Horst D. Deckert

US-Denkfabrik öffentlich gegen Unterstützung der Ukraine

Am Vorabend der Abstimmung im US-Repräsentantenhaus über ein militärisches Hilfspaket für die Ukraine erklärte die meldete sich die Direktorin der US-Denkfabrik Heritage Action (einer Schwesterorganisation der Heritage Foundation) Jessica Anderson, mit einer erstaunlichen Aussage zu Wort.

 

Steuergelder für „unverantwortlichen ausländischen Staat verschwendet“

„Das vorgeschlagene Hilfspaket für die Ukraine nimmt das Geld für die dringendsten Bedürfnisse des amerikanischen Volkes weg und schickt leichtfertig unsere Steuergelder an einen unverantwortlichen ausländischen Staat“, erklärte Anderson unmissverständlich.

Seitens Heritage Action erinnerte man nachdrücklich, dass, ein erst vor 2 Monaten durch den Kongress gebilligtes 13-Milliarden-Dollar Hilfspaket für die Ukraine, dem amerikanischen Volk schade. In Anlehnung an den Slogan „Amerika first“ argumentierte man, dass eben durch besagtes Hilfspaket, „Amerika an letzte Stelle gereiht würde.

Nichts desto trotz wurde ebenfalls ein 40 Milliarden-Dollar-Militärhilfepaket ebenfalls vom Kongress gebilligt.

Die kritische Haltung der Heritage Action, besetzt mit führenden Neokonservativen des Landes, deutet möglicher Weise auf einem sich abzeichnenden Wandel in der Haltung der US-Eliten gegenüber den Ereignissen in der Ukraine, hin.

Nicht zuletzt ob der Tatsache, dass die verhängten Sanktionen nicht wirken, Russland weiter auf dem Vormarsch ist und die westlichen, vor allem US- Medien, langsam und „vorsichtig“ eine Änderung in ihrem  „Ton“ erkennen lassen.

„Positionswechsel“ bei Denkfabrik

Seinerzeit hatte die Heritage Foundation den Überfall auf den Irak durch die USA und deren Verbündeten unterstützt und diesen Standpunkt auch nie „revidiert“, obwohl im Irak niemals Massenvernichtungswaffen gefunden worden waren.

Seitens der Denkfabrik wurde auch  die US-Truppenpräsenz in Afghanistan stetig befürwortet und prägte die Berichte mit Schlagzeilen wie „Afghan Review Shows Troop Increase Is Working“ und „Maintain the Momentum in Afghanistan“.

Doch die neokonservativen „Herrschaften“ haben eine ganz andere Einstellung zur Militärhilfe für die Ukraine.

Kevin Roberts, Präsident der Heritage Foundation erklärte etwa gegenüber der New York Times, „die Zustimmung des Kongresses zu einem überzogenen und übereilten Hilfspaket für die Ukraine in der vergangenen Woche hat gezeigt, wie weit unsere Politiker von ihren Bürgern und unseren Problemen entfernt sind“.

Diese pragmatische Haltung der Heritage Foundation ist offenbar als Ausdruck eines tiefgreifenden Stimmungswandels bei den US-Eliten z werten.

Thomas Graham, einer der führenden US-Experten für Russland und Vizepräsident von Kissinger Associates, hat bereits eine ganze Reihe von Artikeln verfasst, in denen er zu einem Kompromiss mit Russland und zur Beachtung von dessen Interessen aufruft. Graham hält eine diplomatische Lösung des Ukraine-Konflikts auch nach Beginn der Sonderoperation Z für möglich.

Gegenüber der russischen Nachrichtenagentur RBC erinnerte Graham daran, dass seine Kollegen und er bereits vor dem Ausbruch der Feindseligkeiten in der Ukraine einen „Plan“ vorgelegt hatten, mit  dem „die Sicherheitsbedürfnisse Russlands, der Ukraine, der NATO-Länder und der Vereinigten Staaten erfüllt werden könnten“. Unter anderem wurden darin, ein Moratorium für die NATO-Erweiterung über einen längeren Zeitraum, die Initiierung einer Reihe ernsthafter Verhandlungen zur Lösung festgefahrener Konflikte in Europa und die Modernisierung des Helsinki-Abkommens von 1975, vorgeschlagen.

Graham zufolge hätte das möglicher Weise mehrere Jahre dauern können, bis eine Einigung erzielt worden wäre. „Immerhin konnten die UdSSR und der Westen während des Kalten Krieges 1975 die Helsinki-Vereinbarungen aushandeln, und das dauerte drei Jahre. Ich verstehe nicht, warum wir jetzt diese Erfahrung nicht wiederholen können“, betonte er und wies darauf hin, dass solche Verhandlungen nach dem Beginn der Militäroperation „viel härter sein könnten, weil das Vertrauen zwischen den westlichen Hauptstädten und Moskau zerstört sei“.

Graham gilt dabei keineswegs als Freund Russlands. Ende der 1980er Jahre schrieb er den Artikel „Eine Welt ohne Russland“, in dem er die Machtergreifung eines harten und pragmatischen Führers in der Russischen Föderation vorhersagte, der versuchen werde, seinem Land den Status einer Großmacht wiederzugeben, dessen Pläne jedoch scheitern, wodurch das Land in die Reihen der Dritten Welt abrutschen und möglicherweise zerfallen werde. „Wir sollten ernsthaft und systematisch über die Möglichkeit einer Welt ohne Russland nachdenken“, resümierte er damals in seinem Buch.

Andere Strategie der „Kissinger-Truppe“

Grahams Vorhersage über den Zerfall Russlands hat sich klar nicht bewahrheitet, was jedoch nicht der Grund dafür ist, dass die Truppe der Kissinger-Denkfabrik und er aufgehört hätten, „ernsthaft und systematisch über die Möglichkeit einer Welt ohne Russland nachzudenken“.

Dabei plant man lediglich einen anderen Weg einzuschlagen, um dieses Ziel zu erreichen, das da heißt, ein Ende der Offensive der russischen Streitkräfte in der Ukraine zu erzielen. Darauf folgend soll Russland in einen Sumpf langwieriger diplomatischer Verhandlungen gezerrt werden, in deren Verlauf die ukrainischen Streitkräfte, mit erneuter tatkräftiger Unterstützung des Westens, die Möglichkeit hätten ihre Kampffähigkeit wiederherzustellen und auszubauen.

Henry Kissinger, als Chef Grahams, hat auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos genau diese Sicht der Dinge dargelegt. Er erklärte, der anhaltende Konflikt zwischen Russland und der Ukraine könnte die Welt zum Nachteil der westlichen Länder verändern.

„Die Parteien müssen innerhalb der nächsten zwei Monate zu Friedensgesprächen herangezogen werden. Ansonsten werden wir mit einer Situation konfrontiert, in der Russland seine Beziehungen zu Europa vollständig abbrechen und anderswo ein dauerhaftes Bündnis suchen könnte. Das würde uns um Jahrzehnte zurückwerfen. Wir sind dazu verpflichtet, einen langfristigen Frieden anzustreben“, erklärte Kissinger in Davos.

Den Worten Kissingers zufolge sollte der Westen aufhören zu versuchen, „den russischen Streitkräften in der Ukraine eine vernichtende Niederlage“ beizubringen, weil dies katastrophale Folgen für die langfristige Stabilität des europäischen Kontinents hätte“. Besonders erwähnte er, dass Russland seit über 400 Jahren ein integraler Bestandteil Europas und ein Garant für das europäische Gleichgewicht der Kräfte sei. Deswegen sollte Russland nicht „in ein dauerhaftes Bündnis mit China gedrängt werden“.

Selbstredend wurde weder von Kissinger noch seinem Stellvertreter ein Wort über die Notwendigkeit der Entnazifizierung und Entmilitarisierung der Ukraine  verloren. Eine derartige „Positionierung“ und damit auch das europäische Narrativ „auf zu decken“, zeigt klar die Strategie der US-Täuschungsmanöver, die gerade eben Kissinger in seiner diplomatischen Karriere gelernt und praktiziert hatte.

Westmedien mit vorsichtigem Herantasten an die „Realität“

Auch wenn Kissinger und seine Truppe mit seiner Sichtweise offiziell noch „alleine auf weiter Flur“ stehen, so beginnt doch ein scheinbares „Erwachen“ seitens der West-Medien.

In der westlichen Presse kann man hier und da „Angriffe“ auf das Kiewer Regime erkennen. So schrieb beispielsweise die Washington Post in einem Leitartikel, dass die ukrainische Russophobie kein gutes Ende nehmen werde.

„Literarischer Nationalismus, wie andere Formen kultureller Zensur, erzeugen historische Ignoranz, unterdrücken kritisches Denken und behindern die internationale Verständigung“, heißt es im liberalen Sprachrohr der USA, der Washington Post.

Je erfolgreicher sich die Offensive Russlands und der verbündeten Donbass-Republiken in der Ukraine entwickeln werden, desto lauter könnten auch die Stimmen kluger Analysten in der westlichen Welt zu hören sein, die zu Kompromissen und Verhandlungen mit Russland aufrufen könnten.




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