abgeschlossene „Sicherheitsabkommen“, das China mit der Inselgruppe der Salomonen im Südpazifik abgeschlossen hat. Der chinesische Außenamtssprecher Wang Wenbin sagte, der Zweck des Abkommen sei, „die soziale Stabilität und langfristige Ruhe auf den Inseln zu fördern.

Außerdem sollten die soziale Ordnung, der Schutz von Eigentum, humanitäre Unterstützung und die Reaktion auf Naturkatastrophen aufrechterhalten werden. Der Vertrag erlaubt China, „je nach Bedarf und mit Zustimmung der Salomonen die Inseln mit Schiffen zu besuchen, dort logistischen Nachschub zu erhalten und Zwischenstopps einzulegen.“ Chinesische Streitkräfte seien berechtigt, „die Sicherheit des chinesischen Personals“ und „wichtige Projekte auf den Salomonen“ zu schützen, heißt es weiter. Beobachter sehen im chinesischen Engagement auf den Salomonen einen Versuch Pekings, parallel zur weltweiten wirtschaftlichen Einflussausweitung Chinas auch seine militärischen Interessensphären auszudehnen.

„Gewaltanwendung“ nicht ausgeschlossen

Aus den USA, Australien und Neuseeland kam bereits vor der Unterzeichnung vehemente Kritik an dem Abkommen. Die USA sehen darin einen weiteren Schritt des chinesischen Expansionsdranges im Pazifik. Als Gegenmaßnahmen kündigten sie daher an, die Eröffnung einer US-Botschaft auf der Inselgruppe mit etwa 700.000 Einwohnern zu beschleunigen, das Land mit weiteren Corona-Impfstoffen zu beglücken und dessen Gesundheitsversorgung mit Hilfe des Lazarettschiffs „Mercy“ zu unterstützen. Außerdem solle es fortan einen „ranghohen strategischen Dialog“ mit der Inselregierung geben, um den Austausch in Fragen der Sicherheit, Wirtschaft, Staatsfinanzen und sozialen Belangen zu verbessern.

Neben Hilfsversprechen schickten die USA jedoch auch massive Drohungen in Richtung China: Der für Ostasien und den Pazifik zuständige Diplomat Daniel Kritenbrink wollte Gewaltanwendung nicht ausschließen, falls die Salomonen China erlauben würden, eine Militärbasis bei sich zu errichten. „Natürlich“ respektiere man „die Souveränität der Salomonen, aber wir wollten sie auch wissen lassen, dass wir erhebliche Bedenken hätten, wenn Schritte unternommen würden, um de facto eine ständige Militärpräsenz, Fähigkeiten zur Machtprojektion oder eine Militäreinrichtung einzurichten, und wir würden ganz selbstverständlich auf diese Bedenken reagieren“, so Kritenbrink. Dem Abkommen ging eine dreijährige Annäherungsphase zwischen China und dem Inselstaat voraus, nachdem die salomonische Regierung, unter dem Eindruck innenpolitischer Konflikten, die Beziehungen zu dem von China beanspruchten Taiwan abgebrochen hatte.

Australien besorgt

Auch die australische Regierung reagierte mit heftiger Rhetorik auf das Abkommen: Premierminister Scott Morrison bezeichnete die Stationierung chinesische Truppen auf den Salomonen als „rote Linie“. Man werde „keine chinesischen Marinestützpunkte in unserer Region vor unserer Haustür dulden.“ Verteidigungsminister Peter Dutton sagte in einem TV-Interview, sein Land müsse sich angesichts der Bedrohung durch China und der russischen Invasion der Ukraine auf einen Krieg vorbereiten. „Der einzige Weg, den Frieden zu bewahren, ist, sich auf den Krieg vorzubereiten und als Land stark zu sein. Nicht zu kuschen, nicht auf die Knie zu fallen und schwach zu sein. Das ist die Realität.“ China befinde sich auf einem „sehr bewussten Kurs, und wir müssen uns mit anderen Ländern zusammenschließen, um jeden Akt der Aggression zu unterbinden.“ China und die Salomonen bestreiten entsprechende Absichten.

Das Verhältnis zwischen China und Australien hat sich seit Jahren derart abgekühlt, dass inzwischen ein regelrechter Wirtschaftskrieg zwischen beiden Ländern tobt – auch weil Australien sich demonstrativ auf die Seite Taiwans und Hongkongs gestellt hatte, das China zunehmend diktatorisch regiert. Dort begrüßt man die deutlichen Worte aus Washington. Ob und inwiefern die USA willens und fähig sind, ihre Gewaltandrohungen wahr zu machen, ist unklar. Angesichts der aggressiven Rhetorik und der Einmischung in die Souveränität eines Landes, mit dem man bislang nicht einmal offizielle diplomatische Beziehungen unterhält, und noch dazu in einer Region, die nicht zur unmittelbaren geopolitischen Nachbarschaft der USA zählt, stellt sich allerdings die Frage, mit welchem Recht die US-Regierung dann eigentlich Russland dessen Missachtung der ukrainischen Souveränität vorwerfen will.

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